Brähmers American Dream

Von Carolin Blüchel
Jürgen Brähmer bestreitet seinen ersten WM-Kampf
© Getty

"Knastboxer" Jürgen Brähmer will mit einem Sieg gegen den Argentinier Hugo Hernan Garay am Samstag endlich seinen Traum verwirklichen und Weltmeister im Halbschwergewicht werden.

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Vom Ghetto-Kid zum Weltmeister - ein typisch amerikanischer Traum? Sollte man meinen. Am Samstag könnte es jedoch auch der Traum des Jürgen Brähmer werden.

Der 30-Jährige, der - als Jahrhunderttalent gehandelt - in der Vergangenheit mehr mit Haken außerhalb des Rings für Schlagzeilen sorgte, bekommt gegen den Argentinier Hugo Hernan Garay seine erste WM-Chance. Nach dem Rücktritt von Weltmeister Danny Green geht es in Rostock zwischen der Nummer eins und zwei der Rangliste um den vakanten WBA-Gürtel im Halbschwergewicht.

"Darauf habe ich jahrelang gewartet und hingearbeitet ", sagte Brähmer auf der Pressekonferenz.

Wie schlägt sich Brähmer gegen Garay? Auch unterwegs top-informiert sein

Haftstrafe unterbricht Brähmers Karriere

Wie Recht er doch hat. Nach einer glanzvollen Amateur-Karriere, in der er so gut klingende Namen wie Ricky Hatton (1996) und Felix Sturm (1997) besiegen konnte, war bereits 2002 ein WM-Kampf für den Rechtsausleger zum Greifen nah. Wäre da nicht ein eigentlich harmloser Verkehrsunfall gewesen, der Brähmers Pläne durchkreuzte.

Weil er zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Führerschein besaß, geriet er in Panik, schlug den Unfallgegner bewusstlos und beging Fahrerflucht.

Die logische Folge: Der Bad Boy tauschte den Boxring zwei lange Jahre gegen eine Gefängniszelle. Aus der Traum vom ersten WM-Kampf - vorerst.

Wegen Calzaghe ins Halbschwergewicht

Doch Brähmer ließ sich nicht entmutigen, trainierte selbst hinter Gittern wie ein Besessener, so dass er nach seiner vorzeitigen Entlassung fitter denn je seine Profi-Karriere fortsetzen konnte bzw. erst richtig starten konnte.

2006 sicherte er sich mit dem WBC-Intercontinental-Titel im Supermittelgewicht den ersten Achtungserfolg im Profi-Geschäft und arbeitete sich peu a peu an die Spitze der Ranglisten. Da jedoch der Dominator im Supermittelgewicht, Joe Calzaghe, im Frühjahr drei Titel vereinte und lukrativere Kämpfe vorzog, war eine zeitnahe WM-Chance nicht in Sicht.

So versuchte sich der gelernte Schweißer im Halbschwergewicht und empfahl sich mit nur einem Sieg durch TKO in der 9. Runde gegen Karim Bennama für einen WM-Kampf in der höheren Gewichtsklasse.

Erneuter Ärger mit dem Gesetz

Brähmer sollte die Chance am Samstag jedoch nutzen, denn der bevorstehende Fight gegen Garay könnte auch schon sein letzter sein, da der 30-Jährige erneut mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein soll.

Nach einer angeblichen Schlägerei in einer Rostocker Kneipe im Mai ermittelt die Staatsanwaltschaft. Im Falle einer Anklage würde Brähmer, der den Vorwurf als "lächerlich" zurückweist, erneut der Knast drohen.

Rückendeckung erhält Brähmer vor allem von seinem Arbeitgeber, dem Universum-Boxstall. "Bis zur endgültigen Klärung ist Jürgen unschuldig. Er soll sich voll auf die WM konzentrieren", sagte Promoter Klaus-Peter Kohl, dessen Worte sich der "Problem-Patient" offenbar zu Herzen genommen hat.

Lob von Sparringspartner Byron Mitchell

Im Sparring konnte Brähmer sogar Trainingspartner und Ex-Weltmeister Byron Mitchell begeistern. "Jürgen ist ein unglaublich beweglicher Boxer. Er hat zwar auch einen harten Punch, aber ihn zeichnet vor allem aus, dass er immer in Bewegung ist. Es ist schwer, ihn zu treffen. Er ist ein großartiger Kämpfer", so das Urteil des Ex-Champions.

Laut Trainer Michael Timm wird der große Vorteil seines Schützlings dessen außergewöhnlich gute Technik sein. "Es wird ein Kampf bis auf den letzten Blutstropfen. Garay führt nicht die sauberste Boxklinge. Und so wird Jürgens besseres technisches Vermögen den Ausschlag geben. Einen Kämpfer muss man boxen, einen Boxer muss man kämpfen. Das wird Jürgen beherzigen."

Garay auf dem hohen Ross

Herausforderer Garay scheint von den Künsten des Deutschen hingegen weniger überzeugt zu sein. In guter, alter Säbelrassel-Manier fragte der Argentinier: "Jürgen Brähmer? Wer ist das überhaupt?"

Ob Hochmut vor dem Fall kommt? Die Antwort muss Brähmer im Ring geben.

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