"Keine Bananen nach Peking"

Von Interview: Dennis Betzholz
Philipp Petzschner
© Getty

Bremen - Auch wenn sie die Sensation verpasst haben, konnte das deutsche Davis-Cup-Team den AWD-Dome erhobenen Hauptes verlassen.

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Die Mannschaft von Patrick Kühnen musste bei der 1:4-Niederlage gegen Spanien aber auch erkennen, dass man zwar nicht weit weg ist, es aber nicht ganz für die Weltspitze reicht.

Sinnbildlich dafür stand die Doppel-Niederlage von Philipp Petzschner und Philipp Kohlschreiber am Samstag. Das deutsche Duo bot über fast fünf Stunden einen großen Kampf, aber am Ende zogen eben sie den Kürzeren. Und nicht die Spanier.

"Gemischtes Gefühl"

Nach dem Ausscheiden sprach SPOX.com mit Petzschner über die Harmonie im deutschen Team, die merkwürdigen Regularien für die Olympia-Teilnahme, Arminia Bielefeld und die Vorzüge der Premiere-Konferenz.

SPOX: Herr Petzschner, haben sie nach der knappen Doppel-Niederlage gut geschlafen?

Philipp Petzschner: Naja, geht so. Ich bin halt schlecht eingeschlafen. Dafür habe ich aber umso besser geschlafen.

SPOX: Na, immerhin. Was geht einem denn nach so einer packenden "Davis-Cup-Schlacht", wie Sie das Doppel selbst genannt haben, vor dem Einschlafen durch den Kopf?

Petzschner: Es vermischen sich Traurigkeit und ein gutes Gefühl. Wir haben schließlich alles gegeben. Die Zuschauer waren fantastisch und wir haben trotz der Niederlage Werbung für den deutschen Tennissport betrieben. Von daher schläft man dann auch mit einem guten Gefühl. Auf der anderen Seite lässt man einige entscheidende Ballwechsel, wie beispielsweise die zwei vergebenen Breakbälle im fünften Satz, Revue passieren. Und das macht einen dann wieder sauer.

SPOX: Sie haben bei den letzten drei Davis-Cup-Spielen stets Einsätze bekommen. Fühlen Sie sich inzwischen als feste Größe im deutschen Team?

Petzschner: Auch wenn es bisher nur durch Verletzungsausfälle anderer Spieler zu diesen Einsätzen kam, glaube ich, dass ich mich aufgrund meiner guten Leistungen ins Team hineingespielt habe. Die Nominierung zum World Team Cup in Düsseldorf spricht ebenfalls dafür, dass ich ein fester Bestandteil geworden bin.

SPOX: Und das, obwohl Sie noch vor zwei Jahren über eine Alternative zum Profisport nachgedacht haben.

Petzschner: Ja, das stimmt. Ich habe mir Gedanken gemacht, was ich irgendwann mal machen könnte. Ich war eben nicht glücklich mit der ganzen Reiserei, mit meinem Tennis generell. Zu dieser Zeit kamen mir solche Gedanken, dass ich etwas in Richtung Sportmarketing oder Sportevents machen möchte. Letztlich bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich noch genügend Zeit habe - für mein Tennis und das Danach.

SPOX: Es hat sich offensichtlich gelohnt. Noch einmal zurück zum Davis Cup: In den letzten fünf Jahren hat sich das deutsche Team vom Wackelkandidaten zur festen Größe in der Weltgruppe gemausert. Wie sehen Sie die Entwicklung?

Petzschner: Wir haben unserem Teamchef Patrik Kühnen natürlich sehr viel zu verdanken. Er hat es geschafft, aus Individualsportler ein Team zu formen. Die Stimmung war immer gut und wir sind sehr kompakt aufgetreten. Und das ist wichtig. Wenn es im Sport nämlich nur um Individualleistungen ginge, würde Bayern nie gegen Cottbus verlieren. Natürlich ist ein Franck Ribery besser als ein Timo Rost. Aber letztlich geht es ums Kollektiv. So ist es auch bei uns. Wir versuchen dem Spieler auf dem Platz den vollen Rückhalt zu geben und anzufeuern. Das gibt einem auf dem Court noch einen Schub.

SPOX: Klingt nach Harmonie. Dabei war vor dem Wochenende zu hören, dass sich ein, zwei Spieler vom Rest abkapseln und beispielsweise beim gemeinschaftlichen Kartenspielen nicht mitmachen.

Petzschner: (lacht) Das ist Quatsch! Ich weiß gar nicht, woher diese Meldung kommt. Wir haben diese Woche gar nicht Karten gespielt, auch schon nicht in Braunschweig (beim Spiel gegen Südkorea, Anm. d. Red.). Wir haben jeden Abend Fußball geschaut. Es waren alle da. Und wenn mal einer um halb Elf schlafen geht, ist das völlig normal.

SPOX: Blicken wir mal nach vorne: Es stehen die olympischen Spiele vor der Tür. Aufgrund der merkwürdigen Regularien werden Sie als erstklassiger Doppelspieler vermutlich nicht dabei sein. Schade eigentlich, oder?

Petzschner: Tatsächlich sind das erstaunliche Regularien. Wir schütteln im Tennis momentan wirklich den Kopf. Nichts gegen die deutschen Leichtathleten, aber da werden welche hingeschickt, die nicht einmal den Vorlauf überstehen werden. Und wir haben die Erlaubnis nur einen Tennisspieler hinzuschicken, obwohl wir im letzten Jahr mit dem Erreichen des Davis Cup-Halbfinals gezeigt, was wir drauf haben. Jeder von denen, die wir hinschicken könnten, hätte eine Medaillenchance. Wir schicken ja schließlich keine Bananen hin. Aber für mich wird sich der olympische Traum in diesem Jahr nicht bewahrheiten. Mein Ziel ist nun 2012, darauf werde ich hinarbeiten. Dann muss ich mich wenigstens nicht hinstellen und für oder gegen Tibet sein.

SPOX: Apropos Zukunftsmusik: Welche Schlagzeile würde Sie in zwei Jahren gerne über sich lesen?

Petzschner: Arminia Bielefeld wird Meister und Philipp Petzschner schießt das entscheidende Tor. Nein, Spaß beiseite: Am liebsten würde ich natürlich lesen, dass Philipp Petzschner Deutschland zum Davis Cup-Sieg führt. Und daneben direkt: Arminia Bielefeld unter den Top 6 der Bundesliga.

SPOX: Welche der beiden Wunschtitel ist denn nun realistischer?

Petzschner: Beide! (lacht) Als Arminia-Fan träumt man natürlich von Platz sechs. Aber zunächst müssen sie erst einmal die Klasse halten. Und ich möchte nicht im nächsten Jahr Montagsabend "DSF" schauen, sondern weiterhin die Premiere-Konferenz.

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