DSV-Schwimmer unter Druck

SID
DSV, Schwimmen
© DPA

Eindhoven - Auch EM-Gold für Janne Schäfer über 50 Meter Brust konnte die Stimmung nicht mehr retten: Deutschlands Schwimmer sind fünf Monate vor den Spielen in Peking unter Druck geraten.

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Die Konkurrenz empfahl sich mit einer Rekordflut bei den Europameisterschaften in Eindhoven. Daheim hängt der Haussegen schief. Christa Thiel, Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), übte harte Kritik an den Schwimmern: "Es wird als absolut inakzeptabel empfunden, wie wir hier auftreten."

Nur neun Deutsche stellten sich. Cheftrainer Örjan Madsen warnte mit Blick auf Peking: "Wir sind nicht gut genug, wir sind nicht hart genug im Kopf, wir trainieren nicht gut genug."

Zweiter EM-Titel durch Janne Schäfer 

Obenauf war Janne Schäfer. Die Wolfsburgerin eroberte nach Paul Biedermann (Halle/Saale/200 m Freistil) in 31,08 Sekunden über 50 m Brust den zweiten EM-Titel für das deutsche Mini-Team.

"Mit der Zeit bin ich nicht hundertprozentig zufrieden", sagte Schäfer, "aber trotzdem hat der Sieg für mich große Bedeutung auf dem Weg nach Peking." Kerstin Vogel (Köln) wurde Vierte.

Deutschlands Schwimmer waren bei der Rekordjagd der Konkurrenz mit 6 Welt- und 12 Europarekorden vor allem Zuschauer. Madsen verwies auf die Olympia-Qualifikation im April in Berlin: "Dann geht es um die Wurst."

Die anderen können es schon jetzt. Der Franzose Alain Bernard schwamm an drei Tagen drei Weltrekorde. Über 100 m Freistil schraubte er die Marke in zwei Schritten auf 47,50 Sekunden, danach eroberte er über 50 m schon Halbfinale in 21,50 Sekunden die Top-Position.

Zwei Weltrekorde 

Weltrekord schwammen am Schlusstag Marleen Veldhuis (Niederlande) in 24,09 Sekunden über 50 m Freistil und Federica Pellegrini (Italien) in 4:01,53 Minuten über 400 m Freistil. Veldhuis war über die kurze Freistil-Sprintstrecke 4/100 Sekunden schneller als die niederländische Olympiasiegerin Inge de Bruijn, die am 22. September 2000 in Sydney 24,13 Sekunden erzielt hatte.

Die Italienerin Pellegrini gelang über 400 Meter Freistil in 4:01,53 Minuten der insgesamt sechste Weltrekord dieser EM. Die 19-Jährige unterbot die Bestmarke der diesmal nicht in dieser Disziplin antretenden Olympiasiegerin Laure Manaudou aus Frankreich von 4:02,13 um 6/10 Sekunden. Manaudou hatte ihre Leistung beim EM-Erfolg am 6. August 2006 in Budapest erzielt.

Die erkrankt fehlende Janine Pietsch (Ingolstadt) verlor ihren Europarekord über 50 m Rücken kampflos. Im Halbfinale schwammen die Kroatin Sanja Jovanovic (28,17) und Nina Zhivanevskaya aus Spanien (28,13) Bestzeit, im Finale triumphierte die Russin Anastasia Sujewa in 28,05.

Englands Frauen-Quartett "raubte" den DSV-Damen in 3:59,33 Minuten die kontinentale Bestmarke über 4 x 100 m Lagen. Auch Russland blieb auf Platz zwei in 4:00,47 unter der alten Rekordmarke der nicht anwesenden Deutschen.

Strukturen ändern 

Europarekord bedeuteten auch die 4:09,59 Minuten des Ungarn Laszlo Cseh über 400 m Lagen und die 3:34,25 Minuten von Russland mit der Lagen-Staffel. Der Sieger über 200 Meter Lagen Cseh verbesserte über die doppelte Distanz seine eigene Bestmarke um 4/100.

Der Grieche Ioannis Drymonakos in 4:14,72 und der Italiener Luca Marin in 4:16,69 belegten die Plätze zwei und drei. Die russische 4 x 100 Meter Lagenstaffel verbesserte ihre bisherige Rekordmarke vom 27. Juli 2003 (3:34,72 Minuten), aufgestellt bei den Weltmeisterschaften in Barcelona. Die deutsche Staffel hatte in Eindhoven das Finale mit dem neunten Vorlaufplatz verpasst.

"Wir sehen jetzt, welche Probleme wir haben", mahnte der nach Olympia aus DSV-Diensten scheidende Madsen Maßnahmen an. Zu viele Trainer und Athleten hätten zu viel Angst, sich zu stellen, erkannte er schon vor der EM.

Christa Thiel: "Der Cheftrainer scheitert daran, dass ihm die Stützpunkttrainer strukturell nicht folgen müssen." Noch in Eindhoven wurden Reformen auf den Weg gebracht. "Wir müssen die Strukturen ändern", klagte Madsen elementar Neues ein.