Zum Teufel mit den Eitelkeiten

Bob Hanning (l.) und Bernhard Bauer (r.) sind sich selten einig
© imago

Der Rücktritt von Präsident Bernhard Bauer ist ein Schlag ins Gesicht des deutschen Handballs, wie Daniel Stephan gegenüber SPOX erklärt. Der DHB darf den eingeschlagenen Weg nicht verlassen, die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich allerdings kompliziert. Vize Bob Hanning muss sich hinterfragen.

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Januar 2015, WM in der Wüste von Katar. Als das DHB-Team mit Bundestrainer Dagur Sigurdsson gerade dabei war, durch tolle Leistungen die Herzen der Fans zurückzuerobern, wurden die tiefen Gräben zwischen Präsident Bernhard Bauer und seinem Vize Bob Hanning erstmals deutlich sichtbar.

Hanning hatte in einem völlig überflüssigen Alleingang Stefan Kretzschmar als neuen Frauen-Bundestrainer ins Gespräch gebracht, was ihm Bauer übel nahm. Es war der Anfang vom Ende einer eigentlich ergiebigen Zusammenarbeit zweier Männer, deren Fähigkeiten unbestritten sind, die aber wohl beide recht überzeugt von sich und deshalb nicht ganz einfach sind.

Ein Beleg dafür sind ernstzunehmende Gerüchte, wonach Bauer nicht nur mit Hanning im Zwist stand, sondern auch das Tischtuch zwischen ihm und seinen Stellvertretern Rolf Reincke, im Verband für die Organisation zuständig, und dem für den Amateur- und Breitensport verantwortlichen Andreas Michelmann zerschnitten gewesen sein soll.

Nicht mehr als ein Burgfrieden

HBL-Präsident Uwe Schwenker trat im Februar am Rande des All-Star-Games jedenfalls als Vermittler auf. Die Probleme zwischen Bauer und Hanning seien aus dem Weg geräumt, hieß es danach. So richtig glauben konnte daran niemand. Eher dürfte es so gewesen sein, dass bereits damals einer der beiden Herren kurz vor dem Aus gestanden hatte.

Bernhard Bauer im SPOX-Interview

Heute ist klar: Es handelte sich zumindest um nicht mehr als einen Burgfrieden. Nun gab Bauer seinen Rücktritt bekannt, der aufgrund der Vorgeschichte eben längst nicht so überraschend kam, wie viele meinen.

"Es ist ein Schlag ins Gesicht des deutschen Handballs, dass es durch irgendwelche Eitelkeiten, Alleingänge oder was weiß ich noch, so gekommen ist. Egal von welcher Person das ausging", sagt der frühere Welthandballer Daniel Stephan im Gespräch mit SPOX: "So ganz schlau werde ich aus dem Rücktritt nicht. Er war der Präsident und er war letztendlich derjenige, der Entscheidungen treffen musste."

Bauer war der richtige Mann

In einem Punkt sind sich alle einig: Bauer war - und zwar eigentlich genau in der Kombination mit Hanning - der richtige Mann am richtigen Ort beim DHB. Unter der Leitung des 64-Jährigen verbesserte sich die jahrelang brüchige Zusammenarbeit zwischen Liga und Verband merklich. Bauer holte die WM 2019 mit nach Deutschland und schaffte es, mit der AOK einen Werbepartner mit Format an den DHB zu binden.

Sein Rücktritt wirbelt vieles durcheinander. Der positive Weg der Modernisierung, den der deutsche Handball unter dem Neckarsulmer eingeschlagen hat, darf nun nicht verlassen werden. Es stellt sich allerdings die Frage, wer Bauers Nachfolge antreten soll?

"Ich habe mir auch Gedanken gemacht, aber ich komme zu keinem Schluss. In meinem Horizont sehe ich keinen Mann, von dem ich sagen würde: Das passt. Es ist eine sehr schwierige Aufgabe", meint Stephan.

Komplizierte Nachfolger-Suche

Heiner Brand, Martin Schwalb oder Andreas Thiel - von den bisher gehandelten Personen kann in der aktuellen Konstellation keine einzige als ernsthafter Kandidat angesehen werden. Brand wäre zwar als Gesicht des deutschen Handballs logisch, eine Zusammenarbeit zwischen dem Weltmeister-Coach und Hanning ist aber schlichtweg unvorstellbar. Ohnehin teilte Brand mit, einen anderen Lebensplan zu verfolgen.

Auch das Verhältnis zwischen Schwalb und Hanning gilt als schwierig. Thiel, langjähriger Nationaltorhüter und derzeit als Justiziar der HBL tätig, möchte kein Präsident werden. Bleibt der frühere Liga-Chef Reiner Witte als Alternative. Er und Hanning - das könnte funktionieren.

"Natürlich muss man berücksichtigen, dass der neue Präsident gut mit dem Präsidium arbeiten kann. Aber man kann jetzt nicht nur nach Leuten mit diesem Anforderungsprofil suchen. Es muss auch fachlich passen. Man muss sich ja nicht zwingend blendend verstehen, um gut zusammenzuarbeiten", sagt Stephan.

Hanning muss sich hinterfragen

Für Hanning könnte es ohnehin ungemütlich werden. Die mächtigen Landesverbände machen kein Geheimnis daraus, die Zusammenarbeit mit Bauer genossen zu haben. Während der Füchse-Macher mit seiner Art des Vorpreschens auch hier bereits einige Personen vor den Kopf gestoßen haben soll. Schon wird spekuliert, dass sich die Landesverbände zusammentun und Hanning zum Rücktritt auffordern könnten.

Patrick Groetzki im SPOX-Interview

Damit wäre das Chaos perfekt und der Neuaufbau endgültig gefährdet, was eigentlich niemand ernsthaft wollen kann. Vielleicht sollte sich Hanning - wie gesagt definitiv fähig und damit wertvoll für den deutschen Handball - einen Rat von HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann zu Herzen nehmen: "Bob muss seine Art der Arbeit hinterfragen und selbstkritisch sein."

Allen muss klar sein, dass es nicht um Eitelkeiten oder Machtspielchen gehen darf. Es steht etwas viel größeres auf dem Spiel: Der Aufschwung des deutschen Handballs.

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