Auf dem Weg zum Großritter

Von Felix Götz
Aron Palmarsson (Mitte) hat in dieser Saison bisher 41 Bundesliga-Tore für den THW erzielt
© Getty

Am Samstag steigt das Spiel der Spiele! Tabellenführer Hamburg (57:5 Punkte) empfängt Verfolger Kiel (56:6) im Kampf um die Meisterschaft. Aufgrund der Verletzungssorgen beim THW rückt Youngster Aron Palmarsson ganz besonders in den Fokus. Das "Wunderkind" aus Island hat alle Qualitäten, um einer der besten Spieler der Welt zu werden. Auch Marcus Ahlm traut dem 19-Jährigen einiges zu, wie er im Gespräch mit SPOX verrät.

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Alfred Gislason hat sich geirrt. Zwei bis drei Jahre würde es dauern, ehe Aron Palmarsson groß rauskommen würde, hatte der Trainer des THW Kiel bei der Verpflichtung des Isländers vor der Saison prognostiziert.

Dann jedoch fand sich der 19-Jährige, der von seinem Heimatverein Hafnarfjördur nach Norddeutschland kam und dort einen Vertrag bis 2013 unterschrieben hat, wesentlich schneller zurecht. Im Nu avancierte Palmarsson zum Publikumsliebling. "Sein Blick für das Spiel ist stark. Und er hat eine super Technik", sagt THW-Kreisläufer Marcus Ahlm im Gespräch mit SPOX.

Entscheidende Rolle gegen Hamburg?

Deshalb traut ihm Ahlm auch zu, beim entscheidenden Spiel um die Meisterschaft am Samstag beim HSV eine gute Rolle zu spielen: "Er hat schon gezeigt, dass er in wichtigen Spielen starke Leistungen bringen kann. Das wird auch gegen den HSV wichtig sein, weil wir einige Verletzte haben."

In der Tat: Kim Andersson (Knieoperation) wird definitiv fehlen. Filip Jicha (Wadenzerrung) und Momir Ilic (Zerrung im hinteren Kreuzband) stehen auf der Kippe.

Palmarssons individuelle Klasse kann helfen, um diese Ausfälle zu kompensieren. Seine nicht vorhersehbaren Sprungwürfe und seine unberechenbaren Kracher aus der Hüfte, dazu seine überragende Spielüberischt: Er lässt teilweise Erinnerungen an seinen Vorgänger Stefan Lövgren hochkommen. "Ja und nein", meint Ahlm dazu: "Ja, weil er wie Lövgren sehr intelligent spielt. Nein, weil Aron natürlich noch viel Erfahrung sammeln muss, bis er da ist, wo Stefan Lövgren war."

"Er macht das sensationell"

Dennoch: Der 14-malige isländische Nationalspieler hat alles, was man braucht, um einer der besten Spieler der Welt zu werden. "Ich war in Arons Alter noch nicht so weit. Und er hat auch mehr Talent als ich. Er macht das sensationell", so Lövgren, der zehn Jahre lang beim THW spielte, gegenüber SPOX.

Und Ahlm pflichtet bei: "Er hat das Potenzial, einer der Besten überhaupt zu werden. Voraussetzung ist natürlich, dass er weiter hart an sich arbeitet."

Gislason schätzt Palmarssons Vielseitigkeit in Angriff und Abwehr und ist sich ohnehin sicher, dass dieser eines Tages der beste Handballer sein wird, den die Heimatinsel der beiden jemals gesehen hat: "Er wird irgendwann besser sein als Olafur Stefansson." Stefansson spielt bei den Rhein-Neckar Löwen und ist Träger des isländischen Großritterkreuzes - gute Aussichten also für Palmarsson.

Probleme mit der Intensität

Das einzige, was dem Fan von Basketball-Superstar Kobe Bryant (Los Angeles Lakers) fehlt, ist Erfahrung. Aber die wird Palmarsson bei seiner Klasse auf allerhöchstem Niveau noch reichlich sammeln dürfen. Bis dahin nimmt es ihm auch in Kiel keiner so richtig übel, wenn er manchmal noch die ein oder andere falsche Entscheidung trifft, was für einen jungen Spieler normal ist.

Während der Youngster vom Talent her bereits fast alles beherrscht, hatte er anfangs etwas Probleme mit der Intensität, die in der Bundesliga an den Tag gelegt wird: "Auf Island haben wir nur einmal die Woche ein Spiel gehabt und nicht jeden Tag zwei Mal trainiert. Für Körper und Kopf ist es hier eine viel größere Belastung - doch es ist zu 100 Prozent das, was ich immer wollte."

Palmarsson - der Bodenständige

Die Gefahr, dass der Rechtshänder bei all dem Lob abheben könnte, besteht offensichtlich nicht. Zum einen würde der sonst eher knorrige Gislason nicht öffentlich von seinem Schützling schwärmen, wenn er es für möglich hielte, dass Palmarsson das Wesentliche aus den Augen verlieren könnte.

Zum anderen lassen Palmarssons Aussagen eine erstaunliche Reife erahnen. "Ich höre und lese alles, aber es übt nicht unbedingt einen größeren Druck auf mich aus. Ich versuche eher, das alles positiv für mich zu nutzen. Es motiviert mich. Jedes Mal, wenn jemand mir Talent und eine gewisse Qualität zuschreibt, dann muss ich diese Dinge meiner Meinung nach neu bestätigen", erklärte Palmarsson, der in Kiel im übrigen fleißig Deutsch lernt und mittlerweile fast alles versteht.

Ahlm kann die Bodenständigkeit Palmarssons nur bestätigen: "Er ist ein ruhiger, zurückhaltender Typ. Einfach angenehm."

Ein Champions-League-Sieger als Onkel

Die Tatsache, dass der Kieler Spielmacher den Trubel um seine Person richtig einordnen kann, ist erklärbar. Er hat viele Familienmitglieder, die mit den Höhen und Tiefen im Hochleistungssport Erfahrung haben. Da wäre beispielsweise Onkel Eidur Gudjohnsen, der als Fußball-Profi unter anderem schon beim FC Chelsea und FC Barcelona aktiv war. Mit Barca gewann der heute 31-Jährige  2009 sogar die Champions League.

Auch Vater Palmar Sigurdsson war Leistungssportler. "Er war der beste Basketballspieler, den Island je hatte", sagt der Sohnemann voller Stolz. Sein Talent für den Handball muss er aber von Mutter Heida Einarsdottir geerbt haben. Die war Nationalspielerin - im Handball.

Verletzungssorgen bei Kiel