Fackel mit Raketentreibstoff auf Gipfel

SID

Peking - Frust und Unverständnis machen sich unter den zehn ausländischen Journalisten breit, die zum Mount Everest gereist sind, um über den Weg des olympischen Feuers auf den höchsten Berg der Erde zu berichten.

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"Die Enttäuschung ist groß", sagte die ARD-Korrespondentin Ariane Reimers telefonisch der Deutschen Presse Agentur dpa in Peking.

"Wir wissen nicht einmal, wo die olympische Flamme ist." Die Stimmung sei gereizt. In Blechcontainern campiert die Gruppe von knapp 30 ausländischen und chinesischen Journalisten seit zwei Tagen etwa acht Kilometer unterhalb des Basislagers neben dem Rongbu-Kloster. Alles sei streng kontrolliert.

"Wir dürfen nicht dahin gehen, wo wir hinwollen."

Ein Hongkonger Fernsehkollege erkrankte schwer an Höhenkrankheit. Obwohl er Hobby-Bergsteiger ist, litt der Reporter unter hohem Fieber und niedrigem Sauerstoffgehalt im Blut.

Er wurde in eine 102 Kilometer entfernt gelegene Klinik in Tingri gebracht. Chaotisch und hastig war die Organisation, so dass die ausländischen Journalisten ohne Akklimatisierung in ihr Lager in 5040 Meter Höhe gebracht worden waren.

Die 35 Jahre alte ARD-Korrespondentin Reimers spricht spürbar kurzatmig, ist aber Höhenluft aus den Anden gewöhnt, wo sie Radtouren mit dem Fahrrad in 5000 Meter Höhe gemacht hat. "Nachts habe ich schwere Kopfschmerzen, tagsüber sind sie weg."

Trotz der Eile, mit der die Journalisten anreisen mussten, gibt es nichts zu tun. Die geplante Abschiedszeremonie für das Feuer wurde einfach gestrichen.

"Wir stellen fest, dass wir nichts berichten können", sagt Reimers. Die Kontrolle und mangelnde Bewegungsfreiheit erklären sich die Journalisten mit der Angst vor Protesten von Tibetern.

Exiltibeter haben den Fackellauf als Manifestation der chinesischen Herrschaft über Tibet kritisiert. "Falls etwas passiert, sollen wir es nicht mitbekommen", sagt Reimers.

Dabei ist das Journalistenlager völlig abgelegen. "Da muss schon jemand mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug abspringen." Immerhin war ein amerikanischer Kletterer, der eine tibetische Flagge im Gepäck hatte, vergangene Woche auf nepalesischer Seite am Fuße des Mount Everest aufgegriffen und am Montag aus Nepal ausgewiesen worden.

Erstmals konnten die ausländischen Journalisten aber zumindest das Basislager besuchen. Die Bergsteiger haben sie nicht gesehen, aber zumindest Prototypen der eigens entwickelten Hi-Tech- Fackel und Laterne für das Feuer.

Frühestens am Wochenende beginnt der mehrtägige Aufstieg. "Es ist viel zu windig", erfuhren die Journalisten. In mehreren Laternen soll das Feuer von den Bergsteigern, die sich in zwei bis drei Teams aufteilen, bis zum Gipfel gebracht werden.

Erst dort wird die Spezialfackel mit einem besonderen Zünder entfacht. Nur acht Minuten kann eine solche Fackel jeweils brennen. Deswegen werden gleich mehrere im Rucksack mitgebracht.

Da es auf dem Mount Everest wegen der Höhe an Sauerstoff für Feuer mangelt und der Wind heftig ist, brennt das Feuer mit Festtreibstoff.

Solcher Brennstoff wird sonst in Raketen verwendet. "Es ist das erste Mal in der Geschichte des Fackellaufes, dass Raketentechnologie eingesetzt wird", jubeln chinesischen Medien.

Die Flamme könne zehn Zentimeter groß sein und sei selbst bei starkem Sonnenschein zu sehen. Temperaturen bis minus 40 Grad und selbst Windstärke zwölf könnten ihr nichts anhaben.

Umgerechnet sollen mehr als eine Million Euro in die Entwicklung der Laternen und der Fackeln gesteckt worden sein. Vor einem Jahr waren sie bei einer Generalprobe auf dem Mount Everest getestet worden.

Etwa eine Stunde soll die Fackel auf dem Gipfel des tibetisch Chomolungma - Göttin-Mutter der Erde - genannten Berges verweilen.

Die Bergsteiger werden filmen. Die Fernsehbilder von dem einmaligen Wagnis gehen live um die Welt. Von ihrem Lager in 5040 Meter Höhe werden die ausländischen Journalisten dann vielleicht die Bilder kommentieren können.

Aber auch die Überspielung ihrer Beiträge ist schwierig und geht nur über Chinas Staatssender "CCTV". Ein Bericht des ZDF-Fernsehkollegen Jörg Brase vom Besuch des Basislagers und über die Spezialfackeln war am Mittwoch schon ein Problem. "Das geht nur mit Genehmigung", wiegelten die "CCTV"-Kollegen ab. "Frühestens morgen." Empört schimpfte Brase: "So können wir doch nicht arbeiten!"