"Ich bin gegen die Shot-Clock"

SID
Oliver Roggisch fordert eine klare Regelung für das Zeitspiel
© Getty

In seiner Kolumne für SPOX äußert sich Löwen-Abwehrchef Oliver Roggisch zur Zukunft des Handballs und verrät, was er verändern würde. Außerdem erklärt der 30-Jährige, in welchem Bereich Deutschland im internationalen Vergleich hinterher hinkt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Liebe Handball-Fans,

fast jeden Tag gibt es neue Enthüllungen in der Manipulationsaffäre. Es kommen immer mehr Sachen ans Licht, und das ist auch gut so.

Dann gibt es vielleicht einmal einen großen Knall, aber danach kann man nach vorne schauen. Ich hoffe, dass die Sponsoren und Fans uns die Stange halten und wir aus der Situation einigermaßen gut herauskommen.

Diskussion über Regeländerungen

Aufgrund der Geschehnisse wurde auch schon darüber diskutiert, ob man den Handball verändern müsse. Klar ist für mich, dass die Schiedsrichter nicht weit vor dem Spiel feststehen und Kontakt zu den Vereinen haben dürfen - da ist auch die EHF gefragt, dass sie jemanden abstellt, der die Schiedsrichter an einem Spieltag begleitet.

Was die Spielregeln angeht, sollte man sich zusammensetzen und auch die Spieler fragen, was sinnvoll wäre. Wie wir alle wissen, ist es die Schwäche des Handballs, dass es viele Grauzonen gibt. Es fallen entscheidende Tore und man kann es so oder so auslegen.

Zeitspiel muss klar definiert werden

Ganz frappierend ist es beim Zeitspiel. Der eine Schiedsrichter lässt noch drei Pässe zu, wenn die Hand oben ist, der andere aber sechs oder sieben.

Da muss es eine klare Regelung geben, so dass ich weiß: Okay, die Hand ist oben, jetzt habe ich noch drei Pässe, dann muss ich werfen.

Eine Einführung der Shot-Clock wie im Basketball wäre mir dagegen zu radikal. Da bin ich dagegen. Ich glaube, das würde nur zu vielen wilden Würfen führen. Der Handball ist gut so wie er ist. Ein paar kleine Veränderungen wären gut, aber nicht mehr.

Profi-Schiedsrichter nicht umsetzbar

Ein Profi-Schiedsrichter wäre wünschenswert, aber der muss bezahlt werden und das erscheint mir nicht umsetzbar. Dennoch könnte man den Job eines Schiris etwas angenehmer gestalten.

Es kann ja eigentlich nicht sein, dass ein Referee bis mittags arbeitet, dann fünf Stunden irgendwo hinfährt und dann ein wichtiges Spiel pfeift. Er muss sich genauso vorbereiten können, wie wir Spieler es auch tun.

Ein Video-Beweis im Handball ist auch keine Option. Der würde ja nach jeder Kleinigkeit verlangt werden. Stand der jetzt im Kreis oder nicht? Das ist nicht umsetzbar. Schiedsrichter machen genauso wie Spieler Fehler, wir sollten ihnen in der Regelauslegung helfen und dann passt das auch.

Nationalmannschaft vor guter Zukunft

Wenn wir schon bei der Zukunft des Handballs sind, möchte ich auch noch zur Zukunft des deutschen Handballs etwas sagen. Um die Zukunft der Nationalmannschaft ist mir gar nicht bange. Wir haben bei der WM mit einer sehr jungen Truppe gut gespielt und unsere Jugend- und Junioren-Teams sind absolut top.

Viele Talente spielen zwar nicht in den Top-Klubs, aber die Liga ist so ausgeglichen, dass sie sich auch gut weiterentwickeln können, wenn sie bei einem Team spielen, das im Mittelfeld steht. Irgendwann machen sie dann den Sprung. 

Michael Müller wechselt zur nächsten Saison zu uns und ich bin mir sicher, dass er den nächsten Schritt machen wird. Eine Ausländer-Quote braucht es gar nicht unbedingt, wir wollen ja, dass die Top-Ausländer in Deutschland spielen.

Top-Nationen körperlich stärker

Schön wäre es aber, wenn sich die Vereine im Zweifelsfall gegen einen mittelmäßigen Ausländer und für den jungen Deutschen entscheiden würden. Das ist auch das, was Heiner Brand, glaube ich, immer anprangert.

Im Fußball betont Joachim Löw zuletzt immer, dass Deutschland aufholen muss im Vergleich zu England vor allem. Im Gegensatz zum Fußball haben wir mit der Bundesliga die stärkste Liga der Welt, aber dennoch gibt es auch im Handball etwas, das uns andere Nationen wie die Franzosen oder Kroaten voraushaben. Die sind körperlich stärker als wir.

Es liegt sicher auch daran, dass die gezielter im Kraftbereich trainieren können, weil deren Ligen nicht so gut sind und sie nicht wie wir alle drei Tage ein schweres Spiel haben. Trotzdem: In diesem Punkt ist Deutschland etwas hinten dran. Das gilt es zu verbessern.

Bis zum nächsten Mal

Euer Oliver Roggisch

Oliver Roggisch, 30, spielt seit 2007 bei den Rhein-Neckar Löwen. Der 1,99 m große Kreisläufer und Abwehrspezialist startete seine Karriere beim TuS Schutterwald, bevor es ihn zu Frisch Auf Göppingen zog. Weitere Stationen waren TuSEM Essen und der SC Magdeburg. Mit der Nationalmannschaft wurde er 2007 Weltmeister. Mehr Infos zum SPOX-Kolumnisten gibt's unter http://www.oliver-roggisch.de/.

Bundesliga: Ergebnisse und Tabelle