Eskalation zwischen China und Taiwan

SID
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© Getty

Peking - Vor den Olympischen Spielen in Peking zeichnet sich eine bedrohliche Eskalation zwischen China und Taiwan am Horizont ab.

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Chinas kommunistische Führung ist tief besorgt, dass Taiwans Bestrebungen um Unabhängigkeit zu einem offenen Konflikt führen könnten, der alle schönen Olympia-Pläne verderben könnte und ihnen am Ende noch einen Boykott einhandeln könnte.

Zum Auftakt des nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteikongresses in Peking warnte Staats- und Parteichef Hu Jintao, dass die Unabhängigkeitskräfte "gegenwärtig ihre separatistischen Aktivitäten verstärken" und die Beziehungen "ernsthaft in Gefahr bringen". Die Gefahr rührt aber eher daher, dass Peking mit Krieg droht, falls sich die seit 1949 nur als abtrünnige Provinz betrachtete Insel formell abspalten wollte.

IOC stellt sich hinter China

Die dunklen Wolken, die sich hier zusammenziehen, müssten beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) eigentlich Sorge auslösen. Doch hält sich das IOC nicht nur aus dem Streit heraus, sondern stellt sich sogar erkennbar hinter China.
"Wir respektieren die Position Chinas gegenüber Taiwan", sagte der Chef der IOC- Koordinierungskommission für die Spiele, Kevan Gosper, in Peking. "Was politisch in Taiwan passiert, ist wirklich nicht eine Angelegenheit des IOCs, dessen Aufgabe es ist, die Olympischen Spiele mit dem Gastgeber auf die Beine zu stellen."

In den Plänen der demokratischen Inselrepublik für eine Volksabstimmung bei der Präsidentenwahl im März, eine Aufnahme in die Vereinten Nationen als "Taiwan" und nicht mehr als "Republik China" anzustreben, sieht Peking eine Provokation.

"Die Bewerbung um eine Aufnahme in die UN und die Kampagne zur Abspaltung Taiwans gehen an die Grenze", sagte Liu Guoshen, der Leiter des Taiwan-Instituts der Universität Xiamen. "Es ist jetzt eine viel gefährlichere Zeit." Einige Scharfmacher in China sehen mit dem Votum bereits den Punkt für ein militärisches Eingreifen erreicht.

Olympischer Fackellauf nicht durch Taiwan

Wie kompliziert und spannungsgeladen das Verhältnis ist, zeigte der Streit um den olympischen Fackellauf, der jetzt nicht über die Insel führen wird. Taiwan wollte am Wegesrand seine Nationalflagge zeigen und Hymne spielen. Doch Peking verwies darauf, dass die Insel nur als "Chinesisch Taipeh" der Olympischen Bewegung angehört und auch bei Wettkämpfen seine Flagge nicht hissen darf. Da der Fackellauf aber kein Sportwettkampf ist und über Taiwans ureigenes Territorium führt, pochte die Regierung in Taipeh auf ihr Recht, zumindest daheim ihre staatliche Souveränität ausüben zu können.

Doch widersprach IOC-Mitglied Gosper: Der Fackellauf sei ein "integraler Bestandteil der Ausrichtung Olympischer Spiele". Die Verantwortung dafür liege allein beim Austragungsland der Spiele und nicht beim IOC. "Es ist schade. Taiwan hat bereits einen privilegierten Status. Sie hätten das berücksichtigen müssen."

"Beziehungen zwischen Taiwan und China sind höchst gefährlich"

Taiwans Führern hätten ein "kurzes Gedächtnis" über die Ausnahme, die die erst den Verbleib im Olympischen Komitee ermöglichte, als Peking als legitime Vertretung Chinas aufgenommen wurde. Aus sportlichen Gründen hätte Taiwan einen Kompromiss anstreben müssen, fand Gosper.

Da Taiwans Präsident Chen Shuibian immer für Überraschungen gut ist, wächst in Peking die Sorge, dass er darauf setzt, dass China wegen Olympia die Hände gebunden sein könnten. Chinas bereitet sich daher militärisch und organisatorisch auf "unerwartete Zwischenfälle" vor, um schnell reagieren zu können.

"Die Beziehungen zwischen Taiwan und China sind höchst heikel und gefährlich", warnte Professor Gui Jianning von der Peking Universität. Er rechnet vorerst aber nicht mit einem Eingreifen, zumindest nicht vor dem Votum im März - fünf Monate vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking.