Kati Witt geht endgültig vom Eis

SID

Hannover - Nach dem letzten Lauf ihrer Karriere wirkt Katarina Witt glücklich und erstaunlich gelöst. "Es geht mir gut", sagt sie und strahlt. Keine Spur von Melancholie, dass sie mit dem Auftritt in Hannover ihre einzigartige Laufbahn auf dem Eis endgültig beendet hat.

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"Es sind nicht so viele Tränen geflossen, wie ich vielleicht befürchtet habe", meint die 42-Jährige. Das "tolle Publikum", das jeden ihrer sechs Kurzauftritte während der Show bejubelt hat, habe ihr einen schönen Abschied vom glitzernden Eis bereitet, auf dem sie so viele Triumphe gefeiert hat.

Zwei Stunden lang hat Deutschlands erfolgreichste Eiskunstläuferin ihre Welt-Karriere in der Show Revue passieren lassen. Katarina Witts Anfänge in der DDR werden als Fotos auf Videoleinwänden gezeigt. Als Fünfjährige hatte sie im damaligen Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) mit dem Eiskunstlauf begonnen.

Unter ihrer eisernen Trainerin Jutta Müller gelang ihr der Aufstieg in die Weltspitze, an der sie sich mit Charme und Ausstrahlung behauptete, wie keine Zweite. Niemand zweifelt, wenn sie auch jetzt noch über das Eiskunstlaufen sagt: "Es ist einfach der schönste Sport der Welt für mich".

Bewegender Moment bei Olympia 1994 

Welche Momente in ihrer Karriere etwas Besonderes für sie waren, macht Katarina Witt auch bei ihrem Abschiedsauftritt deutlich. Da ist zum einen Olympia 1994 in Lillehammer. Nach sechs Jahren Abstinenz vom Wettkampfsport war ihr gelungen, was ihr kaum jemand zugetraut hatte: sich noch einmal für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.

Ihre Kür zum Anti-Kriegs-Lied "Sag mir wo die Blumen sind" hatte sie dem vom Balkan-Krieg geschüttelten Sarajevo gewidmet, wo sie 1984 ihren ersten Olympia-Sieg errungen hatte. In der TUI-Arena interpretiert sie das Lied noch einmal - und trumpft dabei mit ihrer alten Stärke auf, die Musik "auf das Eis bringen" zu können.

"Battle of the Carmens"

Fachleute haben der Sächsin immer attestiert, eine "Minimalistin im Schwierigkeitsangebot" gewesen zu sein. Nicht die Athletik stand für sie im Vordergrund, sondern die Kunst. Bei der B-Note nahm sie die Punktrichter für sich ein, gewann sechs EM- und vier WM-Titel sowie achtmal die DDR-Meisterschaften. Auch bei ihrer legendären Interpretation von Georges Bizets "Carmen" bei Olympia 1988 in Calgary bestach sie mit der künstlerischen Darbietung.

"Battle of the Carmens" ("Schlacht der Carmens") wurde die Damen-Konkurrenz in Calgary tituliert, denn auch Witts ärgste Konkurrentin Debi Thomas lief mit dieser Nummer über das Eis. Das Duell wurde auch politisch aufgeladen: Witt aus dem Ostblock gegen Thomas aus Amerika. Witt triumphierte - und die Machthaber in ihrer Heimat eröffneten ihr ungeahnte Freiheiten. Die damals 23-Jährige, die wie viele prominente DDR-Sportler auch Volkskammer-Abgeordnete war, durfte in den USA für die Revue "Holiday on Ice" laufen.

Rührung am Ende 

"Carmen" machte Katarina Witt endgültig zum Weltstar, verehrt in der DDR, in der BRD und den USA. So schlüpft sie denn auch bei ihrem letzten Auftritt nach einmal in ein "Carmen"-Kostüm. Vier Feuerschalen in den Ecken tauchen das Eis in flammendes Licht, der "Silly"-Gitarrist Uwe Hassbecker spielt live und Katarina Witt zaubert noch einmal die Rolle ihres Lebens aufs Eis. In Momenten wie diesen geht das Publikum in der nicht ganz ausverkauften Halle in Hannover voll mit.

Katarina Witt bringt am Ende des Abends, den auch ihre Eltern, ihr Bruder und ihre Nichten und Neffen verfolgt haben, nicht mehr viele Worte hervor. "Ich muss Ihnen ehrlich sagen, man bereitet so eine Tour vor und denkt an alles, und dann hab ich total vergessen, was ich am Ende sagen soll. Vielleicht nur: Danke schön."