DHB-Team enttäuscht gegen Ungarn

Von Für SPOX in Jönköping: Florian Regelmann
Enttäuschung beim DHB-Team rund um Pascal Hens. Gegen Ungarn setzte es eine 25:27-Pleite
© Getty

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat bei der WM in Schweden eine katastrophale Niederlage einstecken müssen. Im zweiten Spiel der Hauptrunde verlor das DHB-Team vor rund 2500 Zuschauern in der Kinnarps Arena zu Jönköping gegen Ungarn nach einer über weite Strecken indiskutablen Vorstellung mit 25:27 (12:10). Nicht nur der Halbfinaltraum ist natürlich ausgeträumt, die Qualifikation für ein Olympia-Qualifikationsturnier ist durch die Pleite wieder mächtig in Gefahr geraten.

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Beste deutsche Torschützen waren Lars Kaufmann (5), Michael Kraus (4) und Holger Glandorf (4). Für die Ungarn trafen Gergö Ivancsik (5), Tamas Ivancsik (5) und Carlos Perez (5) am besten.

Der als Minimalziel angestrebte siebte Platz ist für das DHB-Team durch die Niederlage wieder ernsthaft in Gefahr geraten. Man droht, ein Olympia-Qualifikationsturnier und damit London 2012 zu verpassen. Ein Sieg zum Hauptrunden-Abschluss am Dienstag gegen Norwegen (Di., 16 Uhr im LIVE-TICKER) ist auf jeden Fall Pflicht.

Aber selbst dann hat man es nicht in der eigenen Hand. Holt Island gegen Frankreich einen Punkt, kann Deutschland das Spiel um Platz sieben vergessen. Ein beruhigendes Spiel um Platz fünf ist jetzt schon nicht mehr zu packen. Bei einer Niederlage gegen Norwegen würde Deutschland sogar nur um Rang elf spielen - es wäre der Supergau.

Der WM-Spielplan: Alle Spiele, alle Gruppen, alle Topscorer!

Reaktionen:

Heiner Brand: "Es fehlte die Frische. Im Angriff war keine Bewegung, da waren viele Zufallsprodukte dabei. Wir hatten Aussetzer, es schmerzt. Die Mannschaft hat auch heute gekämpft - sie wollte ja, aber Körper und Kopf haben nicht mitgespielt."

Michael Kraus: "Die Einstellung hat von hinten bis vorne nicht gestimmt. So funktioniert das nicht."

Johannes Bitter: "Wir hatten alles in der eigenen Hand und verspielen es wieder. Ich kann mir nicht erklären, was wir da in der zweiten Halbzeit abgeliefert haben. Vorne waren wir zu ineffektiv."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Same procedure as every game. Brand wechselt im Tor. Diesmal ist wieder Bitter an der Reihe. Im Angriff starten erneut Gensheimer, Hens, Kraus, Pfahl, Sprenger und Preiß. Zwischen Angriff und Abwehr tauschen wie gewohnt Kraus und Haaß.

7.: Mein lieber Mann, das DHB-Team lässt Chance um Chance liegen! Fazekas mit unfassbaren Rettungsaktionen! Ungarn erhöht auf 4:1. Auszeit Deutschland.

9.: Ist das eine schwere Geburt! Gegenstoß Deutschland. Sprenger ist auf und davon und scheitert wieder an Fazekas. Preiß holt sich den Abpraller und zimmert den Ball rechts ins Eck.

14.: Wunderschöner Treffer! Hens spielt halblinks auf Kraus, der die Kugel hinter dem Rücken sofort weiterspielt. Gensheimer kommt von außen und dreht den Ball ins lange Eck. Ganz großes Kino!

18.: Kaufmann mit seinem ersten Treffer zum 8:5. Deutschlands Trefferquote jetzt deutlich besser als noch zu Beginn des Spiels.

25.: Bitter ist wieder hellwach und pariert mit der rechten Pranke! Kaufmann trifft per Aufsetzer unter den Querbalken, sein dritter Treffer!

40.: Führung für Ungarn! Bitter hat beim Tempogegenstoß keine Chance. Klein vergibt auf der Gegenseite.

46.: Nächster Treffer für Ungarn, auf der anderen Seite trifft Preiß vom Kreis nur den Pfosten! Das ist nicht zu fassen.

54.: Siebenmeter für Ungarn. Ivancsik nagelt die Kugel rechts oben in den Knick. 23:21 Ungarn.

59.: Sprenger und Gensheimer verstolpern die Konterchance! Mein lieber Mann, solche Dinger darf man nicht auslassen!

60.: Csaszar trifft, die Ungarn jubeln! Das war's.

Ungarn - Deutschland: Das Spiel im Re-Live

Der Star des Spiels: Nandor Fazekas. Nicht nur Deutschland hat überragende Torhüter. Johannes Bitter lieferte erneut eine starke Leistung ab und hielt das DHB-Team mit seinen Paraden im Spiel, aber auf der anderen Seite präsentierte sich Fazekas mindestens genauso stark. Der ehemalige Bundesliga-Keeper (Nettelstedt, Gummersbach) war für die deutschen Werfer oftmals nicht zu überwinden. Fazekas (48 Prozent aller Würfe gehalten) hat neben der deutschen Angriffsschwäche den größten Anteil am Sieg der Ungarn.

Der Flop des Spiels: Der deutsche Angriff. Man könnte jetzt anfangen, einzelne Spieler herauszupicken und zum Beispiel sagen, dass Uwe Gensheimer vor Ewigkeiten das letzte Mal so viele Fahrkarten geschossen haben muss. Oder dass Pascal Hens nicht ein Tor erzielte. Oder dass Holger Glandorf in der ersten Halbzeit nichts anderes tat, als Fehlwürfe und Offensiv-Fouls zu produzieren. Man könnte die Reihe weiter so durchgehen. Mit Mimi Kraus. Mit jedem. Nein, es war der gesamte Angriff, der unterirdisch war. Unkonzentriert, undiszipliniert, unentschlossen. Ohne Druck. Ohne Power. Im Prinzip ohne alles. Oder einfach nur unfassbar schlecht.

Analyse: Von wegen Schwung mitnehmen aus dem Island-Spiel. Das DHB-Team begann aus völlig unerklärlichen Gründen katastrophal. Praktisch jeder Spieler leistete sich Fehlwürfe oder scheiterte am guten Nandor Fazekas im Tor der Ungarn. Vom disziplinierten, strukturieren und entschlossenen Angriffsspiel wie gegen Island war nichts zu sehen. So lag man nach sieben Minuten völlig zu Recht 1:4 hinten, was Brand veranlasste, früh die Auszeit zu nehmen.

Eine Auszeit, die Wirkung zeigte. Angeführt von Bitter, der jetzt nichts mehr reinließ, schlug das deutsche Team mit einem 6:0-Lauf zurück und schien, das Spiel unter Kontrolle zu bekommen. Aber es schien nur so. Denn obwohl Brand durchwechselte und im Angriff phasenweise die komplette zweite Sechs aufs Feld schickte, fand man gegen die kompakte 6-0-Deckung der Ungarn keine Mittel.

Statistik: Die besten Torschützen und die besten Vorbereiter

Mit schlechten Entscheidungen im Angriff lud man den Gegner zu Gegenstößen ein - Ungarn kam wieder ran. Es zeigte sich zum wiederholten Male, dass die DHB-Auswahl riesige Probleme bekommt, wenn sie nicht bereit ist, hart genug für ihre Chancen zu arbeiten. Es benötigte schon einige typische Geschosse von Lars Kaufmann, dass man trotz dieser Vorstellung zur Pause vorne lag. Und dass die Ungarn ihrerseits auf einem sehr überschaubaren Niveau spielten, half natürlich auch.

In der zweiten Hälfte blieben die deutschen Aktionen fahrig. Und es ging weiter mit den Fahrkarten. Die Ungarn bedankten sich und setzten durch die Ivancsik-Brüder immer wieder empfindliche Nadelstiche. Es war nur die logische Folge des deutschen Schlamassels, das Ungarn die Partie drehte und zehn Minuten vor dem Ende mit zwei Toren vorne lag (21:19). Deutschland hatte noch die Chance, wenigstens einen Punkt mitzunehmen, aber der Gegenstoß in der 59. Minute, bei dem Gensheimer den Ball verlor, war bezeichnend für das deutsche Spiel.

Zwei Tage nach dem großartigen Sieg gegen Island hat die deutsche Mannschaft alles vermissen lassen, was sie stark gemacht hatte. Angesichts der zum Teil hanebüchenen Fehler fehlen einem fast die Worte. Es bleibt dabei: Bei dieser Mannschaft weiß man nie, was man bekommt. Krasse Ausschläge nach oben. Oder eben nach unten.

Der Spielplan der Handball-WM 2011