Hat er aber, und zwar im Februar 2003, als er sich im Sparring auf den Kampf mit dem Südafrikaner Corrie Sanders vorbereitete. "Ich erinnere mich nicht daran, aber ich freue mich, ihn noch mal zu treffen", sagt Klitschko.
Thompson (32 Kämpfe, 31 Siege) nimmt das lückenhafte Gedächtnis des Ukrainers gleichgültig zur Kenntnis. "Ich werde ihn im Ring daran erinnern. Ich bin 100-mal besser als damals", droht der 36-jährige Amerikaner.
Klitschko siegessicher
An Klitschko perlen die Worte des Rivalen ab wie Wassertropfen an einer Glasscheibe. "Ich bin mir sicher zu gewinnen", verkündet der Titelverteidiger. "Ich habe genug Erfahrungen gesammelt, um zu wissen, wie man einen Gegner auseinandernimmt." 50-mal ist ihm das in 53 Kämpfen schon gelungen.
Zur Zeremonie des Auseinandernehmens gehört beim Doppel-Weltmeister, dem Widerpart mit stechend-bösartigem Blick tief in die Augen zu schauen, bis der der visuellen Attacke nicht mehr standhalten kann. Für Klitschko ist das "mentale Vorbereitung".
Sieg gegen Krasniqi
Thompson wird zwar Tiger genannt und von seinem Trainer mit einem Tsunami verglichen, doch große Meriten eilen ihm nicht voraus. Meister im Bundesstaat Maryland war er einst, auch kontinentaler Amerika-Champion.
Wahrscheinlich wäre er den Box-Fans in Deutschland nie aufgefallen, hätte er nicht vor einem Jahr den völlig indisponierten Ex-Europameister Luan Krasniqi (Rottweil) im einem WM-Ausscheid durch den Ring geprügelt.
"Dieser Kampf war kein Maßstab für nichts", urteilt Krasniqi heute und rätselt über die Ursachen: "Ich war ja völlig hilflos." Dass es Thompson dennoch nicht gelungen sei, ihn richtig k.o. zu schlagen, wertet Krasniqi als eklatante Schwäche des Amerikaners.
"Ich will den Thompson nicht schlechtreden, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie der den Wladimir weghauen will."
K.o. in Runde fünf
Auch Jean-Marcel Nartz, Technischer Leiter im Hamburger Universum-Boxstall und exzellenter Kenner der Szene, bezeichnet Thompson als "maßgeschneidert für Wladimir".
Die ersten drei Runden müsse Klitschko aufpassen, "dann wird er ihn aber souverän erledigen", orakelt Nartz und erhält Zustimmung von Vitali Klitschko. Wladimirs knapp fünf Jahre älterer Bruder verspricht: "Ab der fünften Runde geht Thompson zu Boden."
Respekt vor Selbstvertrauen des Amerikaners
Den größten Respekt hat Klitschko nicht vor der Linken des Gegners oder dessen Aufwärtshaken, sondern vor dessen Selbstbewusstsein. "Wenn man Vater von sieben Kindern ist, dann muss man schon sehr selbstbewusst sein", staunt der 32-jährige Junggeselle und "bekennende Romantiker" aus Kiew.
1,96-Meter-Mann Thompson erhält für seinen WM-Einsatz nur einen Bruchteil dessen, was der jüngere der Klitschko-Brüder einstecken darf. Börse und zusätzliche Einnahmen für den IBF- und WBO-Champion werden auf acht Millionen Euro taxiert.
Das Salär für Thompson reicht kaum an die Millionen-Marke heran. Dennoch ist diese Summe mit Abstand das meiste Geld, was der Amerikaner für einen Ring-Auftritt je erhalten hat.