Stars meiden Derby-Parcours

SID

Hamburg - Die gnadenlose Terminhatz geht für Meredith Michaels-Beerbaum schon wieder weiter. Nur drei Tage nach ihrem Weltcup-Triumph in Göteborg startet die erfolgreichste Springreiterin der Welt in Hamburg beim Derby-Turnier.

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Doch die namensgebende Prüfung, das spektakuläre Springen über die berühmten Wälle, Gräben und anderen Naturhindernisse lässt Michaels-Beerbaum wieder aus.

"Ich hatte schon in den letzten Jahren kein richtiges Pferd fürs Derby", nannte die Weltranglisten-Erste als Grund für ihren Verzicht. So wie es die meisten Stars der Szene machen, die sich immer seltener an das größte Abenteuer des Springsports wagen.

Größeres Risiko

"Man muss ein Pferd aus dem normalen Training rausnehmen und es konsequent vorbereiten", erklärte die Weltcup-Siegerin und Europameisterin, die in Hamburg den Großen Preis statt des Derby reitet.

"Man muss die Derby-Vorbereitung sehr ernst nehmen, denn sonst wäre es sehr gefährlich." Ludger Beerbaum, der als einer der wenigen Topreiter regelmäßig das Derby reitet, sagt: "Man muss auf andere Turniere verzichten und mehr Natursprünge üben."

Durch die notwendige Langzeit-Vorbereitung für das Springen fehlen den Unternehmern in Reithosen wichtige Einnahmen und ihre teuren Vierbeiner sind einem größeren Risiko ausgesetzt - das können sich nur wenige der Topreiter leisten.

Wirtschaftliche Erwägungen 

"Man muss aufpassen, weil es gefährlich ist und sich die Pferde leicht verletzen", sagte Beerbaum. Der Weltcup-Dritte Heinrich Hermann Engemann (Bissendorf), der mit seinem derzeitigen Toppferd Aboyeur vor fünf Jahren das Derby geritten hat, gibt zu: "Dafür ist Aboyeur inzwischen zu wertvoll."

Schließlich will sich der A-Kaderreiter mit dem 14-jährigen Wallach für Olympia qualifizieren. "Das Hamburger Derby ist nur einmal, aber die anderen Springen sind das ganze Jahr", erklärte Beerbaum die wirtschaftlichen Erwägungen.

Neben dem Original gibt es nur noch im englischen Hickstead, im schwedischen Falsterbo und im französischen La Baule vergleichbare Prüfungen, doch die sind niedrig dotiert.

Springen für Spezialisten 

So wird das Derby immer mehr ein Springen für Spezialisten. Es ist kein Zufall, dass der letztjährige Sieger Andre Thieme (Plau am See) nur Experten bekannt ist und in der Weltrangliste auf Rang 307 liegt.

"Ich habe ihn letztes Jahr wochenlang vorbereitet und Wälle geritten", sagte Beerbaum über sein Derby-Pferd Enorm. "Er hatte viel Respekt vor dem Wall, das hat gedauert."

Viel Vertrauen und noch mehr Kondition benötigen die Pferde, denn die Strecke über Klippen wie Pulvermanns Grab ist ungefähr doppelt so lang wie ein normaler Parcours.

"Das ist ein Märchen" 

"Das schwerste Springen der Welt ist es trotzdem nicht", sagt Beerbaum: "Das ist ein Märchen." Die Sprünge "beim Weltcup- Finale oder anderen Championaten sind viel schwerer".

Dass das Hamburger Turnier trotzdem so gut wie seit Jahren nicht mehr besetzt ist, liegt vor allem daran, dass Hamburg erstmals Station der Global Champions Tour ist. ank der höchstdotierten Serie der Welt gibt es im Großen Preis von Hamburg mit 300.000 Euro rund doppelt so viel zu verdienen wie im Derby.

Mit diesem Schachzug hat Organisator Volker Wulff das traditionsreiche Turnier wahrscheinlich vor dem schleichenden Tod bewahrt.