Hens: "Es geht mir auf den Sack"

Von Daniel Börlein
Heiner Brand haderte gegen Norwegen mit den Entscheidungen der Schiedsrichter
© Imago

In einem echten Krimi unterlag Deutschland bei der WM in Kroatien Norwegen mit 24:25 (12:12) und muss nun um den Einzug ins Halbfinale bangen. Schon ein Unentschieden hätte wohl für die vorzeitige Qualifikation für die Runde der besten vier Mannschaften gereicht. Doch zwei Verletzungen und zwei Schiedsrichter machten der DHB-Auswahl einen Strich durch die Rechnung.

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So hatte man Heiner Brand noch nie gesehen. Der deutsche Bundestrainer gilt für gewöhnlich als ruhiger, friedlicher, bisweilen sogar gemütlicher Zeitgenosse.

An der Seitenlinie kann der 56-Jährige freilich auch mal lauter werden, dennoch ist Brand keiner, der beim Coaching über die Maßen austickt und die Beherrschung verliert. Nachdem im Spiel gegen die Norweger die Schlusssirene ertönt war, stürmte der Bundestrainer allerdings das Parkett. Mit erhobener Faust!

Sein Ziel: Die beiden slowenischen Unparteiischen Nenad Krstic und Peter Ljubic, die kurz zuvor die Partie in den Schlusssekunden aus nicht nachvollziehbaren Gründen zweimal verzögerten und so der DHB-Auswahl die letzte Chance auf den Ausgleich raubten.

Halbfinaleinzug: Entscheidung gegen Dänemark

Nun muss im letzten Hauptrunden-Spiel gegen Dänemark ein Sieg her, um sicher ins Halbfinale einzuziehen. Sonst hat man es nicht mehr in der eigenen Hand und es drohen eventuell wilde Rechenspiele. Bei einem Unentschieden müsste man zum Beispiel auf einen Sieg der Polen gegen Norwegen hoffen.

"An Dänemark kann ich jetzt noch nicht denken", sagte Brand. Der Bundestrainer hatte sich zwar etwas beruhigt und es bei der erhobenen Faust gegenüber den Schiedsrichtern belassen, zu einem nüchternen Ausblick war Brand allerdings noch nicht im Stande, dafür hatte ihn der Krimi gegen Norwegen zu sehr mitgenommen.

Die heiße Schlussphase: 28 Sekunden vor Schluss führt Norwegen mit 25:23 und hat Ballbesitz. Das Ding scheint durch. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Norwegen verliert den Ball und Jensen kassiert zwei Minuten Zeitstrafe. Deutschland nun mit zwei Spielern mehr auf dem Parkett.

Kaufmann trifft 16 Sekunden vor dem Ende zum 24:25. Die Deutschen nun mit ganz offensivem Pressing. Tvedten verliert wieder den Ball. Schöne will schnell ausführen, wird aber von den Schiedsrichtern zweimal zurückgepfiffen, so dass die Sekunden von der Uhr ticken und die letzte Chance dahin ist. Brand und Co. stürmen aufgebracht aufs Parkett.

Heiner Brand: "Die Schiedsrichter haben immer wieder zurückgepfiffen, weil es angeblich Einwurf war. Aber wenn sie so korrekt sind, dann müssen sie wenigstens Timeout geben. Dass man da etwas aggressiver gegenüber den Schiedsrichtern wird, ist ganz klar."

Markus Baur bei "RTL": "Wenn man an so vielen Abenden in der Kneipe gesehen wird wie die beiden Schiedsrichter, dann kann man auch nicht mehr erwarten."

Pascal Hens: "Die Norweger stellen sich zu dumm an, verlieren zweimal den Ball. Und die Schiedsrichter wollen uns keine Chance geben und pfeifen uns zweimal zurück. Das war eine Frechheit, eine Unverschämtheit. Anscheinend wollen sie uns nicht im Halbfinale sehen. Ich sage sonst nichts gegen Schiedsrichter, aber jetzt geht es mir langsam auf den Sack."

Die Verletzungen von Kraus und Hens: Spielmacher Kraus knickt nach einem Stoß von Vatne Mitte der zweiten Halbzeit um und muss mit einer Trage vom Platz getragen werden. Die Diagnose: Außenbandriss im linken Knöchel. Für Kraus ist das Turnier beendet. Hens zieht sich eine Oberschenkelverletzung zu. Auch er ist fürs Dänemark-Spiel fraglich.

Michael Kraus: "Es hat geknallt. Da wusste ich gleich, das war's."

Berthold Hallmaier (Teamarzt): "Ob zwei oder alle drei Bänder gerissen sind, konnten wir leider nicht feststellen. Dafür reichten die medizinischen Geräte nicht aus. Hens hat entweder eine Muskelverhärtung im linken Oberschenkel oder eine leichte Zerrung. Ein weiterer Einsatz bei dieser WM ist fraglich."

Brand: "Bei der Verletzung von Kraus erwarte ich auch mal einen starken Schiedsrichter. Die Rückraumspieler wurden wieder nicht geschützt. Ein Kreisspieler, der dauernd Foul spielt wie Loke zwingt unsere Spieler immer in Zwei-Minuten-Strafen rein. Aber wenn ein Rückraumspieler aus der Luft geholt wird, dann gibt's nur einmal zwei Minuten und bei Hens passiert es fünfmal und da gibt es nichts. Das ist ein Schwachsinn in der Regelinterpretation auf Seiten der internationalen Handballföderation."

Der starke Neuling Silvio Heinevetter: Von Brand nachnominiert, stand der Magdeburger für Carsten Lichtlein im Kader und auch fast über die komplette Spielzeit auf dem Parkett. Heinevetter parierte starke 41 Prozent der Würfe.

Heinevetter: "Dafür kann ich mir nichts kaufen, dass ich so stark gehalten habe. Es ist extrem schade, dass es nicht gereicht hat. Wir haben uns am Schluss noch zweimal aufopferungsvoll herangekämpft, aber dann haben die Schiedsrichter das Spiel entschieden."

Brand: "Ich war schon vorher davon überzeugt, dass er seine Leistung bringen würde. Silvio ist ein Wettkampf-Typ. Er wird sicherlich seinen Weg machen."

Das Endspiel gegen Dänemark: Gegen die Dänen hat Deutschland keine guten Erinnerungen. Bei Olympia in Peking besiegelten die Dänen das deutsche Aus und bei der EM im letzten Jahr warfen die Skandinavier die DHB-Auswahl im Halbfinale raus.

Nun muss das Brand-Team zudem Kapitän Kraus und womöglich auch Hens ersetzen. Für Kraus rückt Martin Strobel auf die Spielmacherposition, für Hens würde wohl Lars Kaufmann in die Mannschaft rutschen. Nachnominieren darf Brand erst nach der Hauptrunde wieder.

Brand: "Die Ausfälle von Kraus und eventuell Pascal Hens werden unsere Chancen natürlich nicht erhöhen. Es ist natürlich schade bei der Ausgangsposition, die wir hatten, so zurückgeworfen zu werden. Aber da müssen wir durch."

Hens: "Wir haben nun einen Tag Pause. Und dann müssen wir schauen, dass wir gegen Dänemark eine möglichst schlagkräftige Truppe aufs Parkett bekommen. Bei der EM sind wir gegen die Dänen ausgeschieden - dann müssen wir halt dieses Mal gewinnen."

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