Handball - Uwe Schwenker im Interview: "FCB hat bewiesen, dass er nicht nur Fußball kann"

Uwe Schwenker (l.) ist der Präsident der Handball-Bundesliga.
© imago

An diesem Wochenende findet zum zweiten Mal in Folge das Final Four der Handball-Champions-League (Sa., ab 15.15 Uhr im LIVETICKER) ohne einen deutschen Teilnehmer statt. Im Interview mit SPOX hat Uwe Schwenker, der Präsident der Handball-Bundesliga, verraten, wie er die Situation im deutschen Handball bewertet.

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Außerdem sprach der 59-Jährige über eine mögliche Verkleinerung der HBL, den Zoff mit der European Handball Federation (EHF), seinen Ex-Verein THW Kiel, Bundestrainer Christian Prokop und die Möglichkeit eines Einstiegs von Vereinen wie dem FC Bayern oder Borussia Dortmund im Handball.

SPOX: Herr Schwenker, zum zweiten Mal in Folge ist die Bundesliga nicht beim Champions-League-Final-Four vertreten. Müssen wir uns um den deutschen Klub-Handball Sorgen machen?

Uwe Schwenker: Wir müssen das differenziert betrachten. Seit 2007 hat fünf Mal ein deutscher Verein die Champions League gewonnen, 2014 standen sich mit Flensburg und Kiel sogar zwei HBL-Klubs im Endspiel gegenüber. Vor diesem Hintergrund sehe ich das Abschneiden in den vergangenen beiden Jahren aktuell auf keinen Fall mit Sorge, zumal unsere besten Klubs nach wie vor in der Lage sind, jedes andere Team zu schlagen. Klar ist aber, dass es aufgrund verstärkter Konkurrenz eine Herausforderung ist, unserem Selbstverständnis als große Handballnation auch in Zukunft gerecht zu werden.

SPOX: Woran liegt es, dass die HBL-Klubs zuletzt nicht mehr diese Dominanz ausstrahlten?

Schwenker: Das ist ein komplexes Thema. Grundsätzlich ist es aber ja nicht so, dass die deutschen Topklubs auf höchstem Niveau nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Die Rhein-Neckar Löwen sind im Achtelfinale ausgeschieden, weil sie aufgrund der Terminkollision mit dem Bundesligaspiel gegen Kiel ihre zweite Mannschaft nach Kielce geschickt und den Schwerpunkt damit auf die Verteidigung des Meistertitels gelegt haben. Kiel war im Viertelfinale gegen Titelverteidiger Skopje komplett auf Augenhöhe und es fehlte am Ende lediglich ein Tor. Und Flensburg hat beim Rückspiel in Montpellier einen gebrauchten Tag erwischt. Außerdem sollten wir den EHF-Cup nicht vergessen, den in den vergangenen 15 Jahren nur einmal keine deutsche Mannschaft gewonnen hat. Wir sind also im internationalen Vergleich immer noch sehr gut aufgestellt.

Handball-CL: Das Viertelfinale im Überblick

Datum

Uhrzeit

Heim

Auswärts

Ergebnis

Qualifiziert

Mi., 18.04.

19 Uhr

SG Flensburg-Handewitt

Montpellier HB

28:28

So., 29.04.

19 Uhr

Montpellier HB

SG Flensburg-Handewitt

29:17

Montpellier

Sa., 21.04.

18.30 Uhr

Vive Kielce

Paris Saint-Germain

28:34

Sa., 28.04.

17.30 Uhr

Paris Saint-Germain

Vive Kielce

35:32

Paris

So., 22.04.

17 Uhr

THW Kiel

Vardar Skopje

28:29

So., 29.04

17 Uhr

Vardar Skopje

THW Kiel

27:28

Skopje

So., 22.04

19 Uhr

HBC Nantes

Skjern Handbold

33:27

So., 29.04

16.50 Uhr

Skjern Handbold

HBC Nantes

27:27

Nantes

SPOX: Nichtsdestotrotz haben Sie betont, dass die deutschen Klubs ihre Hausaufgaben machen müssen. Was ist damit genau gemeint?

Schwenker: Die Hausaufgabe der Klubs ist es, die wirtschaftlichen und sportlichen Voraussetzungen zu schaffen, um ganz vorne dabei zu sein. Ich möchte an dieser Stelle klar betonen, dass ich vollstes Vertrauen in die handelnden Personen vor Ort habe. Es geht aber auch darum, sich klare Ziele zu setzen, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, um diese dann auch mit Priorität und Nachdruck zu verfolgen. Will ich Deutscher Meister werden, will ich Pokalsieger werden oder möchte ich international ganz weit nach vorne kommen? Diese Fragen muss sich jeder Klub stellen und sich entsprechend rüsten.

SPOX: Vor allem die deutschen Vereine beklagen in diesem Zusammenhang die enorme Belastung als Wettbewerbsnachteil.

Schwenker: Die HBL ist auf hohem Niveau sehr ausgeglichen und die Belastung im Vergleich zu allen anderen Ligen im Ausland entsprechend höher. Im Übrigen macht genau das unsere Bundesliga so erfolgreich und begehrt. Die Spieler, die in Meisterschaft, Pokal, internationalem Wettbewerb und dann noch in der Nationalmannschaft antreten, absolvieren in der Tat ein anspruchsvolles Programm. Dennoch beginnt die Geschichte auch im Kopf. Es ist sicher nicht hilfreich, sich zu intensiv mit dem Thema Überbelastung auseinanderzusetzen und darauf seinen Fokus zu legen. Viel wichtiger ist, passende Schwerpunkte und Rahmenbedingungen zu schaffen. Und es gibt auch den finanziellen Aspekt. Auf der einen Seite wird die zu große Belastung beklagt, auf der anderen Seite möchte man aber in der Champions League unbedingt dabei sein, weil es für Vereine und Spieler um viel Geld geht.

Uwe Schwenker: HBL-Verkleinerung? "Reden kann man über alles"

SPOX: Zuletzt hat Stefan Kretzschmar aufgrund der hohen Belastung gefordert, eine Verkleinerung der HBL von 18 auf 16 Mannschaften dürfe kein Tabuthema sein. Was sagen Sie dazu?

Schwenker: Das Thema ist nicht neu. Reden kann man beinahe über alles. Fakt ist, dass die Bundesliga aus 18 Vereinen besteht und damit erfolgreich fährt. Wer die Anzahl von Klubs verändern will, muss dazu bei unseren Mitgliedern eine Mehrheit bilden. Genau diese Mehrheit plädiert derzeit für den Erhalt der aktuellen Bundesligastärke.

SPOX: Welche Hilfestellung kann die HBL den Vereinen in Sachen Belastung also geben?

Schwenker: Wir als HBL wollen natürlich, dass die Klubs in der Champions League erfolgreich sind. Auch deshalb gibt es einen zum Teil berechtigten Anspruch der Vereine an die HBL. Es sollte uns schon gelingen, dass wir einen Spielplan erstellen, der die Vereine in den entscheidenden Monaten der internationalen Wettbewerbe im Hinblick auf das Bundesligageschehen bestmöglich entlastet. So, dass sich unsere internationalen Flaggschiffe auf die Viertelfinals und das Final Four der Champions League konzentrieren können. Die Klubs sollten einen gewissen Zeitraum bekommen, um sich noch besser auf die internationalen Herausforderungen vorbereiten zu können. Das ist ein Anspruch, den ich selbst an uns habe, hier müssen wir das Optimale möglich machen.

Das ist HBL-Präsident Uwe Schwenker

Geboren

24. März 1959 in Bremen

Position als Spieler

Linksaußen

Vereine als Spieler

TV Grambke-Bremen (1978 - 1980), THW Kiel (1980 - 1992)

Nationalmannschaft

72 Länderspiele, 164 Tore

Erfolge als Spieler

Silbermedaillengewinner bei Olympia 1984

Vereine als Manager/Geschäftsführer

THW Kiel (1993 - 2009)

Erfolge als Manager/Geschäftsführer

u.a. 1 x Champions-League-Sieger, 12 x Deutscher Meister

SPOX: Was ist daran so kompliziert?

Schwenker: Sie dürfen nicht vergessen, dass Handball eine Hallensportart ist. Meistens stehen die Hallen nicht so uneingeschränkt zur Verfügung, wie wir das gerne hätten, weil sie für alle möglichen Veranstaltungen benutzt werden und schon lange im Voraus gebucht sind. Deswegen ist es umso wichtiger, dass es uns gelingt, nationale und internationale Spielpläne zu erstellen, die insgesamt eine bessere Planung zulassen. Natürlich spielt hier auch unsere Nationalmannschaft eine Rolle. Wir haben ein gutes Verhältnis zum DHB und haben der Nationalmannschaft auch gerne Freiräume geschaffen, die es unseren Jungs möglich machen, sich auf Highlights vorzubereiten. Das hat uns als Bundesliga allerdings wiederum Spieltermine gekostet. Wir müssen uns noch einmal mit dem DHB und den Vereinen abstimmen, um für alle Beteiligten bestmögliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Uwe Schwenker über den Zoff zwischen der HBL und der EHF

SPOX: Das hat in dieser Saison mit der EHF weniger gut funktioniert. Es gab in Sachen Terminkollision den absoluten Super-GAU, weshalb die Löwen wie von Ihnen zu Beginn angesprochen die zweite Mannschaft zum CL-Spiel nach Kielce schicken mussten. Die Mannheimer mussten am gleichen Tag in der Königsklasse und in der Bundesliga antreten.

Schwenker: Jeder kann sehen, dass so etwas sportpolitischer Nonsens ist. Von dieser Geschichte hatte wirklich niemand etwas. Am Beispiel der Rhein-Neckar Löwen wird allerdings deutlich, dass es da eine bereits angesprochene Schwierigkeit gibt. Die SAP-Arena ist eine der meist frequentierten Multifunktionshallen Europas, was die Sache für den Handball nicht leichter macht. Umso mehr benötigen wir einen verlässlichen Terminplan für Spiele in der Champions League. Und das möglichst frühzeitig. Für die kommende Spielzeit haben wir uns im Wesentlichen darauf verständigt, Heimspiele auf den Mittwoch zu legen, während wir bisher eine Zeitspanne von Mittwoch bis Sonntag offenhalten mussten. Dennoch ist auch in der kommenden Saison mit Abweichungen zu rechnen. Spätestens mit der Champions-League-Reform 2020 wird es dann feste Spieltermine geben.

SPOX: Die Fronten zwischen HBL und EHF scheinen bei dieser Thematik allerdings völlig verhärtet.

Schwenker: Es gab in den vergangenen Wochen und Monaten deutliche Dissonanzen zwischen HBL und EHF. Das hat allerdings nie dazu geführt, dass wir den Dialog eingestellt haben. Wir sind weiter im Gespräch. Sowohl HBL als auch EHF müssen auf den Weg der Vernunft zurückkehren und eine Lösung im Sinne des Handballs finden. Wir brauchen uns gegenseitig. Wir wollen, dass die deutschen Klubs in den internationalen Wettbewerben der EHF antreten, gleichzeitig weiß die EHF um den Wert der HBL-Vereine und um die Stärke des deutschen Marktes. Ich bin mir ganz sicher, dass wir wieder zeitnah auf eine gute Arbeitsebene zurückfinden werden.