Bundestrainer Gravemeier beendet Engagement

SID
pferdesport, Gravemeier
© DPA

Das Auswahlverfahren hat offiziell noch gar nicht begonnen, da hagelt es bereits Absagen. Die Suche nach einem neuen Bundestrainer für die Springreiter hat bereits nach wenigen Tagen kuriose Züge angenommen und offenbart einige Zerwürfnisse und Machtkämpfe in der Szene.

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Klarer denn je wird zudem, dass der Nachfolger des nicht ganz freiwillig zurückgetretenen Kurt Gravemeier (Sendenhorst) vor allem mit Vorreiter und Meinungsführer Ludger Beerbaum (Riesenbeck) zurechtkommen muss.

Der Job des Bundestrainers scheint derzeit nicht sonderlich attraktiv zu sein. In Markus Beerbaum (Thedinghausen) oder Heinrich Hermann Engemann (Bissendorf) haben die ersten Kandidaten ihr Desinteresse schon mehr oder weniger deutlich signalisiert, Dietmar Gugler (Pfungstadt) folgte als Nächster.

"Ich persönlich finde, dass es bessere gibt", formulierte der 46 Jahre alte U18- und U21-Bundestrainer sein Absage diplomatisch. Die zuletzt gepflegte Vorgehensweise, dass der Coach des Nachwuchses nachrückt, wird es dieses Mal nicht geben.

In der Ruhe liegt die Kraft

"Wir werden das in Ruhe machen, nicht in Hektik", sagte Breido Graf zu Rantzau, Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Schließlich sei Gravemeier, der keinen neuen Vertrag angeboten bekam, noch bis zum Jahresende im Amt. Der Verbands-Boss versicherte: "Es gibt noch keine Namen, die Namen kommen nur von Dritten."

Der neue Bundestrainer benötige Führungskraft, sagte Rantzau. Klar sei aber auch: "Er braucht unser Vertrauen und das Vertrauen der Reiter." Das gilt vor allem für Beerbaum, den seit zwei Jahrzehnten erfolgreichsten und einflussreichsten Reiter. Auf Otto Becker als möglichen Coach angesprochen, richtete Beerbaum in einem ARD-Interview vorsorglich und amüsiert aus, "dass wir beide nicht für diese Position infrage kommen". Damit dürfte sich das Thema Becker schon erledigt haben, bevor es beim Verband eines werden konnte.

Becker kritisiert Beerbaum

Der 49-jährige Becker, mehrfach gemeinsam mit dem viermaligen Olympiasieger erfolgreich, aber nicht befreundet, sagte über den Vorreiter: "Er ist sehr mächtig." Zugleich übte Becker unverblümt Kritik an Beerbaum und dessen Olympia-Kollegen, die ohne Medaille blieben: "Man muss auch mal ein, zwei Turniere auslassen, um sich auf den Höhepunkt zu konzentrieren. Das gilt für alle, auch für Ludger."

Offensichtlich wird, dass es im Pferdesport schwierig ist, einen unabhängigen Kandidaten zu finden. So hat der 56-jährige Heinrich-Wilhelm Johannsmann (Gütersloh) das richtige Alter, die passende Qualifikation und einen guten Ruf. Da der "Kaiser" genannte Trainer aber seit dem Ende seiner Karriere sowohl beim Verband als auch bei Beerbaum arbeitet, fehlt es an der notwendigen Neutralität.

Bundestrainer-Job wenig lukrativ

Das größte Problem ist jedoch, dass fast jeder in der Branche sein Geld auch mit dem Pferdehandel verdient. "Das ist mein größtes Manko", sagte etwa Gugler und gab zu: "Da steht man im Konflikt." Auch bei Gravemeier hatte es diese Kritik immer wieder gegeben, auch wenn sie kaum einer offen aussprach.

Schwierig ist die Trainer-Suche zudem, weil die Bezahlung mit einem unteren Angestellten-Gehalt wenig lukrativ ist. Mit der Provision bei der Vermittlung eines Weltklasse-Pferdes kann an einem einzigen Tag mehr verdient werden.