Hambüchens Gala und lange Gesichter

SID

Lausanne - Nach seiner beeindruckenden Gala-Vorstellung in Lausanne hatte Fabian Hambüchen eine unruhige Nacht. "Ich war so aufgekratzt, ich konnte gar nicht pennen", meinte der deutsche Super-Turner, der zuvor mit dem Einzug in vier EM-Finals wieder eine persönliche Bestmarke gebrochen hatte.

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Während der Reck-Weltmeister nach dem Vorkampf im Malley Ice Stadium ununterbrochen Interviews geben musste und dabei eloquent plauderte, standen seine Team-Gefährten mit langen Gesichtern daneben. Dabei hatten sie mit Platz zwei hinter den Russen das beste deutsche Team-Resultat in der 53-jährigen Geschichte der Europameisterschaften erreicht.

Marcel Nguyen verpasste nach "wackliger" Übung seinen spektakulären Tsukahara-Abgang und damit das Barren-Finale. Philipp Boy haderte mit seiner Reck-Übung und Robert Weber fluchte über seine "verbaute" Seitpferd-Kür. "Ich denke, die Jungs machen sich zu viel 'nen Kopf. Insgesamt war der Wettkampf doch okay", versuchte Hambüchen seinen Mitstreiter wieder aufzurichten, um am Samstag die erste deutsche EM-Team-Medaille seit zehn Jahren zu holen.

Zugleich setzte er sich selbst hohe Ziele. "Am Reck will ich den Titel", bekräftigte Hambüchen. Ob dazu die risikoreiche Peking-Übung mit Ausgangswert 7,3 nötig sein wird, ließ er offen. Da er Im Finale erst als Vorletzter an sein Paradegerät geht, wird der Hesse erst vor dem Wettkampf über die Struktur seiner Show entscheiden. "Von der Siegchance her ist die 7,3-Übung nicht nötig. Vom Kopf her nehme ich sie mir aber vor", kündigte er an und zog sich zur Entspannung ins Olympische Museum am Ufer des Genfer Sees zurück.

Intakt sind seine Medaillenchancen auch am Boden und Barren, obwohl er nicht als Top-Favorit ins Rennen geht. Zuletzt hatte vor 19 Jahren mit Andreas Wecker ein deutscher Turner vier EM-Finals erreicht und seinen Auftritt in Stockholm mit dem Reck-Gold gekrönt. In seine Fußstapfen will Hambüchen in Lausanne treten. Beistand bekommt er von Freundin Victoria, die extra zu den Finals anreist.

"Wir freuen uns, dass wir mit positiven Vorzeichen in das Team- Finale gehen. Aber jetzt geht es wieder bei Null los. Und da ist erhöhte Wachsamkeit geboten. Es wäre falsch, an die eventuelle Medaille zu denken. Wir sollten uns auf Inhalte konzentrieren", mahnte Cheftrainer Andreas Hirsch. Zugleich nahm der Berliner Marcel Nguyen in Schutz, der zum dritten Mal seine hochkarätige Barren-Übung nicht durchturnte.

"Wir wollen hier nicht kleine Brötchen backen und heile, heile aus der Situation rauskommen. Wir haben ihn ermuntert, volles Risiko zu gehen und bestärken ihn auf diesem Weg." Sportdirektor Wolfgang Willam sieht das Team voll im Fahrplan für Peking. "Egal wie das Team-Finale ausgeht, die aufsteigende Tendenz seit der WM in Stuttgart wurde eindeutig unterstrichen", meinte er.