DHB vs. Spanien - das Panel zur Handball-EM: "Prokops Kopf zu fordern, ist völliger Blödsinn"

Für Christian Prokop ist es das erste Turnier als Bundestrainer
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Dem DHB-Team fehlt es an Leadern!

Sascha Staat: Dem DHB-Team fehlt es an Leadern auf der richtigen Position. Hendrik Pekeler würde ich beispielsweise auf jeden Fall als Leader ansehen. Aber er ist Kreisläufer und ein Leader muss eigentlich im Rückraum zu Hause sein, weil dort das Spiel nun einmal gelenkt wird. Die guten Spieler, die wir im Rückraum haben, sind entweder leise oder noch jung. Julius Kühn ist erst seit etwa zwei Jahren dabei, Steffen Weinhold und Kai Häfner sind vom Charakter her leise. Mich würde es freuen, wenn Patrick Groetzki Mittelmann wäre. Das ist ein Spieler, der Emotionen mitgibt. Und was Uwe Gensheimer betrifft, bin ich mir unabhängig von seiner Person nicht sicher, ob ein Außen jemals der richtige Kapitän sein kann.

Felix Götz: Diese Diskussion ist ja nicht neu, auch Christian Schwarzer hat sich beispielsweise vor der EM im SPOX-Interview dazu geäußert. Logischerweise kommt sie immer dann auf, wenn es grade nicht so läuft. Ich weiß, dass es einige Kritiker gibt, die Uwe Gensheimer nicht für den richtigen Kapitän halten. Er ist ein ruhiger Vertreter, die Körpersprache ist nicht immer überragend - und beim Triumph in Polen war er verletzungsbedingt nicht dabei. Trotzdem hat Gensheimer über Jahre hinweg bei den Rhein-Neckar Löwen und auch in der Nationalmannschaft nachgewiesen, dass er ein guter Kapitän ist. Erinnert euch nur mal, unter welchen Voraussetzungen er sich im vergangenen Jahr - sein Vater war gerade gestorben - bereit erklärt hat, bei der WM zu spielen. Das war großartig! Und er wird auch jetzt im Team als Anführer geschätzt. In der Abwehr gibt es mit Lemke eine echte Type, im Tor mit Heinevetter und Wolff gleich zwei davon. Das Problem ist vielleicht eher, wie auch Sascha sagt, dass es im Rückraum keinen echten Leader gibt. Einer der das Heft in die Hand nimmt, wenn es darauf ankommt. Da sehe ich nur Steffen Weinhold, mit Abstrichen.

Olaf Bruchmann: Wir haben in der aktuellen Ausgabe der Handballwoche eine Geschichte mit dem Titel: "Steffen Weinhold, der heimliche Kapitän." Das ist für mich ein Führungsspieler, der nicht viel redet, dafür aber große Taten sprechen lässt. Der eigentliche Kapitän Uwe Gensheimer bleibt bei dieser EM unter seinen Möglichkeiten, er selbst ist am meisten davon enttäuscht, was er hier zeigt. Er spielt in Paris und damit bei einem Topklub, ist Torschützenkönig der Champions League. Man muss einfach Leistung von ihm erwarten - und die zeigt er bislang nicht. Gensheimer ist als Person einfach auch zu ruhig, um in einer Mannschaft der Wortführer zu sein.

Christoph Dach: Diese Erkenntnis ist nicht neu. Im Gegensatz zu anderen Nationen hat Deutschland nun einmal keine Ausnahmespieler wie Nikola Karabatic, Mikkel Hansen oder Joan Canellas. Wenn es nicht läuft, drückst du denen den Ball in die Hand und die wissen schon etwas damit anzufangen. Aber das war vor dem Turnier klar und das will man beim DHB auch gar nicht. Prokop definiert sich und sein Handballkonzept über den Teamgedanken. Und er ist zufrieden, dass er für jede Position mindestens zwei gute Leute hat. Ich sehe kein großes Problem darin. Das DHB-Team ist in der Breite so gut aufgestellt, dass man diese Schwäche kompensieren kann. Für mich ist bislang Weinhold der überzeugendste Spieler im Rückraum, wenn ihr so wollt ein Leader. Und diese Leaderrolle muss zumindest auf dem Platz ja wie schon angesprochen von Rückraumspielern ausgehen.