Olympiasieg für Pistorius

SID
Pistorius, Leichtathletik
© DPA

Johannesburg - Nach dem erfolgreichen Justiz- Marathon konnte sich Oscar Pistorius fast wie ein heimlicher Olympiasieger fühlen, doch einen Freifahrtschein für Peking hat der schnellste beinamputierte Sprinter der Welt noch lange nicht.

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"Es war eine Schlacht, die sich viel zu lange hingezogen hat", sagte der 21 Jahre alte Südafrikaner, "ich denke, dieser Tag wird in die Geschichte der Gleichstellung behinderter Menschen eingehen."

Der Paralympics-Sieger will sich nun in Wettkämpfen mit 400-Meter-Läufern ohne Handicap für die Olympischen Spiele in Chinas Hauptstadt qualifizieren.

Sein Trainer Ampie Louw versicherte der südafrikanischen "Sunday Times", dass sein Schützling zumindest im Wettkampf niemals mehr gegen Behinderte antreten wird.

Beträchtlicher mechanischer Vorteil

Er muss es auch nicht, denn mit seinem erfolgreichen Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS sorgte der beidseitig unterschenkelamputierte Leichtathlet für einen Präzedenzfall, der vergleichbare Klagen nach sich ziehen könnte.

Die CAS-Richter in Lausanne hatten die Entscheidung des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF vom 14. Januar 2008 aufgehoben, wonach sich Pistorius durch seine federnden Karbon-Prothesen angeblich einen "beträchtlichen mechanischen Vorteil" gegenüber Nicht-Behinderten verschafft.

Dies sah der CAS ganz anders - und gab Pistorius grünes Licht für Starts gegen 400-Meter-Stars wie Olympiasieger Jeremy Wariner (USA) und andere Top-Viertelmeiler.

Blade Runner muss den Turbo zünden

Das historische Urteil gibt dem Paralympics-Sieger von 2004 Selbstvertrauen und Rückenwind für den erhofften Start in Peking - und allen behinderten Sportlern Mut, dass so ein Sieg im Zeitalter der Gleichberechtigung durchaus möglich ist.

Auch Pistorius dachte schon weiter. "Es geht nicht allein um mich. Es ist eine zusätzliche Chance für alle amputierten Athleten", sagte der Behinderten-Weltrekordler über 100, 200 und 400 Meter der "New York Times".

Der Geschäftsführer des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), Xavier Gonzalez, dämpfte die Euphorie etwas: "Der Schiedsspruch des CAS macht klar, dass er nur für Oscar Pistorius' Fall gilt und keine Auswirkungen auf andere Athleten hat."

Damit sein Olympia-Traum schon in Peking wahr wird, muss Pistorius zunächst die IAAF-Norm von 45,95 Sekunden erfüllen.

Sein Weltrekord steht bei 46,56 - der Blade Runner muss den Turbo zünden, wenn er nach China will. "Es wird jetzt sehr hart, mich für Olympia zu qualifizieren. Aber selbst wenn ich es nicht schaffe, will ich bei den Weltmeisterschaften und 2012 in London starten."

Olympia-Norm wird attackiert

Sein Vater Henke war richtig stolz auf Oscar: Während der Sohn nach dem CAS-Urteil ein paar Tränen der Erleichterung verdrückte, feierte Daddy in Südafrikas Ostkap-Provinz den Sieg mit einer Flasche Wein.

"Er war schon immer sehr entschlossen, wie ein Bullterrier", sagte der stolze Vater. "Körperlich ist er gut drauf, aber er weiß, dass ihn die ganze Welt nun beobachten wird."

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC), das wie die IAAF ein eher diplomatisches Statement abgab: "Oscar Pistorius ist ein zielstrebiger und mutiger Athlet, der zweifellos alles dafür tun wird, die Qualifikation für die Olympischen Spiele zu schaffen."

Die Norm muss der Paralympics-Champion von 2004 über 200 Meter bis zum 20. Juli erfüllen. Bei drei oder vier Meetings will er die Richtzeit attackieren; die geplanten Wettkämpfe gegen amputierte Athleten kann Pistorius als Training und zum Formaufbau nutzen.