"Wir wollen die großen Drei ärgern"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Point Guard Steffen Hamann (gegen Pablo Prigioni) weiß sich auch in der Euroleague durchzusetzen
© Imago

Alba Berlin schien gewappnet für den nächsten Euroleague-Auftritt: Nach dem Erreichen des DBB-Pokal-Final-Four vergangene Woche gewannen die Albatrosse auch in der Liga. Im Auswärtsspiel in Quakenbrück siegte Berlin mit 90:78 gegen die Artland Dragons und präsentierte sich in guter Verfassung.

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Doch in der Euroleague setzte es zum Auftakt der Zwischenrunde eine deftige Schlappe bei Maccabi Tel Aviv. Alba hatte sich in einem Herzschlagfinale in die Runde der letzten 16 gezittert, wo nun noch insgesamt fünf Partien auszutragen sind. Wie Tel Aviv warten aber mit Real Madrid und dem FC Barcelona Gegner, die seit Jahren zu den Topteams in Europa gehören.

Vor dem Auftakt in die Zwischenrunde sprach SPOX mit Nationalspieler Steffen Hamann über die Euroleague und den Status der Bundesliga in Europa. Im Gespräch gab sich Berlins Point Guard angriffslustig und kündigte die eine oder andere Überraschung an.

SPOX: In der Bundesliga haben Sie zwar zwei Spiele weniger als die Konkurrenz, trotzdem ist Platz fünf für Alba Berlin sicher zu wenig nach der Rückrunde. Wie erklären sie sich, dass es in der Bundesliga relativ schlecht läuft, in der Vorrunde der Euroleague dafür umso besser?

Hamann: Richtig, wir sind zum ersten Mal seit neun Jahren wieder in der Zwischenrunde. Die Niederlagen in der Bundesliga kamen eigentlich immer dann, wenn wir englische Wochen hatten. Wenn wir dann zwei oder drei Spiele bei einem Trip abreißen mussten und eine Woche nicht nach Hause konnten - das hat Kraft gekostet und war auch ungewohnt für uns. Hinzu kommt, dass die Teams gegen uns natürlich immer besonders motiviert sind. Aber für die Rückrunde wissen wir, was wir zu tun haben, um diese Spiele zu gewinnen.

SPOX: Wie ist denn allgemein die Lage der Bundesliga einzuschätzen? Ist die Tabelle nur eine Momentaufnahme, oder ist das Feld tatsächlich enger zusammengerückt?

Hamann: Die Klubs wissen immer besser, wie man gute Teams zusammenstellt und was für Leute in der Liga gebraucht werden. Man sieht einfach, dass da jeder jeden schlagen kann. Bamberg zum Beispiel hat deshalb eine überraschend schlechte Bilanz, dafür ist Göttingen eine sehr positive Erscheinung.

SPOX: Kommen wir zur Euroleague. Was hat sich Alba Berlin für die Zwischenrunde vorgenommen? Sie treffen auf sehr starke Gegner.

Hamann: Ja, aber unter den Top-16 gibt es sowieso keine schlechten Gegner. Mit drei Traditionsvereinen, die eigentlich seit der Geburt der Euroleague immer dabei waren, sind wir sicher der Außenseiter. Aber wir haben nichts zu verlieren, und das könnte unser großer Vorteil sein. Vielleicht unterschätzt uns der eine oder andere Gegner. Vor allem zu Hause sind wir richtig gut und schwer zu schlagen.

SPOX: Sie bauen also auf die O2-World als Pluspunkt?

Hamann: Na klar, wenn wir so auftreten wie in der Vorrunde gegen Rom oder Istanbul, warum sollen wir dann nicht auch Barcelona, Madrid oder Tel Aviv ärgern? In der Vorrunde haben wir drei von vier Siegen in Berlin geholt.

SPOX: Haben Sie sich persönlich etwas vorgenommen für die Spiele, die sie garantiert noch haben?

Hamann: Ich habe mir eigentlich gar nichts vorgenommen. Wichtig ist, dass wir als Team zusammenhalten und kompakt auftreten, damit wir auch gegen die ganz Großen funktionieren. Dabei ist es nicht wichtig, was da persönlich für mich rausspringt.

Sorgt Alba in der Euroleague für eine Überraschung? Unterwegs top-informiert sein!

SPOX: Gibt es denn ein Team oder bestimmte Spieler, auf die Sie sich besonders freuen?

Hamann: Also mein Wunschteam war schon vor der Auslosung Maccabi Tel Aviv. Gegen die anderen Spitzenteams in Europa habe ich im Laufe meiner Karriere schon gespielt, gegen Maccabi noch nie. Auf die besondere Atmosphäre in Israel freue ich mich schon.

SPOX: Stichpunkt Erfahrung: Wie wichtig kann dieser Faktor jetzt noch werden? Sie waren bereits im Ausland aktiv, haben mit dem Nationalteam bei EM, WM und Olympia gespielt.

Hamann: Sowas hilft natürlich auch. Mit der Zeit wird man etwas ruhiger und abgezockter. Aber trotzdem haben solche Spiele immer wieder ihren eigenen Reiz. Da spielt man plötzlich gegen gestandene NBA-Profis wie Juan Carlos Navarro (FC Barcelona) oder Carlos Arroyo (Maccabi Tel Aviv), die Millionen verdienen. Einige von uns haben die Erfahrung zwar noch nie gemacht, aber wenn wir in den kommenden Jahren zusammenbleiben, dann hoffe ich, dass wir soweit wachsen, dass wir auch den Sprung in die Top-8 schaffen.

SPOX: Sind die Top-8 denn insgeheim schon ein Ziel für dieses Jahr?

Hamann: Wie gesagt, wir sind klarer Außenseiter. Aber im Sport kann alles passieren. Wir wollen erstmal von Spiel zu Spiel denken, und wenn am Ende der Sprung in die Top-8 dabei herausspringt, dann nehmen wir das gerne mit. Aber das wird sicherlich ein harter Brocken.

SPOX: Würden Sie sagen, dass Sie die schwerste aller Gruppen erwischt haben?

Hamann: Als ich mir das so angeschaut habe, kam mir schon der Gedanke. Aber das werden die anderen Teams vermutlich auch gedacht haben, die jetzt gegen Panathinaikos Athen oder Olympiakos Piräus spielen. Also im Endeffekt nimmt sich das nichts. Aber es gibt doch nichts Schöneres, als gegen drei absolute Traditionsteams zu spielen, die jedes Jahr vorne mitspielen.

SPOX: Sie haben gerade anklingen lassen, dass Sie in Berlin helfen wollen etwas aufzubauen. Mit 27 Jahren sind Sie im besten Basketball-Alter. Kommt da nicht doch der Wunsch auf, es noch einmal im Ausland zu probieren? Sie sehen in der Euroleague, wie in Ländern wie Griechenland Basketball fast eine Religion ist.

Hamann: Im Moment überhaupt nicht. Ich habe drei Jahre Vertrag in Berlin und fühle mich pudelwohl hier. Vielleicht unterhalten wir uns in ein paar Jahren nochmal darüber. Alba ist die beste Mannschaft in Deutschland, in Europa sind wir auf einem guten Weg, und der Verein ist top geführt.

SPOX: Sie sagen, dass Alba in Europa auf dem Vormarsch ist. Wie sieht denn allgemein der Status der Bundesliga aus? Wo liegt Deutschland im Vergleich mit Spanien, Italien oder Russland? Hat sich da auch etwas getan?

Hamann: Ich denke, dass sich die Bundesliga gut entwickelt. Die Zuschauerzahlen steigen, die Hallen sehen immer besser aus. Mit Artland ist im ULEB-Cup eine weitere Mannschaft international dabei, und die haben auch gute Mannschaften hinter sich gelassen. Da tut sich schon etwas, aber in der Breite ist die Liga sicher noch nicht so weit wie andere Ligen. Ich glaube allerdings, dass die absoluten Topteams der Bundesliga auch in anderen Ländern eine gute Rolle spielen könnten.

SPOX: Sie haben vielleicht von den Plänen in Hamburg und München gehört, die beide in naher Zukunft Bundesliga-Basketball spielen wollen?

Hamann: Da wird ja schon lange drüber geredet. Klar wäre das eine gute Sache für die Liga, München und Hamburg sind zwei tolle Städte. Mir würde das gefallen.

SPOX: Welcher Weg, glauben Sie, ist der richtige: München will sich Schritt für Schritt etablieren, Hamburg will gleich mit einem Etat von vielen Millionen Euro die Liga aufmischen?

Hamann: Der sportliche Weg gefällt mir klar besser. Ich weiß ja nicht, wie die Planungen im Detail aussehen, aber wenn mich jemand fragen würde, würde ich schon den sportlichen Weg bevorzugen.

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