Pleitgen: "ARD"-Beispiel gefährdet Rechte-Erwerb

SID
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Der ehemalige Intendant des zur "ARD" gehörenden "WDR", Fritz Pleitgen, hat den Rückzug der öffentlich-rechtlichen Sender von der Tour-de-France-Berichterstattung kritisiert.

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Die Haltung der "ARD" im Streit um die Bindungskraft eines Vertrages der Europäischen Rundfunk-Union (EBU) mit den Organisatoren der Tour de France (ASO) gefährdet nach Einschätzung von EBU-Präsident Fritz Pleitgen das System des Sportrechte-Kaufs für öffentlich-rechtliche Sender in Europa.

"Wenn das ARD-Beispiel Schule macht, können wir den gemeinsamen Sportrecht-Erwerb vergessen", sagte der ehemalige Intendant des zur "ARD" gehörenden "Westdeutschen Rundfunks" (WDR) in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung".

Pleitgen: "Einzeln erworbene Rechte sind viel teurer"

Mit Blick auf die Position der "ARD" nach ihrem Verzicht auf eine Tour-Berichterstattung ab 2009 fügte Pleitgen an: "Dann brauchen wir uns um Olympia, Biathlon, nordische Wettbewerbe und andere schöne Sachen nicht mehr zu bemühen. Einzeln erworbene Rechte sind durchweg viel teurer."

Pleitgen ließ Zweifel an der Gültigkeit des EBU-Vertrages mit der ASO auch für die "ARD" nicht zu. Seiner Darstellung zufolge hätte die "ARD" im vergangenen Januar seiner Organisation den verbindlichen Auftrag zu Verhandlungen erteilt und nicht nur Interesse signalisiert.

Vertrag kann nicht geleugnet werden

"Das war mehr als nur Interesse", sagte Pleitgen: "Das war ein klares Gebot. Das ist Praxis seit Jahren. In dem Moment, in dem man in so ein Verfahren reingeht, entsteht eine Bindewirkung. Die ARD ist mit dem ZDF in einem gültigen Vertrag. Beide haben ein qualifiziertes, vorschriftsmäßiges Gebot eingereicht. Als Lizenzsumme wurden zusammen sechs Millionen Euro pro Jahr eingebracht. Deutlicher geht es nicht. ARD und ZDF waren bei den Gesprächen mit der ASO dabei. Es wird unmöglich sein zu sagen: Wir sind dem Vertrag nicht beigetreten."

Zwar bestätigte Pleitgen auch die Existenz von "reichlich" Ausstiegsklauseln für einzelne Sender aus dem EBU/ASO-Vertrag.

Gleichwohl sagte der 70-Jährige finanzielle Belastungen voraus: "Es geht für ARD und ZDF um gut 20 Millionen Euro für drei Jahre. Dazu könnten Schadenersatzforderungen wegen ausbleibender Sponsoren-Gelder kommen. Die EBU wird die Summe sicher nicht übernehmen wollen. Ob das ZDF sich gerne daran beteiligt, wage ich zu bezweifeln. Es kann nicht sein, dass der Gebührenzahler die Zeche begleichen muss. Sollte das jetzt wegen eines Kommunikationsfehlers schief gehen, wird es ziemlich ernst."

Pleitgen hält den Ausstieg aus der Tour-Berichterstattung offenbar auch im Anti-Doping-Kampf für ein falsches Signal: "Es ist zu befürchten, dass sich Sportverbände nicht animiert fühlen, scharf zu kontrollieren, wenn ihnen der Vertragsausstieg droht."