Ejegayehu macht Klein-Tirunesh ganz groß

SID
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© Getty

Oslo - Weil sie einmal im Leben zu spät kam, ist sie heute die Schnellste. Und weil Schwestern alles teilen, hat sich Tirunesh Dibaba nach 14 internationalen Goldmedaillen nun auch den ersehnten 5.000-Meter-Weltrekord geholt.

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Tosender Applaus der 15.000 Zuschauer begleitet den Lauf-Floh aus dem äthiopischen Hochland im Osloer Bislett-Stadion auf den letzten drei Runden, und als die 14:11,15 auf der Anzeigetafel wie eingebrannt leuchten, ist der "Sister Act" perfekt.

Tirunesh siegt, Ejegayehu wird Dritte, Genzebe Siebte - das Schwestern-Trio feiert den Coup erst im Stadion und dann in der Nacht mit der äthiopischen Gemeinde in Oslo.

Tirunesh Sport-Märchen

Als Tirunesh 14 ist, schicken sie die Eltern aus dem kleinen Dorf Chefe in die Hauptstadt Addis Abeba, sie soll sich dort einschreiben, kommt aber zu spät. Ein Fehlstart mit Folgen: Verzweifelt folgt sie ihrer großen Schwester Ejegayehu zum Training - und wird Leichtathletin.

"Ich hätte nicht mehr zu meinen Eltern zurückgehen können, weil sie mich dann sofort verheiratet hätten", erklärt Tirunesh die Fügung des Schicksals, die sie noch als Teenager zur Weltmeisterin macht: 2003 in Helsinki holt sie mit 18 Jahren und 90 Tagen WM-Gold über 5.000 Meter.

Als Olympia-Dritte von Athen ist sie außerdem die jüngste olympische Medaillengewinnerin ihres Landes.

Hungrig auf Erfolge

"Meine Schwester hat mir gesagt, dass ich den Rekord heute packen kann und dass ich in Top-Form bin. Es war mein Traum, diesen hochwertigen Weltrekord zu brechen", sagt die 22 Jahre alte Tirunesh Dibaba.

"Gott hat mir heute geholfen, etwas ganz besonderes zu vollbringen." Es dürfte nicht die letzte Glanznummer der 1,55 Meter großen und 44 Kilo leichten Dauerläuferin aus der Region Arsi im äthiopischen Hochland gewesen sein.

Das vierte von sieben Kindern einer Bauernfamilie ist noch hungrig auf Erfolge - finanziell hat die jüngste Weltmeisterin der Leichtathletik längst ausgesorgt. Für den Weltrekord beim Golden-League-Meeting bekommt sie 50.000 Dollar.

Der "Dibaba-Dreier"

Auf Trab gebracht wurde der flotte "Dibaba-Dreier" von Tiruneshs Cousine Derartu Tulu, der zweimaligen Olympiasiegerin über 10.000 Meter.

"Ohne Derartu wäre ich nie Läuferin geworden", gesteht die Weltrekordlerin. Sie verdankt ihrer Schwester Ejegayehu (2004 Olympia-Zweite über 10.000 Meter) sehr viel; dafür kümmert sie sich heute rührend um das Nesthäkchen, die 17 Jahre alte Genzebe.

Die Junioren-Cross-Weltmeisterin könnte ihre großen Schwestern einmal links und rechts überholen. Da ist sich Tirunesh sogar sicher: "Ich erwarte, dass sie eines Tages schneller sein wird als ich."