"Das kann ein Leben verändern"

Von Interview: Marco Kieferl
Stephan Jäger spielte bei den US Open sein erstes Major
© getty
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SPOX: Haben Sie die Atmosphäre eines Major-Wochenendes dennoch genießen können?

Jäger: Ehrlich gesagt, nein. Ich bin nur einmal kurz auf den Platz und habe zugesehen. Ich bin jemand, der bei so etwas ein wenig eingeschnappt ist. Wenn ich selbst teilgenommen habe, kann ich mir den Rest nicht ansehen.

SPOX: Der Medienrummel um Sie stieg in den Wochen nach der geglückten Qualifikation rasant an. Wie gehen Sie damit um?

Jäger: Es war ganz lustig, als ich gestern Moritz Lampert, einen guten Freund von mir, nach Jahren wieder getroffen habe. Er sagte zu mir, er habe sechs Monate lang gar nicht gewusst, dass ich auf der Web.com-Tour spiele. Ich bin eben niemand, der so etwas sofort in jeden Social-Media-Kanal schreibt. Mein Motto lautet: Wer sich für mich interessiert, der findet so etwas raus. Durch die US-Open-Quali wurde das Interesse natürlich größer, aber damit habe ich kein Problem. Grundsätzlich finde ich meinen Weg auch ohne die Medien.

SPOX: Merken Sie, dass in den letzten Wochen mehr Augen auf Sie gerichtet werden?

Jäger: Jetzt in Eichenried ist das normalerweise nicht so. Dort sehen mir viele ehemalige Mitglieder zu. Ich bin in diesem Club aufgewachsen. Die Leute kennen mich hier immer noch als den Stephan Jäger, der früher Jugendturniere oder den Monatsbecher gespielt hat. Ich hoffe, dass sich das auch, wenn sich der Erfolg in den USA einstellen sollte, nicht ändern wird.

SPOX: Sie scheinen Ihre beste Leistung immer bei besonders wichtigen Events wie bei den US-Open-Regionals oder der Qualifying School abzurufen. Woher kommt diese Nervenstärke?

Jäger: Gute Frage (lacht). Wenn es um die Wurst ging, da können Sie auch meine Highschool-Mates fragen, habe ich es immer irgendwie geschafft, besonders stark zu spielen. Ich hoffe, dass ich diesen Fokus auch mal in ein normales Turnier bringe. Ich habe immer wieder diese Momente, wie Ende letzten Jahres, als ich mich auf den letzten Drücker für die Web.com-Tour qualifiziert habe. Vielleicht bekomme ich in solchen Situationen mental einfach diesen Extra-Kick. Genau weiß ich das aber selbst nicht.

SPOX: War die Qualifikation für die Web.com-Tour vielleicht noch wichtiger als die Teilnahme in Chambers Bay?

Jäger: Viel wichtiger! So ein Turnier kann ein Leben verändern. Sollte ich in den nächsten Monaten auf der Web.com-Tour gut spielen, werde ich mein Leben lang auf diese Qualifying School, auf diese letzten Löcher zurückblicken und sagen, dass das die wichtigsten Back Nine meiner Karriere waren. Man weiß ja nie. Nehmen sie Jordan Spieth: Der wurde 2013 zwei Mal Vierter auf der Web.com-Tour und bekam plötzlich eine Sponsoreneinladung für die Puerto Rico Open auf der PGA Tour. Dort wurde er geteilter Zweiter, kam in die nächsten Turniere, gewann die John Deere Classic und veränderte dadurch sein ganzes Leben.

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SPOX: Der geteilte vierte Rang bei der Mexico Championship gab Ihrer Saison eine neue Wendung. Als 82. der Gesamtwertung konnten Sie Ihre Startberechtigung für die Web.com-Tour weiter ausdehnen. Welche Ziele setzen Sie sich für die restliche Saison?

Jäger: Ich will mich in jedem Fall in die Top 25 verbessern, um mir mit der Teilnahme am Web.com-Tour-Finale eine beschränkte Startberechtigung für die PGA Tour zu sichern und diese mit einer guten Performance in den Playoffs möglichst erweitern. Dafür muss ich endlich die richtige mentale Einstellung finden und mir mit Selbstvertrauen einen Lauf erarbeiten. Dann ist das in jedem Fall möglich.

SPOX: Lassen Sie uns über das Turnier in Eichenried sprechen. Jeder kennt Sie hier als Sedl. Mit Ihrem Vornamen hat der Spitzname ja nicht viel zu tun. Woher kommt er also?

Jäger: Vor 14, 15 Jahren habe ich mit Ken und einem bayrischen Urgestein hier in Eichenried auf dem Kurzplatz gespielt und annähernd jeden Putt zu kurz gelassen. Im Golfen spricht man dann ja gerne von einem "schwulen Putt". Da man das aber nicht sagen darf, sprach der Herr immer von einem Sedlmayr-Putt, benannt nach dem bekannten bayerischen Schauspieler. Ken hat es von da an geliebt, mich damit aufzuziehen. Mit der Zeit entstand der Spitzname Sedl, mit dem mich nicht nur jeder meiner Freunde und meine Eltern, sondern auch die Mitglieder in Eichenried rufen. Glücklicherweise hat sich das in Amerika noch nicht durchgesetzt (lacht).

Seite 1: Jäger über Putten auf Brokkoli und seinen mentalen Einbruch

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