"Kiel und Hamburg nicht stärker als wir"

SID
Olafur Stefansson gewann in diesem Jahr mit Ciudad Real das Champions-League-Finale gegen Kiel
© Imago

In seiner Kolumne für SPOX erklärt Oliver Roggisch vor dem Saisonstart, warum die Löwen in den Titelkampf eingreifen können. Außerdem schwärmt er von einem Mathematiker und erzählt von einem Monster-Erlebnis auf dem Hockenheimring.

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Liebe Handball-Fans,

da bin ich wieder! Seit ich mich das letzte Mal gemeldet habe, ist eine Menge passiert. Nach der letzten Saison habe ich erst einmal einen richtig schön langen Urlaub genossen. Ich war zwei Wochen in Ägypten zum Tauchen und das war echt perfekt, um den Kopf frei zu bekommen.

Es war der erste längere Urlaub seit langem, im vergangenen Jahr ging es nach den Olympischen Spielen direkt weiter. Im Endeffekt war es jetzt auch so, dass ich wieder richtig Lust auf Handball hatte, als die Vorbereitung angefangen hat.

Wir waren in Kopenhagen im Trainingslager und hatten eine gute Zeit dort. Unser neuer Coach Ola Lindgren hat sehr darauf geachtet, dass es nicht zu eintönig wird. Wir waren zum Beispiel mit dem ganzen Team beim Golfen oder beim Kickbox-Training - das waren coole Geschichten, die Fun gemacht und zwischendurch immer mal wieder Abwechslung reingebracht haben. Es hat auch die Mannschaft ein Stück näher zusammengebracht.

"Stefansson ist ein Spieler von Weltformat"

Wir haben einige Neuzugänge zu integrieren, das geht nicht von heute auf morgen, aber es läuft alles schon sehr gut. Jeder bringt sich ein und jeder bringt uns als Team nach vorne. Mit Olafur Stefansson haben wir einen Spieler von absolutem Weltformat dazubekommen.

Klar sind Narcisse, Vori und Duvnjak Top-Neuzugänge, aber Stefansson ist mindestens so eine große Nummer wie die anderen Jungs. Stefansson hatte ja niemand mehr groß auf dem Zettel, als er bekannt gegeben hatte, dass er von Spanien nach Dänemark in die dritte Liga wechselt. Jeder hat sich gefragt, was das denn soll und ich bin einfach nur froh, dass er doch irgendwie bei uns gelandet ist und ich mit ihm zusammenspielen darf.

Er ist nicht nur ein Riesenspieler, sondern auch ein Riesenmensch. Auf dem Feld ist er für mich immer der Mathematiker unter den Handballern. Bei ihm hat es nie viel mit Kraft zu tun, er ist mehr der Denker und Lenker - ein verkappter Spielmacher auf der Halbposition.

"Ich war abends müde, aber nie komplett tot"

Neben Stefansson ist bei uns die größte Änderung, dass wir zwei neue Trainer haben. Mit Ola Lindgren und Kent-Harry Andersson hätten wir es nicht besser treffen können. Ola und Kent-Harry ähneln sich sehr, sind beides eben Schweden, kennen sich seit Ewigkeiten, vertrauen sich und haben die gleiche Vorstellung, wie Handball aussehen muss.

Wenn der eine etwas nicht sieht, sieht es der andere - es ist absolut Gold wert, so ein erfahrenes Duo auf der Bank zu haben. Was mir besonders gut gefällt, ist, dass sie auf der Bank so eine Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Egal bei welchem Spielstand. Sie können einem in jeder Phase super Tipps geben und es ist nicht gleich immer ein Riesentrara auf der Bank. Das ist sehr angenehm.

Für mich war die Vorbereitung auch deshalb so interessant, weil du bei einem neuen Trainer nie weißt, was an einem Tag auf dich zukommt. Wenn du lange mit einem Trainer zusammenarbeitest, weißt du ungefähr, was wann so abläuft, das wusste ich dieses Mal nicht und das war gut für den Kopf. Im Training hat Ola viel mit Intervallläufen gearbeitet und alles gut dosiert.

Ich war zwar müde abends, aber nie komplett tot. Von den Ergebnissen war die Vorbereitung zwar durchwachsen, aber es ist ja nicht Sinn der Sache, bei einem Vorbereitungsturnier in Höchstform zu sein, sondern zum Saisonstart. Ich bin mir sicher, dass wir voll da sein werden, wenn es losgeht. Wir wollen in dieser Saison wieder einen Schritt nach vorne machen.

"Der Meisterschaftskampf wird enger als zuletzt"

Viele schätzen Kiel und Hamburg vielleicht stärker als uns ein, aber ich sehe nicht, dass die über uns stehen würden. Es gibt drei Teams, die auf Augenhöhe sind und da ist es schwierig, einen Topfavoriten auszumachen. Daniel Narcisse ist ein Spieler, den jedes Team gerne in seinen Reihen hätte und der den Unterschied ausmachen kann, aber man muss auch sehen, dass Kiel wichtige Spieler verloren hat. Auch der HSV muss sich finden.

Kiel, Hamburg und die Löwen schenken sich nicht viel. Es wird im Kampf um die Meisterschaft enger zugehen als zuletzt. Alle drei Teams haben enormes Potenzial und einen breiten Kader. Wir werden sehen, ob es für uns ganz nach oben reicht.

Zum Schluss möchte ich euch noch etwas aus meinem Leben abseits der Handballplatte erzählen. Ich war vor nicht allzu langer Zeit mal auf dem Hockenheimring und habe da richtig Gas gegeben und es krachen lassen. Ich hatte am Anfang echt Respekt vor den Autos, das sind richtige kleine Monster, aber es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Das muss ich unbedingt wiederholen.

Bis zum nächsten Mal,

Euer Oliver Roggisch

Oliver Roggisch, 30, spielt seit 2007 bei den Rhein-Neckar Löwen. Der 1,99 m große Kreisläufer und Abwehrspezialist startete seine Karriere beim TuS Schutterwald, bevor es ihn zu Frisch Auf Göppingen zog. Weitere Stationen waren TuSEM Essen und der SC Magdeburg. Mit der Nationalmannschaft wurde er 2007 Weltmeister. Mehr Infos zum SPOX-Kolumnisten gibt's unter http://www.oliver-roggisch.de/.

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