Unerwartet gut geworden

Von Interview: Florian Regelmann
Martin Kaymer, Golf
© Getty

München - Wer sich für Golf interessiert, der sollte in den nächsten Jahren bei den großen Major-Turnieren oder auch dem Ryder Cup ja nicht vergessen, den Fernseher einzuschalten.

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Martin Kaymer hätte es verdient. Gut möglich, dass man Deutschlands Supertalent nämlich dann auf dem Leaderboard weit oben sehen wird. Mitten zwischen Tiger Woods, Phil Mickelson und Vijay Singh.

Kaymer hat sich nicht nur auf der European Tour etabliert (Platz 41 in der Order of Merit 2007, 13 Top-25 Platzierungen), für alle Experten sind Siege nur noch eine Frage der Zeit. Nicht nur sein Outfit ist häufig stylish, vor allem sein Spiel ist es.

Zwischen Asien, Heimat und der Weiterreise zum Training nach Amerika nahm sich der 22-Jährige Zeit für SPOX.com. Im Interview spricht der "Rookie of the Year" über Traumrunden, Grassorten, einsame Abende im Hotel und sein ruhiges Naturell.

SPOX: Herr Kaymer, wie war Ihre Woche mit Alex Cejka beim World Cup in China?

Martin Kaymer: Es war eine schöne Woche. Wir haben vorher schon häufiger miteinander gespielt und wir haben uns super verstanden, auch außerhalb des Golfplatzes. Sportlich hatten wir uns die Top 3 als Ziel gesetzt und das wäre auch eigentlich drin gewesen. Es waren so ein paar Schläge, an denen es lag. Aber der sechste Platz war auch eine gute Leistung.

SPOX: Eigentlich gehört China ja nicht unbedingt zu Ihren "Lieblingsländern", wie war es diesmal?

Kaymer: Es war besser. Das Turnier war top organisiert, das Hotel war super und der Platz hat mir gefallen. Was mir eben häufig nicht so wirklich gefällt, sind die Grassorten auf den verschiedenen Plätzen. Da komme ich nicht so gut zurecht wie bei uns in Europa. Man kann das so erklären, dass zum Beispiel beim Putten das Gefälle von links nach rechts geht, das Gras aber von rechts nach links wächst. Man muss dann quasi dem Gras nach putten, obwohl man es anders wahrnimmt. Das macht dann die Schwierigkeiten.

SPOX: Wie würden Sie Ihre Saison in wenigen Worten zusammenfassen?

Kaymer: Unerwartet gut geworden.

SPOX: Jetzt die längere Version bitte...

Kaymer: Ich hatte viele Erfolge, mit denen ich gar nicht gerechnet hatte. Gerade die Qualifikation für das Volvo Masters in Valderrama oder die Teilnahme am World Cup. Dass ich bei diesen Events mitspiele, da konnte ich vor der Saison nicht von ausgehen. Mein Ziel war die Tourkarte zu behalten. Der Rest war Zugabe. Es ist natürlich schön, wie es jetzt gelaufen ist.

SPOX: Der Start der Saison war sehr schwierig. Was waren die größten Probleme?

Kaymer: Bis ich dann mal immer mehr Leute kennengelernt hatte und dann so reingekommen bin, war es echt schwierig. Am Anfang kannte ich vor allem niemanden. Ich habe immer alleine meine Proberunden gespielt und alleine Abend gegessen. Da saß ich dann da und die Schweden oder Engländer saßen in großen Grüppchen zusammen. Ich war immer heilfroh, wenn ich mein Essen hatte und wieder aufs Zimmer konnte. Da habe ich dann Spanisch gelernt oder DVDs geschaut.

SPOX: Welche DVDs haben Sie denn so geschaut?

Kaymer: Ich schau gerne mal Serien wie 24 oder Lost.

SPOX: Was waren für Sie die Highlights 2007?

Kaymer: Das Scandinavian Masters in Stockholm war auf jeden Fall die schönste Woche im ganzen Jahr. Das Umfeld, die Atmosphäre, das Hotel, die Stadt, das Essen, die Leute, der Golfplatz, mein Bruder war als Caddy dabei, in der Woche hat echt alles gepasst. Ansonsten war die Mercedes-Benz Championship in Lärchenhof noch ein Highlight. Direkt vor heimischer Kulisse zu spielen. Und eben Valderrama und der World Cup. Das sind die vier Turniere, die ganz oben stehen.

SPOX: Es war ein schlechter Schlag am falschen Loch. Wie lange hing Ihnen der verpasste Sieg in Schweden noch nach?

Kaymer: Die zwei, drei Stunden danach hat man natürlich schon ziemlich überlegt und darüber nachgedacht, was da gerade eigentlich passiert ist. Das hat dann noch ein paar Tage angehalten, aber dann kam auch schon wieder das nächste Turnier und man hat es vergessen. Ich habe dann das Positive gesehen und mir gesagt: Ich bin Zweiter geworden, ich habe viel gelernt und weiß, wie ich mich zu verhalten habe, wenn ich wieder in solch' einer Situation bin.

SPOX: Ihre 61er-Runde beim Portugal Masters gehört sicher auch zu den Höhepunkten. Die 61 auf schwierigerem Platz oder Ihre legendäre 59 auf der EPD-Tour, was ist höher einzuschätzen?

Kaymer: Es ist schwer, aber ich habe bei der 61 wirklich sehr sehr gut gespielt. Wenn man gut spielt, hat man normal ein, zwei Tap-ins zum Birdie auf der Runde. Und in Portugal hatte ich sieben davon, sieben geschenkte Birdies im Prinzip. Sieben Birdies, die ich nur noch fertig machen und keinen Putt über acht Meter lochen musste. Das war eine Runde, in der einfach alles unglaublich gut lief.

SPOX: Was war Ihr bester Schlag diese Saison?

Kaymer: Ich habe zwei im Kopf. In Lärchenhof in der letzten Runde an der 18 lag ich hinter dem Grün, Downhill-Lage im Rough, und ich musste auf die kurz gesteckte Fahne einen Lobshot machen. Es ging auch noch Richtung Wasser, der war schon wirklich sehr schwer. Und letzte Woche in Mission Hills hatte ich einen Bunkerschlag an einem Par-3, der sehr schwer war, weil auch noch ein Riesen-Break im Grün war und mit dem ich dann die Fahne getroffen habe. Das war auch ein unglaublich guter Schlag.

SPOX: Abseits von Eagles, Birdies, Pars oder Bogeys: Gab es ein besonders nettes Erlebnis dieses Jahr?

Kaymer: Das Pro-Am von Jarmo Sandelin war unglaublich. Das war so ein Highlight-Erlebnis, das jetzt mit dem eigentlichen Turnier gar nichts zu tun hatte. Und dann die Party danach, das war schon was.

SPOX: Haben Sie sich bereits Ziele für 2008 gesetzt? Den ersten Sieg?

Kaymer: Ich denke, ich muss noch ein paar Mal häufiger an die Tür klopfen. Dann wird es irgendwann so weit sein. Mein erstes Ziel wird wieder sein, meinen "Arbeitsplatz" zu sichern für 2009. Was ein Vorteil für mich sein wird, ist, dass ich jetzt genau planen kann. Dieses Jahr wusste ich bei manchen Turnieren nicht, ob ich ins Feld komme. Dann habe ich jetzt auch schon eine gewisse Erfahrung und kenne viele Plätze.

SPOX: Sie stehen in der Weltrangliste auf Rang 76. Die Top 50 und die damit verbundene Teilnahme bei den Majors ist nicht mehr weit.

Kaymer: Die Top 50 wären natürlich sehr schön. Man muss jetzt mal schauen, wie die ersten Turniere laufen im Januar in Abu Dhabi, Qatar und Dubai. Die Chance ist schon da, unter die ersten 50 zu kommen. Aber wenn es nicht klappt, ist es auch kein Drama.

SPOX: Wenn Sie jetzt in Amerika trainieren, gibt es einen Teil Ihres Spiels, den Sie besonders im Auge haben?

Kaymer: Ich werde ein bisschen mehr am kurzen Spiel arbeiten und das Augenmerk darauf legen. Das kann man in Amerika aufgrund der perfekten Bedingungen hervorragend trainieren.

SPOX: Sie wirken immer so ruhig und beherrscht während der Runde. Fliegt wenigstens im Training mal ein Schläger?

Kaymer: Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben einen Schläger zerbrochen. Ich bin nicht der Typ, der schnell ausrastet. Lieber ruhig und geduldig. Ich denke, das ist eher von Vorteil.