Ein Weckruf zur rechten Zeit

Von Florian Regelmann
Die DHB-Auswahl fand gegen Serbien lange gar nicht ins Spiel
© Getty

Mit einem Sieg gegen Norwegen (17.15 Uhr im LIVE-TICKER) steht Deutschland im Halbfinale. Eines ist klar: Es muss eine Steigerung her, sonst droht ein böses Erwachen.

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Sieg mit zehn Toren Vorsprung gegen Mazedonien, Sieg mit sieben Toren Vorsprung gegen Polen - die deutsche Handball-Nationalmannschaft hatte sich in den letzten beiden Spielen der Vorrunde in einen Rausch gespielt.

In einen Rausch, der nicht normal ist. Man gewinnt angesichts der Ausgeglichenheit im Welthandball nicht so deutlich gegen gute Teams. Tut man nicht.

Ein normales Spiel auf Weltniveau schaut anders aus. So wie das 35:35 gegen Serbien zum Hauptrundenauftakt. Dramatisch, nervenaufreibend, furchtbar eng eben.

Mit einem Sieg ins Halbfinale?

Schon allein aus diesem Grund gibt es keinen Anlass, sich nach einem schwächeren Auftritt der Truppe von Heiner Brand gleich große Sorgen zu machen.

Erstens kann ein Durchhänger in einem langen Turnier immer vorkommen und zweitens ist nichts passiert. Siegt Deutschland heute gegen Norwegen, steht man vorzeitig im Halbfinale.

"Zwei Punkte wären am Ende vielleicht auch des Guten zuviel gewesen. Kein Vorwurf an die Mannschaft: Es war das sechste Spiel in sieben Tagen. Wir haben trotz des schlechten Spiels einen Punkt gewonnen", meinte Brand nach dem Remis gegen Serbien. Man muss es sich vor Augen führen, um zu verstehen, warum es ein gewonnener Punkt war.

Lange Mängelliste

Denn er kam zustande, obwohl man im Prinzip ohne Torwart spielte (Bitter und Lichtlein hielten ganze vier Bälle). Obwohl man niemanden deckte. Obwohl weder im linken Rückraum (Hens) noch im rechten (Glandorf) über weite Strecken auch nur ansatzweise Normalform erreicht wurde.

Obwohl der neue Rechtsaußen-Star Christian Schöne (1/10) einen rabenschwarzen Tag erwischte. Obwohl man das teilweise chaotische Spiel der Serben mitspielte, von Systemen im Angriff nichts zu sehen war, man sich in Einzelaktionen verstrickte und zudem noch haufenweise technische Fehler beging.

Die Liste wäre noch verlängerbar. Dass zum Beispiel ein Kreisläufer auf absolutem Topniveau, der für die Schützen Freiräume schafft, schmerzlich vermisst wird, wurde überdeutlich.

Dennoch wurde das Spiel nicht verloren. Weil die Mannschaft kämpfte und dazu einen überragenden Torsten Jansen (10 Tore), einen passablen Michael Kraus und einen Martin Strobel hatte, der zum ersten Mal im Turnier mit dynamischen Aktionen so richtig aufhorchen ließ.

Keine Chance gegen Kroatien und Frankreich

Auch wenn vieles falsch läuft, irgendeiner springt immer in die Bresche in der DHB-Auswahl. Das ist das Gute. Dennoch darf man im deutschen Lager nicht die Augen vor der Realität verschließen.

Man kann davon ausgehen, dass im deutschen Hotel während der WM auch die anderen Spiele aus den anderen Gruppen im TV laufen.

Wenn man dann sieht, was die Topfavoriten Kroatien und Frankreich bislang auf die Platte brachten, muss man sich ehrlicherweise eingestehen, dass man noch ein ganzes Stück von der Form entfernt ist, mit der man diesen beiden Mannschaften ab dem Halbfinale begegnen will.

Kraus warnt

Eine Leistung wie gegen Serbien würde gegen Kroaten oder Franzosen in einem Debakel der ganz üblen Sorte enden.

Der Kapitän scheint das auch schon erkannt zu haben. "Das Spiel war ein Weckruf für uns alle", warnte Kraus nach dem Serbien-Spiel eindrücklich.

Es bleibt zu hoffen, dass es ein Weckruf zur rechten Zeit war. Nicht unbedingt im Hinblick auf die restlichen Spiele in der Hauptrunde, aber schon im Hinblick darauf, was danach kommt.

Der Spielplan der deutschen Mannschaft