Rupprath kritisiert hohe Normen und Anzugvorgabe

SID

Hamburg - Schwimmstar Thomas Rupprath hat für die Olympischen Spiele in Peking eine freie Wahl des Schwimmanzuges gefordert und zugleich harte Kritik an den hohen Qualifikationsnormen geübt.

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"Damit machst Du den Olympia-Traum von vielen Schwimmern zu einer Illusion und raubst ihnen die Motivation", sagte der Rostocker in einem Interview mit der Würzburger "Main-Post".

Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin - einzige Möglichkeit zur Qualifikation für Peking - hat der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) die Messlatte hoch gelegt, zum Teil höher als der Weltverband FINA.

Kein Verständnis 

Über 100 Meter Freistil und 100 Meter Brust der Männer liegt die Norm unterhalb der aktuellen deutschen Rekorde. Rekordjäger Rupprath hat dafür kein Verständnis.

Über 100 m Schmetterling beispielsweise sei die von der FINA vorgeschlagene Zeit 52,86 Sekunden, die DSV-Norm 52,26. Rupprath: "Das ist ein riesiger Unterschied. Ich bin bislang der einzige Deutsche, der je unter 52,5 geschwommen ist. Ich verstehe nicht, warum man die Trauben so hoch hängt."

Zudem fordert der Rostocker für Olympia die freie Wahl des Schwimmanzuges. Die deutschen Schwimmer müssen bei Berufungen in die Nationalmannschaft, also auch bei den Spielen in Peking, Produkte von DSV-Ausrüster "adidas" tragen.

"Verlust von 35.000 Euro"  

Rupprath ist bei "Speedo" unter Vertrag. In dem neuen "Wunderanzug" (LZR Racer) des australischen Herstellers wurden in den vergangenen Wochen zahlreiche Welt- und Europarekorde aufgestellt.

Rupprath musste bei der Kurzbahn-Weltmeisterschaft vergangene Woche in Manchester einen Anzug vom offiziellen DSV-Ausrüster tragen. "Was mich den Weltmeistertitel über 50 m Rücken und den Verlust von 35.000 Euro an Preis- und Sponsorengeldern gekostet hat, denn ich bin nur um 16 Hundertstel am Titel vorbeigeschwommen", sagte Rupprath.

"Der DSV muss sich ernsthaft Gedanken machen, sonst rutschen wir gänzlich in die Mittelmäßigkeit ab", sagte Rupprath.

Ohne Anzug - keine Chance

"Der Anzug ist mein Arbeitsgerät. Ich sehe das so wie bei der Fußball-Nationalmannschaft: Dort spielt ein Michael Ballack auch in den Schuhen, die ihm am besten passen. Die Fußballer haben das durchgesetzt. Bei uns Schwimmern ärgert es mich, dass nicht mehr den Arsch in der Hose haben und sich zu dem Thema äußern."

In Berlin darf Rupprath in "seinem" Anzug starten. Aber welchen Anzug will er bei Olympia tragen? Rupprath: "Das muss man abwägen. Ich habe gehört, dass Geldstrafen, Einforderung der Reisekosten und Ausschluss aus der Nationalmannschaft drohen können, da überlegt man es sich natürlich, ob man sich widersetzt. Sollte der DSV bei seiner Linie bleiben, muss man sich wirklich überlegen, ob man aufhört. Fakt ist, und das sagen auch viele Trainer: Ohne diesen Anzug hast Du international keine Chance."

Warnung vor Materialschlacht

Der Weltverband FINA hatte in der vergangenen Woche nach einem Meeting mit Herstellern in Manchester erklärt, dass alle bislang von der Dachorganisation genehmigten Anzüge regelgerecht seien.

Bundestrainer Manfred Thiesmann (Warendorf) hatte im Magazin "Der Spiegel" vor einer Materialschlacht gewarnt und sich für künftig genormte Schwimm-Bekleidung im Hochleistungssport ausgesprochen.

DSV-Sportdirektor Örjan Madsen sagte, die Material-Diskussionen machten ihm Sorgen. Der Norweger hält den Effekt für möglich, dass seine Top-Athleten gedanklich dazu neigen könnten, sich nur dann im Wasser für schnell zu halten, wenn sie den LZR Racer tragen.