Brand kontert: "Das ist eine Lüge"

Von Interview: Viktoria Noll
Handball, Nationalmannschaft, Heiner Brand
© Getty

Nach dem wenig erfolgreichen Abschneiden der deutschen Handballer bei den Olympischen Spielen war die Enttäuschung groß. Die Suche nach Gründen ist bereits in vollem Gange. Bundestrainer Heiner Brand hat seine Sicht der Dinge klar formuliert und den Bundesliga-Klubs schwere Vorwürfe gemacht. Daraufhin schlugen die Vereine zurück.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Im SPOX-Interview spricht der Bundestrainer jetzt über vergebliche Kämpfe, leere Aussagen und sein Bedürfnis nach Ehrlichkeit.

SPOX: Herr Brand, sind Sie noch enttäuscht nach dem frühen Ausscheiden bei den Olympischen Spielen?

Heiner Brand: Das wir enttäuscht waren, ist ganz klar. Ich hatte aber schon im Vorfeld die Gefahr eines Scheiterns aufgrund der speziellen Situation in unserer Mannschaft gesehen. Ich hatte gehofft, dass wir das in den Griff bekommen, aber das war nicht der Fall.

SPOX: Könnte diese Enttäuschung als Motivationsschub für die Spieler dienen?

Brand: Sicherlich wird die Motivation in Zukunft hoch sein, aber das war auch bei Olympia so. Da kann man der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Wir werden alles versuchen, um uns zu verbessern. Das ist unsere Pflicht.

SPOX: Kommen wir zu einem etwas brisanteren Thema: Seit zwölf Jahren sprechen Sie bereits das Thema der Anzahl an deutschen Spielern in den Bundesliga-Klubs an. Hat sich in dieser Zeit etwas geändert?

Brand: Da hat sich gar nichts geändert. Wir haben auch diese von mir angemahnte Änderung selbst unterwandert, indem wir in der Vergangenheit viel Erfolg hatten. Damit konnte die Bundesliga auch immer auf die Triumphe verweisen.

SPOX: HSV-Manager Peter Krebs wirft Ihnen vor, dass Sie Ihre Kritik nur nach Turnieren äußern, die nicht erfolgreich verlaufen sind.

Brand: Das ist eine bewusste Lüge, da ich diese Kritik nun schon seit zwölf Jahren anbringe und nicht nur nach erfolglosen Turnieren. Da sich im Vorfeld und während der Olympischen Spiele tragende Säulen der Mannschaft verletzt haben, ist diese Diskussion wieder offensichtlich geworden.

SPOX: Würden Sie eine Regel einführen, die eine bestimmte Anzahl an deutschen Spielern in den jeweiligen Vereinen vorschreibt?

Brand: Man muss natürlich über alles reden, aber die Gesprächsbereitschaft zu diesem Thema ist nicht vorhanden. Insofern habe ich auch gar kein Interesse mehr weiter darüber zu reden, weil ich es lange genug vergeblich gemacht habe. Ich muss mit der Situation, zumindest so lange ich Bundestrainer bin, leben.

SPOX: Gibt es in Deutschland auch wirklich das Spieler-Potential, dass alle Bundesliga-Vereine mit deutschen Spitzenspielern auftreten könnten?

Brand: Es können sicherlich nicht alle Vereine mit deutschen Spitzenspielern auskommen, aber es gibt auch im Ausland nicht so viele, sonst hätten wir mit der Nationalmannschaft keine Chance. Es geht auch darum, Spieler zu entwickeln und sie an das internationale Top-Niveau heranzuführen. Das ist auch eine Aufgabe der Bundesligisten. Abgesehen davon sind wir mit der Jugend-Mannschaft Europameister geworden, also ganz so schlecht kann die Nachwuchsarbeit in Deutschland nicht sein.

SPOX: Würden Sie jungen deutschen Talenten raten, ins Ausland zu gehen, wenn sie hier keine Perspektive mehr sehen?

Brand: Das wäre eine von vielen Möglichkeiten. Es ist aber auch nicht meine Aufgabe, diesen Ratschlag zu geben. Das rechtfertigt aber nicht, dass die Vereine teilweise keine Nachwuchsarbeit leisten beziehungsweise keine Talente in die Mannschaften einbauen.

SPOX: Beim HSV sind neun von 16 Spielern Deutsche. Ist der Klub ein positives Beispiel?

Brand: Sicherlich. Es gibt mittlerweile einige Vereine, bei denen das der Fall ist. Bei Spitzenvereinen ist jedoch der Anteil der deutschen Spieler oft zu gering. Aber das ist kein Thema mehr für mich. Ich kämpfe seit zwölf Jahren vergeblich. Argumente gegen meine Einwände gibt es nicht, aber es ändert sich trotzdem nichts und ich muss das so akzeptieren.

SPOX: Die Bundesligisten haben der Quotierung ausländischer Spieler eine klare Absage erteilt. Rechnen Sie überhaupt noch damit, dass sich etwas ändert?

Brand: Es könnte etwas über die Politik passieren. Es gibt diesen Vorstoß von FIFA-Präsident Sepp Blatter im Fußball, der auch in der Politik Gehör findet. Vielleicht werden die Vereine irgendwann gezwungen, deutsche Spieler einzukaufen.

SPOX: Der Manager der SG Flensburg-Handewitt, Fynn Holpert, hat gesagt: "Die Ausländer sind das Salz in der Suppe". Was halten Sie von dieser Aussage?

Brand: Das ist eine inhaltlich leere Aussage. Dem hat auch nie jemand etwas entgegengesetzt. Wir wollen ja auch ausländische Top-Stars hier haben.

SPOX: Uwe Schwenker, der Manager des THW Kiel, hat Ihnen vorgeworfen, dass Sie sich nur über die Medien äußern. Gab es bisher noch keine persönlichen Gespräche mit den Verantwortlichen der Vereine?

Brand: Natürlich gab es Gespräche. Ich habe schon vor der gesamten Bundesliga Vorträge gehalten. Sollte ich überhaupt noch mal Gespräche führen, müsste ich voraussetzen können, dass eine gewisse Ehrlichkeit vorhanden ist.

SPOX: Das Verhältnis zwischen Ihnen und den Bundesligisten ist sehr angespannt. Sehen Sie überhaupt die Möglichkeit, die Zusammenarbeit wieder zu verbessern?

Brand: Ja, warum nicht. Ich konzentriere mich aber im Moment nur auf meine Aufgaben und alles andere ist nicht mein Thema.

Artikel und Videos zum Thema