"Nichts zu beschönigen"

SID
DLV, Leichtathletik, Jürgen Mallow
© Getty

Nürnberg - Als der große Regen kam und sich dunkle Wolken wie ein Dach über das Frankenstadion schoben, da war es vorbei mit dem sonnigen Sonntag für die deutsche Leichtathletik.

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"Ein bisschen Tollhaus ist das schon. Es war aber nicht nur toll, es war abenteuerlich, es war enttäuschend, aufregend, dramatisch, es war negativ", sagte Jürgen Mallow, Leitender Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), nach den Titelkämpfen in Nürnberg.

"Hier ist nichts zu beschönigen. Es hat heute keine deutlichen Leistungssteigerungen gegeben", meinte der Chefcoach, der sich in den Disziplinen Kritik und Selbstkritik ansonsten eher schwertut.

Zu viel Mittelmaß

"Manchmal wäre ich lieber Basketball- oder Tischtennistrainer", gab Mallow zu und seufzte. "Dann bräuchte ich nicht alles auf den Regen zu schieben, um die eine oder andere Leistung zu erklären." Und: "Es ist nicht schön, wenn man eine abfallende Spannungskurve hat."

Damit meinte er den zweiten Tag, denn zur Halbzeit hatte Mallow noch von einem Etappensieg für die deutsche Leichtathletik gesprochen. Dass es fünf Wochen vor den Olympischen Spielen in Peking (8. bis 24. August) bestenfalls eine Hand voll Medaillenkandidaten gibt, dürfte auch Leistungshüter Mallow klar sein.

Für die "Tour de China" hat der DLV einfach zu wenige "Etappensieger", dagegen zu viel Mittelmaß im großen, bunten Peloton.

Kreis der Medaillenkandidaten überschaubar

"Die Athleten haben gezeigt, dass sie noch Potenzial haben. Und wir werden noch eine Spannungskurve bis zur DLV-Gala am 1. August in Wattenscheid aufbauen, die bis Peking nicht abfallen wird", betonte Mallow.

Weil viele Hoffnungsträger schwächeln, sich mit Krankheit und Verletzungen plagen oder wie Weitspringerin Bianca Kappler (Achillessehnenriss) schon aus dem Rennen sind, bleibt der Kreis der Medaillenkandidaten überschaubar: Kugelstoßerin Nadine Kleinert (Magdeburg) ist dabei, auch Diskus-Riese Robert Harting (Berlin) und Hochspringerin Ariane Friedrich (Frankfurt/Main).

Weniger als 60 DLV-Athleten nach Peking?

"60 + X" Athleten wollte der DLV nach Peking schicken. Aus dem Plus, gab Mallow zu, könnte auch ein Minus werden, wenn der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am 14. Juli die Mannschaft nominiert.

Zuvor müssen noch Härtefälle diskutiert werden, Diskus-Seniorin Franka Dietzsch hat auch ohne Norm längst ihren Freifahrtschein, und ein paar Läufer könnten noch die letzte Ausfahrt Heusden nehmen.

Bei dem Meeting in Belgien am 20. Juli wollen Hindernisläufer Filmon Ghirmai (Tübingen) sowie die 5.000-Meter-Rivalen Arne Gabius (Tübingen) und Jan Fitschen (Wattenscheid) in letzter Minute noch auf den Olympia-Zug springen.

Gabius sauer

Gabius, der Fitschen im Vorjahr im internen Ausscheidungsduell unterlag und nicht zur WM nach Osaka durfte, fordert eine neue Chance.

"Letztes Jahr hat man mir mein WM-Ticket weggenommen. Ich finde es nur fair mir gegenüber, wenn ich in Heusden um ein Olympia-Ticket laufen darf", meinte der deutsche Meister, der von Olympiasieger Dieter Baumann trainiert wird.

Der 27-Jährige war ziemlich sauer, weil er vom DLV noch kein Grünes Licht für Heusden hatte. Gabius: "Filmon Ghirmai hat den Umschlag mit der Zusage schon bekommen, dass er dort laufen darf."

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