In Hamburg sagt man Tschüss

SID
Guillaume (M.) und Bertrand Gill (r.) gaben immer alles für den HSV. Nach zehn Jahren ist Schluss
© Getty

Es waren emotionale Augenblicke. Guillaume Gille winkte nach dem 37:30 (18:13)-Sieg gegen den VfL Gummersbach ein letztes Mal ins Publikum, sein Bruder Bertrand sog die Atmosphäre mit jeder Faser seines Körpers auf. Nach zehn Jahren ist das Kapitel HSV Hamburg für die beiden französischen Handball-Stars fast geschlossen.

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Noch zwei Auswärtsspiele, dann ist die Saison beendet - und mit ihr eine Ära. Die Gilles waren nach dem Umzug des Vereins 2002 in die Hansestadt die ersten großen Stars des HSV. Sie prägten den Klub. Nun geht es zurück in die Heimat nach Chambery.

In Hamburg lässt das Duo viele Fans zurück. Und einen Klub mit ungewissen Perspektiven. Der HSV ist eine Baustelle. Vielleicht nicht ganz so fragil wie beim Dienstantritt der Gilles, aber nach einer Saison voller Pleiten, Pech und Pannen doch alles andere als gefestigt. Sportlich hinterlassen die Franzosen die größten Löcher. Aber auch Marcin Lijewski geht. Zudem die beiden Routiniers Renato Vugrinec und Zoran Djordjic. Ein neuer Trainer für die kommende Saison ist weiter nicht gefunden.

Auch Schwalb kann Saison nicht retten

"In den nächsten Wochen werden wir unsere Weichen stellen. Wir werden ganz ruhig und mit hanseatischem Kaufmannsdenken an die Sache herangehen", sagt Martin Schwalb zum bevorstehenden Umbruch. Der Ex-Nationalspieler ist eigentlich HSV-Präsident. A

ls die Saison jedoch völlig aus dem Ruder zu laufen drohte, sprang er erneut als Trainer ein. In der vergangenen Saison hatte er den Klub so zur ersten deutschen Meisterschaft geführt. Dieses Mal konnte aber auch der 49-Jährige nicht mehr viel retten.

Die direkte Qualifikation für die Champions League ist im Endspurt wohl kaum noch zu erreichen. Zu allem Überfluss mehren sich die Spekulationen über den bevorstehenden Ausstieg des langjährigen Klub-Mäzens Andreas Rudolph, der insgesamt rund 20 Millionen Euro in den Verein gepumpt haben soll.

So konnte der HSV im vergangenen Jahr zur Nummer eins der Republik werden. Inzwischen ist er nur noch die Nummer drei im Norden. Hinter dem künftigen Meister THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt, die am Mittwoch den Einzug in die Champions League vorzeitig perfekt machte.

"Keiner weiß, was in den kommenden Wochen passieren wird"

"Keiner weiß, was in den nächsten Wochen passieren wird. Die Verantwortlichen werden sich sicherlich bald zusammensetzen und ein neues Konzept zusammenstellen", sagte Guillaume Gille: "Es wird nicht einfach. Andreas Rudolph hat den Verein gerettet und uns jahrelang am Leben gehalten. Wenn so ein Mensch ans Aufhören denkt, muss sich ein Verein neu sortieren."

Die Gilles werden die Entwicklungen aus der Ferne verfolgen. Hamburg verlassen sie mit mindestens einem weinenden Auge. Am Ende könnten sie aber auch einfach nur noch rechtzeitig den Absprung geschafft haben. So bleibt neben Abschiedsschmerz auch Frust.

Bertrand Gille konnte gegen Gummersbach verletzungsbedingt nicht mitwirken. Seine Analyse der Partie: "Ich habe mich von der Idee verabschiedet, dass wir geil spielen können. Ich freue mich einfach, dass wir die zwei Punkte geholt haben."

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