"Wir sind nur Gast in eigener Halle"

Von Interview: Stefan Maurer
In Seemanns-Kluft feierten die Spieler des HSV Hamburg den Pokalsieg 2006 in der Color Line Arena
© Getty

Martin Schwalb, Trainer des HSV Hamburg, spricht bei SPOX über die emotionale Rückkehr von Nationalspieler Oleg Velyky nach seiner Krebserkrankung, die Rolle des Handballs in Deutschland und das Final Four um den Deutschen Pokal in der Hamburger Color Line Arena am Wochenende.

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SPOX: Herr Schwalb, wie emotional war am Dienstag Oleg Velykys Rückkehr ins Team nach seiner Krebserkrankung?

Martin Schwalb: Olegs Auftritt gegen Balingen war etwas ganz besonderes. Nicht nur für unsere Fans, die einfach toll reagiert und ihn weiter aufgebaut haben, sondern vor allem für die Mannschaft. Es waren tolle Momente für alle.

SPOX: Was bedeutet seine Anwesenheit für das Team?

Schwalb: Oleg Velyky kann ein Spiel lenken, sobald er auf dem Feld steht. Er ist vielleicht von der Fitness her noch nicht bei 100 Prozent, aber seine Präsenz auf der Platte ist schon wichtig.

SPOX: Haben sie in Ansprüche an ihn oder kann er langsam seinen Weg zurück in die Mannschaft finden?

Schwalb: Im Balingen-Spiel hat man gesehen, was von einem Oleg Velyky alles zu erwarten ist,. Das braucht aber noch Zeit. Jetzt freut sich die gesamte Mannschaft, dass er wieder mit von der Partie ist und selbst diesen unheimlichen Spaß am Handball ausstrahlt.

SPOX: Wird er am Wochenende beim DHB Final Four in eigener Halle auflaufen?

Schwalb: Oleg trainiert schon länger mit der Mannschaft und er hat gegen Balingen ein sehr ordentliches Spiel gemacht. Ob es für einen Einsatz beim Final Four reicht, werden wir sehen.

SPOX: Ist es schwierig ihre Spieler so kurz nach dem Ausscheiden im CL-Halbfinale gegen Ciudad Real auf das Final Four vorzubereiten?

Schwalb: Wir haben bei Ciudad Real ein sehr gutes Spiel abgeliefert und sind nur knapp ausgeschieden. Auf diese Leistung bauen wir auf.

SPOX: Sind die Spieler nach dem knappen Ausscheiden zusätzlich motiviert?

Schwalb: Die Motivation ergibt sich schon aus dem tollen Ereignis. Die Champions League haben wir abgehakt und schauen jetzt nur auf das Final Four. Darauf liegt unsere ganze Konzentration.

SPOX: Im Halbfinale gegen Gummersbach ist ihr Team Favorit: Besteht die Gefahr den VfL zu unterschätzen?

Schwalb: Gummersbach spielt eine tolle Saison und steht nicht nur im Halbfinale des DHB-Pokal, sondern auch im Finale des EHF-Pokal. Unterschätzen werden wir den VfL von daher ganz sicher nicht. Das Final-Four-Feld ist in diesem Jahr ohnehin sehr eng, großen Favoriten sehe ich da keinen.

SPOX: Sie haben auch den Heimvorteil auf ihrer Seite: Fluch oder Segen?

Schwalb: Wir spielen zwar in unserer Halle, sind aber mit unseren Fans doch nur Gast in der Color Line Arena. Jeder Verein hat das gleiche Kontingent an Karten bekommen. Vielmehr ist es so, dass sich die Fans der anderen drei Vereine schon mal gegen uns verbünden. Damit müssen die Spieler aber umgehen können.

SPOX: Wie würden sie die Final Four-Atmosphäre bescheiben?

Schwalb: Das Final Four ist eine ganz besondere Veranstaltung mit einer ganz besonderen Atmosphäre, auf die sich die gesamte Mannschaft freut - mich inklusive. Ich bin schon stolz, dass wir in diesem Jahr wieder dabei sein können, und wir werden alles dafür tun, ein erfolgreiches Turnier zu spielen.

SPOX: Gibt es im Welthandball eine vergleichbare Veranstaltung?

Schwalb: Es ist sehr, sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, etwas Vergleichbares im Handball zu finden. Auf jeden Fall würde die Suche sehr lange dauern. Das Final Four ist eine außergewöhnliche Veranstaltung, auf die die HBL auch stolz sein kann.

SPOX: Ist das Final Four Balsam auf die geschunden Handball-Seele?

Schwalb: Wenn ich sehe, wie sehr sich hier in Hamburg jeder auf das Final Four freut, und wenn man auch sieht, wie viele Zuschauer zu unseren Spielen kommen und uns unterstüzen - die Color Line Arena ist bei fast jedem Spiel voll - dann sehe ich die Position des Handballs als Sport derzeit nicht schwächer als etwa vor dem letzten Final Four.

SPOX: Sie stehen im Final Four, haben das CL-Halbfinale erreicht und kämpfen in der Bundesliga um Platz zwei: Wie bewerten Sie ihre Saison bisher?

Schwalb: Es ist schön zu sehen, wie die Mannschaft sich ihre Erfolge erarbeitet. Wir haben ein sehr homogenes Team, mit dem die Arbeit viel Spaß macht. Zugleich sind wir uns schon im Klaren, dass wir in der Bundesliga-Hinrunde einige Punkte liegen gelassen haben, mit denen wir nun vielleicht noch etwas weiter wären. Das Champions-League-Halbfinale hat aber gezeigt, auf welchem Leistungsstand wir sind. Und wenn ich das sehe, dann halte ich in Zukunft noch einiges für möglich. Am Wochenende werden wir alles dafür geben, in dieser Saison noch einen Titel zu feiern.