"Vielleicht komme ich nach Deutschland"

Von Interview: Florian Regelmann
Luc Abalo gewann mit Frankreich bei den Olympischen Spielen 2008 die Goldmedaille
© Getty

Wenn Luc Abalo abhebt, geht meist ein Raunen durchs Publikum. Bei SPOX spricht der Handball-Artist über Frankreichs Sieg gegen Deutschland und eine mögliche Zukunft in der Bundesliga.
 
 

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Es gibt Handballspieler - und es gibt Handball-Artisten. Luc Abalo gehört ohne Zweifel zur zweiten Sorte. Der 25-jährige Franzose ist nicht nur einer der besten Rechtsaußen der Welt, er ist mit seiner Schnelligkeit, Akrobatik und Grazilität auch einer der aufregendsten Spieler, die es auf diesem Planeten gibt.

Es kann schon mal vorkommen, dass er bei einem Tor waagerecht in der Luft hängt, aber dennoch grandios abschließt. (Video)

Beim 24:22-Sieg von Frankreich gegen Deutschland zum Hauptrunden-Auftakt der EM in Innsbruck blieb Abalo mit zwei Toren für seine Verhältnisse relativ blass, aber allein sein herrliches Tempogegenstoß-Tor zum zwischenzeitlichen 17:10 ließ das Herz jedes Handball-Liebhabers höher schlagen.

Nach dem Sieg der Franzosen sprach Abalo mit SPOX über die Probleme der Equipe Tricolore und einen möglichen Wechsel in die Bundesliga.

SPOX: Monsieur Abalo, das wurde zum Schluss noch mal ganz schön knapp. Die deutsche Mannschaft hätte das Spiel fast gedreht. Wie haben Sie das Spiel erlebt?

Luc Abalo: Ja, Sie haben Recht. Die Deutschen haben sich nie aufgegeben, aber das haben wir auch nicht erwartet. Das deutsche Team hat eine starke Partie abgeliefert und es uns extrem schwer gemacht. Aber am Ende haben wir gewonnen, das ist alles, was zählt.

SPOX: Sind Sie überrascht, dass Deutschland schon jetzt keine Chance mehr auf das Halbfinale hat?

Abalo: Ehrlich gesagt nein. Das heißt nicht, dass ich denke, dass sie keine gute Mannschaft haben. Sie haben eine starke Mannschaft. Aber es gibt bei dieser EM so viele gute Teams. Es ist unglaublich schwer, sich da durchzukämpfen. Fast jedes Spiel ist sehr eng und wird mit einem oder zwei Toren Unterschied entschieden. Es geht ganz schnell, dass man zweimal verloren hat - und schon bist du raus.

SPOX: Auch Frankreich hatte im Verlauf des Turniers schon Probleme. Es begann mit dem Unentschieden gegen Ungarn. Das Team wirkt nicht so übermächtig, wie alle gedacht haben. Was ist das Problem?

Abalo: Ich würde nicht von großen Problemen sprechen. Wir sind bislang einfach nicht an unsere Leistungsgrenze herangekommen. Wir können besser spielen, als wir es gezeigt haben, aber das sagt wahrscheinlich jede Mannschaft. Wir haben einige Passagen im Spiel, in denen wir im Angriff nicht genug Lösungen finden, aber grundsätzlich stehen wir gut da.

SPOX: Dennoch würde man sich von einem Team dieser Güte mehr Spielwitz erwarten. Für jeden war Frankreich mit Abstand die Nummer eins auf der Favoritenliste...

Abalo: (lacht) Da haben sich alle eben geirrt. Nein, im Ernst. Jeder sagt immer, dass wir eine große Mannschaft sind. Dass wir Weltmeister und Olympiasieger sind. Das stimmt ja auch, aber das ist alles Vergangenheit. Wir müssen uns auch bei jedem Turnier wieder neu einstellen und beweisen, dass wir die Besten sind. Das ist nicht so einfach.

SPOX: Einige Spieler wie Nikola Karabatic oder Daniel Narcisse wirken müde. Ist es vielleicht auch schwer, sich für ein Turnier zu motivieren, wenn man alles schon gewonnen hat und zudem seit Jahren kaum Pausen zum Regenerieren hat?

Abalo: Wir haben definitiv kein Motivationsproblem. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist sehr gut. Wir sind heiß darauf, dieses Turnier zu spielen und einen weiteren Titel zu gewinnen. Der schönste Sieg in meiner Karriere war die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen, aber jetzt will ich wieder Europameister werden.

SPOX: Wer ist der Leader in der Equipe Tricolore?

Abalo: Wir haben in dem Sinne keinen einzelnen Spieler, der der große Anführer ist. Die Verantwortung ist bei uns auf vielen Schultern verteilt. Im Prinzip sind wir einfach alle Freunde, die zusammen Handball spielen.

SPOX: Für viele Experten sind Sie der beste Rechtsaußen, den es im Welt-Handball gibt. Macht Sie das stolz?

Abalo: Es ist natürlich schön, solche Komplimente zu bekommen. Es freut mich, wenn die Leute eine hohe Meinung von mir haben. Aber ich weiß auch, dass es außer mir noch so viele andere gute Spieler auf meiner Position gibt.

SPOX: Wie haben Sie es geschafft, der Spieler zu werden, der Sie heute sind?

Abalo: Ich habe kein besonderes Erfolgsgeheimnis. Hart arbeiten und immer bescheiden bleiben, das ist mir immer wichtig gewesen.

SPOX: Sie spielen aktuell bei Ciudad Real in Spanien. Wie wäre es, mal in Deutschland in der Bundesliga zu spielen in der Zukunft?

Abalo: Das wäre sicher schön. Wer weiß, was die Zukunft für mich bereithält. Vielleicht komme ich eines Tages nach Deutschland.

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