"Wir können uns nur selbst schlagen"

Von Interview: Viktoria Noll
Basketball, ALBA Berlin, Steffen Hamann
© Imago

2008 ist ein ereignisreiches Jahr für Steffen Hamann. Mit der Nationalmannschaft trat er bei den Olympischen Spielen in Peking an, danach kam der Wechsel von seinem Heimatverein Brose Baskets Bamberg zu ALBA Berlin. Mit seinem neuen Klub holte sich der Guard direkt den Champions Cup gegen die Artland Dragons.

Cookie-Einstellungen

Im SPOX-Interview spricht der 27-Jährige über seine neue Herausforderung, ein Abendessen mit Michael Phelps und darüber, dass man sich an Pfiffe der Fans gewöhnen kann.

SPOX: Herr Hamann, herzlichen Glückwunsch zum Sieg beim Champions Cup. Wie war Ihr erster offizieller Auftritt im ALBA-Trikot?

Steffen Hamann: Mir hat es großen Spaß gemacht. Die Quakenbrücker Zuschauer waren richtig gut drauf, obwohl sie mich mit einigen Pfiffen bedacht haben. Im Allgemeinen war es aber ein tolles Gefühl und für mich ein gelungener Einstand, gleich den ersten Titel zu holen. Ich freue mich jetzt schon auf das erste Heimspiel.

Alles zum Champions-Cup-Finale

SPOX: Das Auftaktspiel der neuen Saison bestreiten Sie wieder gegen die Artland Dragons. Sehen Sie Ihre Mannschaft dafür schon gut gerüstet oder gibt es noch Handlungsbedarf?

Hamann: Im Moment ist der Kader noch nicht komplett. Patrick Femerling und Dragan Dojcin sind verletzt, daher konnten wir uns noch nicht richtig einspielen. Es gibt sicherlich noch einige Dinge, die verbessert werden können, aber das Spiel gegen die Dragons war schon sehr ordentlich.

SPOX: Marko Beens, der Manager der Artland Dragons, hat ALBA als "Übermannschaft" bezeichnet. Glauben Sie auch, dass die anderen Bundesligisten es diese Saison sehr schwer haben werden?

Hamann: Das ist immer schwer zu sagen, aber als amtierender deutscher Meister zählt man automatisch zu den Favoriten. Es kann dadurch auch schwer werden, weil jede Mannschaft den Meister schlagen will. Ich glaube aber, dass wir ein starkes Team haben und wenn wir richtig zusammengefunden haben, sind wir auch der Titelfavorit. Wir sind eigentlich unser größter Konkurrent und können uns nur selbst schlagen.

SPOX: Es war für Sie ein großer Schritt von Bamberg nach Berlin zu gehen. Was hat den Ausschlag für ALBA gegeben?

Hamann: Als ich das Angebot von ALBA bekommen habe, war die Entscheidung letztendlich einfach. ALBA ist ein sehr guter Verein, der auch in Europa bekannt ist. Nachdem ich neun Jahre in Bamberg in der Bundesliga gespielt habe, war es Zeit für eine neue Herausforderung. Das ist einfach wichtig für einen Sportler. ALBA war auch der einzige Verein in Deutschland, zu dem ich gewechselt wäre. Mein Ziel ist natürlich die Meisterschaft, aber das ist schon fast Voraussetzung hier in Berlin, und in der Euroleague wollen wir natürlich auch ein Ausrufezeichen setzen.

SPOX: Sie haben eine eher schwere Vorrundengruppe in der Euroleague erwischt. Wie sehen Sie die Chancen für diesen Wettbewerb?

Hamann: Es ist auf jeden Fall machbar, unter die Top 16 zu kommen. Wichtig ist, dass wir die Heimspiele gewinnen. Wenn wir dann noch ein oder zwei Auswärtsspiele gewinnen können, ist das Weiterkommen durchaus möglich. Die richtige Mannschaft dazu haben wir.

SPOX: Mit Rashad Wright wurde ein weiterer Spielmacher verpflichtet. Wird es einen harten Konkurrenzkampf um die Einsatzzeit geben?

Hamann: Natürlich will jeder spielen, der einen Vertrag unterschrieben hat. Da geht es Rashad genauso wie mir. Wichtig ist, dass jeder seine Rolle in der Mannschaft findet und auch ein paar Minuten zurückstecken kann. Jeder wird alles für die Mannschaft geben, daher sehe ich ihn nicht als scharfen Konkurrenten. Und mit unserem Trainer haben wir auch einen Mann an der Seitenlinie, der es versteht, innerhalb einer Mannschaft eine Rangordnung aufzustellen und jedem Spieler Einsatzzeit zu geben, der es verdient. Es ist nur wichtig, dass wir gewinnen. Ob ich dann 28 oder 20 Minuten auf dem Platz gestanden habe, spielt für mich keine Rolle.

SPOX: Sie sind aber unter anderem von Bologna nach Bamberg zurückgekehrt, weil Sie dort zu wenig Einsatzzeit bekommen haben. Könnte Ihnen in Berlin nicht das gleiche Schicksal drohen?

Hamann: Nein, denn ich weiß, dass unser Trainer meine Spielweise mag und sich vorher überlegt hat, wen er einkauft. Und das Pech, das ich in Bologna mit dem Trainerwechsel hatte, passiert mir hier bestimmt nicht noch einmal.

SPOX: Kommen wir zu einem etwas heikleren Thema. Bei den Fans sind Sie eher unbeliebt, was sich meistens durch Pfeifkonzerte und Buh-Rufe äußert. Warum haben Sie sich den Wechsel angetan und wie wollen Sie die Fans von sich überzeugen?

Hamann: Ich habe einfach diese Herausforderung gesucht. In Bamberg kenne ich mittlerweile jeden Zuschauer mit Namen. Mit dem Wechsel nach Berlin will ich einen Neuanfang wagen. Klar wird es nicht einfach, aber ich kann nur das machen, was ich in Bamberg auch schon gemacht habe: Ich werde alles für die Mannschaft geben und hoffe, dass ich mich in die Herzen der Zuschauer spielen kann. Mitlerweile habe ich mich auch an die Pfiffe gewöhnt und stehe drüber. Meistens motivieren sie mich sogar noch zusätzlich. Vor dem ersten Heimspiel mache ich mir darüber aber keine Gedanken. Schlimm wäre es schon, wenn sie den eigenen Spieler auspfeifen würden, aber ich glaube nicht, dass es dazu kommt.

SPOX: Sie haben gesagt, dass Sie sich nicht gut genug für die NBA halten, obwohl Sie davon geträumt haben. Wann war für Sie der Punkt erreicht, sich das einzugestehen?

Hamann: Als Jugendlicher hat jeder Poster von NBA-Stars an der Wand hängen und träumt davon, es in die NBA zu schaffen. Meine Ziele waren aber immer in erster Linie, in der Nationalmannschaft zu spielen und für das beste deutsche Team aufzulaufen. Diese Ziele habe ich erreicht und daher mache ich mir über die NBA keine Gedanken mehr.

SPOX: Vor ungefähr einem Monat waren Sie noch in Peking bei den Olympischen Spielen. Ist die Enttäuschung über das frühe Ausscheiden noch groß?

Hamann: Nachdem wir gegen China verloren hatten, war die Enttäuschung natürlich groß, aber jetzt nicht mehr. Ich denke aber noch sehr viel über Peking nach, weil es für mich als Sportler die schönste Zeit meines Lebens war. Es hat großen Appetit auf die Spiele 2012 in London gemacht, die mein großes Ziel sind.

SPOX: Welches war für Sie das beste Erlebnis bei den Olympischen Spielen?

Hamann: Da gibt es viele, aber das Einlaufen in das Stadion gemeinsam mit dem deutschen Team und dort von über 90.000 Menschen bejubelt zu werden, ist ein Moment, der ewig in Erinnerung bleibt.

SPOX: Sie waren auch vor Ort, als Michael Phelps seine achte Goldmedaille gewonnen hat.

Hamann: Ja, das war auch ein ganz besonderes Erlebnis. Ich hatte das Vergnügen mit ihm und einigen Freunden abends essen zu gehen. Michael hat einen sehr guten Eindruck gemacht. Er ist ein ganz normaler Typ, sehr lustig und auf dem Boden geblieben. Für ihn war die ganze Situation auch neu. Er ist zum Beispiel noch nie vorher mit Security-Guards weggegangen.

SPOX: ALBA trägt die Heimspiele künftig in der neuen o2-World aus. Wie gefällt Ihnen die neue Spielstätte?

Hamann: Ich war erst einmal vor Ort und habe noch gar nicht dort trainiert. Auf den ersten Blick ist es ein beeindruckendes Stadion und vor über 14.000 Zuschauern im Auftaktspiel gegen die Dragons zu spielen, wird sicherlich ein tolles Erlebnis. Ich hoffe, dass zu jedem Heimspiel so viele Zuschauer kommen.

SPOX: Wie gefällt Ihnen Berlin bisher?

Hamann: So lange bin ich noch nicht da, aber ich habe eine schöne Wohnung gefunden, in der ich mich schon sehr wohl fühle. Alles ist zwar noch nicht eingerichtet, aber das meiste steht schon. Mein Viertel ist wunderschön und ein paar Ecken habe ich mir schon angesehen. Es ist natürlich alles anders als in Bamberg, aber der erste Eindruck ist sehr gut.

Alle Spiele und Termine der BBL in der Übersicht

Artikel und Videos zum Thema