Gummersbacher Märchen soll sich auszahlen

SID
Momir Ilic war einer der Garanten für den EHF-Pokalsieg des VfL Gummersbach
© Getty

18 Jahren haben sie in Gummersbach auf einen Titel gewartet, 26 sogar auf einen europäischen -  jetzt soll sich der Sieg im EHF-Pokal für den Traditionsverein auszahlen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Nach 18 Jahren ohne Titel und 26 Jahren ohne Europapokal hatten sie das Jubeln schon ein wenig verlernt. Als Momir Ilic, der Kapitän des frisch gekürten EHF-Pokalsiegers VfL Gummersbach, den Teamkollegen die lang ersehnte Trophäe entgegenstreckte, löste sich der Deckel des Silberpotts und fiel dem Serben auf den Kopf.

Die 14.321 Zuschauer in der Kölner WM-Arena wussten dagegen genau, was zu tun war. Bereits zehn Minuten vor Abpfiff des 26:22-Sieges im Final-Rückspiel gegen den slowenischen Meister RK Gorenje Velenje brachten sie ihren Handball-Helden Standing Ovations dar und sangen: "Oh wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen!"

Heiner Brand am Spielfeldrand

Wie lange genau, das offenbart ein Blick in die Handball-Geschichtsbücher. 1991 feierte der VfL Gummersbach die zwölfte und bis dato letzte deutsche Meisterschaft, 1983 holte der VfL zuletzt eine europäische Trophäe. Bundestrainer Heiner Brand, einer der Helden des letzten Europacup-Erfolges, verfolgte die letzten Minuten stehend am Spielfeldrand und war als einer der ersten Gratulanten zur Stelle.

"Die Stadt und der Verein können den Erfolg gut gebrauchen. Man sieht ja, was hier abgeht", sagte Brand und brachte die Bedeutung dieses Sieges auf den Punkt, den Trainer Sead Hasanefendic "das Ende eines Märchens" nannte. "Es ist die Krone, die Belohnung für Ausdauer, Emotion, Leidenschaft, Disziplin und harte, harte Arbeit", sagte der 60-jährige Kroate.

Der VfL wie im Rausch

Diese Krönung war nach dem 29:28 im Hinspiel beim Rückspiel am Pfingstmontag nicht mehr in Gefahr. Wie im Rausch hatten die Gummersbacher die Partie begonnen und den slowenischen Meister auch dank des überragenden Keepers Goran Stojanovic nie zur Entfaltung kommen lassen. "Wir konnten diese Partie einfach nicht verlieren", sagte Hasanefendic nach dem Spiel, "nicht bei dieser Atmosphäre."

Für den Verein stand in diesem Wettbewerb noch mehr auf dem Spiel als an die glorreichen Zeiten von früher anzuknüpfen. Der VfL trägt schwer an finanziellen Altlasten in Höhe von rund drei Millionen Euro, musste sogar einen Teil der Spielergehälter der vergangenen drei Monate stunden und erhält die Bundesliga-Lizenz nur unter Bedingungen.

Wenigstens ein deutscher Sieg

Nach den Finalniederlage des THW Kiel in der Champions League und der HSG Nordhorn im Pokalsieger-Wettbewerb als einziger deutscher Verein in dieser Saison einen Europapokal gewonnen zu haben, soll nun so schnell wie möglich die Sponsorensuche ankurbeln, obwohl Topspieler Ilic den Verein wohl Richtung Kiel verlassen wird.

"Noch hat sich kein Supersponsor gemeldet", sagte Geschäftsführer Francois-Xavier Houlet, "aber ich bin sehr zuversichtlich." Doch der Franzose, der selbst von 1999 bis 2007 das Gummersbacher Trikot trug, mochte am Abend des erlösenden Erfolges nicht allzu viele Worte über das Thema Geld verlieren.

Schließlich hatte ihm Goran Stojanovic kurz zuvor erklärt: "Das Gehalt kommt zu spät, aber dafür spiele ich nicht. Ich spiele für genau solche Momente." Und so stand der ausgelassenen Feier mit den Fans, die vor einem Party-Truck an der Arena warteten, nichts mehr im Wege.

In diesem Fall offenbarte Trainerfuchs Hasanefendic jedoch Lücken in der Vorbereitung: "Ich war so auf das Finale konzentriert, dass ich das Protokoll für den Teil danach nicht gelesen habe. Ich werde wohl einfach den anderen folgen."

News und Hintergründe zum Handball