"Hallo, ich bin Iker"

Von Felix Götz
Iker Romero spielte acht Jahre für Barcelona
© Getty

Beim 31:28-Sieg der Füchse bei Hannover-Burgdorf gab Berlins Iker Romero sein Debüt in der Bundesliga. Dem Rückraumspieler gelangen dabei drei Tore. Beim 29:27-Sieg in Magdeburg steuerte Romero einen Treffer bei. SPOX nimmt das spanische Handball-Idol unter die Lupe und sprach mit Füchse-Manager Bob Hanning über seinen Transfercoup.

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Iker Romero zu den Füchsen Berlin. Als das Gerücht erstmals durch die Medien geisterte, wurde es von den meisten Handball-Experten als völliger Unsinn abgetan. Der spanische Weltmeister vom FC Barcelona in die deutsche Hauptstadt? Undenkbar!

Bob Hanning ging es ähnlich. "Zuerst konnte ich es nicht so recht glauben", sagte der Füchse-Manager im Gespräch mit SPOX über einen Telefonanruf von Romeros Berater. Der sinngemäße Inhalt: Iker möchte in die Bundesliga, nach Berlin. Hanning: "Ich habe ihm direkt erklärt, dass wir nicht Kiel, Hamburg oder die Rhein-Neckar Löwen sind. Und dann wollte er immer noch zu uns kommen."

Geld ist nicht entscheidend

Hanning traf sich während der WM in Schweden persönlich mit Romero und war "unglaublich angetan". Der Transfer wurde abgewickelt, der 31-Jährige unterschrieb einen Vertrag bis 2014 - alles im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Füchse.

Romero verdient in Berlin weniger als in Barcelona, doch das macht ihm nichts aus: "Geld ist nicht mehr das Wichtigste in meiner Karriere. Ich hatte gut dotierte Verträge. Natürlich möchte ich weiter gut verdienen, aber es ist nicht mehr die entscheidende Frage. Handball, der Klub, das Umfeld und die Stadt sind viel wichtiger."

Warum Romero trotz verschiedener Anfragen unbedingt nach Berlin wollte, erklärt Hanning mit einem Augenzwinkern: "Wenn du mal in Barcelona warst, wo willst du denn dann sonst noch hin? Nach Berlin, ist doch klar!"

Der stolze Spanier

Mittlerweile ist die spanische Handball-Legende in der Hauptstadt eingetroffen und hat beim Sieg bei Hannover-Burgdorf immerhin drei Tore beigesteuert. Besonders angetan war er von der Atmosphäre: "Wahnsinn, wie begeistert die Leute hier sind. Die Hallen sind toll. Es kommen viele Zuschauer. Aber genau um das zu erleben, bin ich ja nach Deutschland gekommen."

Die bisherige Zeit hat Hanning in seiner Annahme, alles richtig gemacht zu haben, bestätigt. "Er ist ein stolzer Spanier, der aber keine Star-Allüren hat und ein unglaublicher Mannschaftsspieler ist. Iker ist im Team schon jetzt sehr beliebt", schwärmt er.

Füchse-Kapitän Torsten Laen stimmt Hanning zu: "Iker fragte anfangs sogar, wo er beim Mittagessen sitzen darf. Er hat einen großartigen Charakter." Apropos Essen! Da hat Romero noch so seine Probleme: "Ich habe Angst vor der deutschen Wurst und den Kartoffeln. Die kann ich nicht essen, die mag ich nicht."

Sigurdsson ist begeistert

Die Herzen der Berliner Fans hat er derweil im Sturm erobert - mit nur einem Satz, der aus dem Superstar einen ganz einfachen, sympathischen Jungen werden ließ. Bei der Team-Präsentation stellte er sich im Stile eines Knaben, der zum Schüleraustausch in einem fremden Land weilt, ans Mikrofon und verkündete auf deutsch: "Hallo, ich bin Iker, ich komme aus Spanien, Barcelona."

Romero ließ von Beginn an keine Zweifel daran, dass es ihm um die Sache geht und nicht nur darum, zum Abschluss seiner Karriere noch ein paar Jahre in einer schönen Stadt zu genießen. Er lernt mit einer Lehrerin fleißig deutsch, legt neben den normalen Trainingseinheiten regelmäßig Extraschichten ein. Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson nimmt das wohlwollend zur Kenntnis: "Ich bin begeistert." Allerdings dürfte der Isländer wissen, dass Romero auch dafür bekannt ist, das Leben in vollen Zügen zu genießen.

Der spanische Nationalspieler fährt gern schnelle Autos, mit seiner Familie besitzt er eine kleine Weinkellerei in La Rioja. Und in seiner Heimatstadt Vitoria betreibt er eine Handballschule. Die Förderung des Nachwuchses ist ihm sehr wichtig. Die Füchse sind froh darüber, Romero hat mit dem Berliner Nachwuchs bereits mehrfach geübt.

"Berlin braucht keinen Retter"

Der Rückraumspieler, der laut Hanning auf allen drei Rückraumpositionen eingesetzt werden soll, sieht sich trotz des Hypes um seine Person nicht als Star. Er ist nicht mehr unbedingt einer, der wie beispielsweise Nikola Karabatic ein Spiel im Alleingang entscheiden kann.

Dessen ist sich Romero bewusst: "Ich will mit meiner Art zu spielen der Mannschaft weiterhelfen und meinen Beitrag dazu leisten, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Berlin braucht keinen Retter, es braucht jemanden, der etwas einbringt."

Hanning sieht das ähnlich: "Iker soll der Mannschaft mit seiner Erfahrung und seiner positiven Denkweise helfen. Er ist keiner, der 60 Minuten durchspielen soll. Aber er ist ein Spieler für die besonderen Momente." Was Hanning meint: Romero geht in wichtigen Phasen einer Partie vorneweg.

Romero kein Marketinggag

Fuchsteufelswild wird Hanning derweil, wenn Romero als Marketinggag der Füchse abgestempelt wird. Dann verweist der frühere HSV-Coach zu Recht entschieden darauf, dass die Personalpolitik in Berlin bisher immer mit Augenmaß betrieben wurde. Das sei bei Romero nicht anders gewesen. Er und Sigurdsson wüssten schon, was sie tun. Hanning polterte: "Weder unser Trainer hat drei schwarze Punkte auf gelbem Hintergrund, noch ich."

In der Tat gehen die Füchse mit Romero ein überschaubares Risiko ein. Ziemlich sicher ist nämlich, dass der Spanier kein Theater veranstalten würde, wenn es nicht wie gewünscht laufen sollte. Auf den Fußball übertragen könnte man sagen: Romero ist Lichtjahre von einem wie dem von Wolfsburg an Atletico Madrid ausgeliehene Diego entfernt, der sein eigenes Interesse in schöner Regelmäßigkeit über das Wohl der Mannschaft stellt.

Das hat der Rechtshänder zuletzt in der spanischen Liga Asobal bewiesen. Er hat mit Valladolid, Leon, Ciudad Real und Barcelona alles gewonnen, wurde mit Spanien 2005 Weltmeister. Zuletzt kam er bei Barcelona, wo er zwei Mal die Champions League und zwei Meisterschaften gewann, aber nur noch wenig zum Zug. Dennoch setzte er sich für das Team ein.

Abschied nach acht Jahren

Er blies nie Trübsal auf der Bank, sondern feuerte an und sprach Mut zu. "Meine Aufgabe in Barcelona ist beendet", stellte Romero schließlich nüchtern und ohne nachzutreten fest. Von Verbitterung keine Spur. Er zog die Konsequenzen und ging.

Leicht war das aber beileibe nicht. Acht Jahre lang war Romero bei den Katalanen eine zentrale Figur, die sich zu 100 Prozent mit dem Klub identifizierte: "Ich fühlte mich irgendwie auch sehr traurig, aus Barcelona zu gehen. Barcelona ist mehr als nur ein Verein, das ist etwas ganz besonderes, etwas ganz Großes." In Barcelona gibt es sogar einen Romero-Fanklub, was seinen Stellenwert im Verein unterstreicht.

Ob Romero den Füchsen sportlich tatsächlich weiterhilft, werden schon die nächsten Spiele zeigen. Viel hängt davon ab, ob er gesund bleibt. Er gilt als verletzungsanfällig, besonders seine Knie machten ihm immer wieder zu schaffen. Doch Romero wiegelt ab: "Macht euch keine Sorgen."

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