Kiel-Prozess: Freiheitsstrafen gefordert

SID
Uwe Schwenker (l.) und Noka Serdarusic drohen harte Strafen
© Getty

Er saß still da, verdrehte immer wieder die Augen, zog ab und zu die Stirn in tiefe Falten oder schüttelte einfach ungläubig den Kopf. Hin und wieder grinste Uwe Schwenker, einst mächtiger Manager des deutschen Handball-Rekordmeisters THW Kiel, aber eher zynisch, während Oberstaatsanwalt Axel Goos am Mittwoch im Verhandlungssaal 232 der 5. Strafkammer des Landgerichts Kiel sein mehr als dreistündiges Abschlussplädoyer vortrug.

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Und die Ungläubigkeit wurde noch größer, als Goos gegen 15 Uhr des 17. Prozesstages im Handball-Manipulationsskandal das geforderte Strafmaß verlas: Wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Untreue und Betrug fordert die Staatsanwaltschaft für Schwenker eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung sowie eine Geldauflage an eine gemeinnützige Organisation in Höhe von 25.000 Euro.

Für den ehemaligen Trainer Zvonimir Serdarusic, der wie immer stoisch und scheinbar entspannt auf seinem Stuhl lehnte, beantragte Goos ebenfalls auf Bewährung eine Freiheitsstrafe von 17 Monaten. Zudem soll Serdarusic 15.000 Euro Geldauflage an eine gemeinnützige Organisation zahlen.

"Die Belange des Sports sind auf der Strecke geblieben"

Als Grund für die überraschend hohen Forderungen nannte Goos die "große Anzahl konkreter Beweismittel, die den Schluss zulässt, dass betrogen wurde. Ich bin überzeugt davon, dass dem Spiel eine Manipulation seitens der Angeklagten zugrunde lag". Schwenker und Serdarusic sollen die beiden polnischen Schiedsrichter Miroslaw Baum und Marek Goralczyk im Champions-League-Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt gekauft haben.

Begonnen hatte der Oberstaatsanwalt seine Ausführungen mit großen Worten: "Ein denkwürdiger Prozess neigt sich dem Ende entgegen. Ein Prozess, bei dem die Belange des Sports auf der Strecke geblieben sind", sagte Goos, der von einem "Kartell des Schweigens" sprach, das nicht zur Aufklärung beisteuern wollte.

Tatsächlich hatten Schwenker, Serdarusic, dessen Frau und der angebliche Mittelsmann Nenad Volarevic, über den die vermeintliche Schiedsrichterbestechung gelaufen sein soll, ihre Aussagen verweigert.

Zeugen erzählten "unverfrorene Fantasie- und Lügengeschichten"

Und von denen, die ihr Schweigen gebrochen hatten, seien dem Gericht "unverfrorene Fantasie- und Lügengeschichten" erzählt worden, da sich die Versionen einiger der insgesamt 13 vorgeladenen Zeugen in teils entscheidenden Punkten widersprachen. Goos stellte in seinen ausführlichen Formulierungen allerdings klar, dass die Aussagen, die Schwenker und Serdarusic belasten, für ihn deutlich glaubwürdiger waren, als die entlastenden.

Vor allem den Aussagen von Jesper Nielsen kommt eine entscheidende Bedeutung zu, wie Goos sagte. "Was sollte ihn dazu bewegen, eine Falschaussage zu tätigen, dafür fehlt ihm ein Motiv." Der Gesellschafter der Rhein-Neckar Löwen hatte ausgesagt, dass Schwenker ihm gegenüber von der Manipulation erzählt habe, Serdarusic aber der entscheidende Mann dafür wäre.

Der Trainer und dessen Frau hingegen hatten Schwenker beschuldigt - auch in Gegenwart von Löwen-Manager Thorsten Storm und Anwalt Christian Wiegert. "Die Aussagen dieser drei Personen sind meines Erachtens uneingeschränkt glaubwürdig", sagte Goos.

Das wird die Verteidigung, Schwenker-Anwalt Michael Gubitz und Serdarusic-Anwalt Marc Langerock sicherlich anders sehen. Sie haben am kommenden Montag das Wort. Die Urteilsverkündung ist für Ende Januar angestrebt.

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