Der mit dem Alligator tanzt

Von Florian Regelmann
David Lynn beendete die PGA Championship auf Rang 2 - und niemand weiß, wer er ist...
© Getty
Cookie-Einstellungen

5. Die 93 von Doug Wade: Der Ocean Course gilt als der härteste in den USA. Wenn es dann anfängt, richtig zu blasen, in Orkanstärke, dann wird es legendär. So geschehen in Runde zwei. Zum ersten Mal in der Geschichte hatte ein Turnier 99 der Top 100 der Welt im Feld. Der Durchschnittsscore der Weltelite an diesem Tag: über 78! Day: 80. Mahan: 80. Fowler: 80. Cabrera-Bello: 81. Kuchar: 82. Manassero: 82. Watney: 82. Quiros: 83. J.M. Singh: 83. Casey: 85. Rock: 86. Olazabal: 86. Points: 87.

Okay, Casey würde in seiner aktuellen Verfassung auch in Eichenried eine 80 schaffen, aber trotzdem. Wie es die Stars zerlegte, war ziemlich einmalig. Es gab am Ende des Tages mehr 90er- als 60er-Runden. Und US-Club-Professional Doug Wade schoss mit seiner 93 den Vogel ab. 45 vorne rum, 48 hinten rum. Eine 93. Da mag jetzt manch Amateur denken: Das kann ich auch! Jeder, der das denkt, muss sofort eingewiesen werden.

4. Bald ist Ryder-Cup-Time: 2012 ist deshalb schon mal ein gutes Golf-Jahr, weil nach Glory's Last Shot nicht die völlige Leere einsetzt. Und jetzt soll bloß niemand mit dem FedEx-Cup oder dem langweiligen Presidents' Cup ankommen. Nein, nur gerade Jahre rocken, denn dann ist Ryder-Cup-Time!

Ende September ist der Medinah Country Club in Chicago Austragungsort für eine der größten Sportveranstaltungen der Welt. Team USA steht nach der PGA schon mehr oder weniger fest. Die Quali ist durch. Fix im Team von Davis Love III sind Tiger Woods, Jason Dufner, Bubba Watson, Keegan Bradley, Zach Johnson, Webb Simpson, Matt Kuchar und Phil Mickelson. Nicht automatisch dabei sind Hunter Mahan, Steve Stricker, Jim Furyk und Rickie Fowler. Womit die vier Wildcard-Picks quasi schon feststehen...

Spannender ist es noch im Team Europe. Erst nach der Johnnie Walker Championship wird in zwei Wochen feststehen, welche zehn Spieler ihren Platz sicher haben und wer eine Wildcard benötigt. Stand jetzt sind Lee Westwood, Luke Donald, Rory McIlroy, Graeme McDowell, Justin Rose, Paul Lawrie, Peter Hanson, Francesco Molinari, Ian Poulter (-6 nach 7 am Sonntag, war das überragend!) und Martin Kaymer qualifiziert.

Poulter muss als Ryder-Cup-Gott so oder so dabei sein. Aktuell wäre ein Pick von Olazabal sicher für Sergio Garcia reserviert. Und dann? Miguel Angel Jimenez? Padraig Harrington? Nicolas Colsaerts? Vielleicht spielt sich ja auch unser neuer Freund David Lynn noch ins Team...

3. Michael Phelps wird Golfer! Die PGA stand ja so ein klein bisschen im großen Schatten der Olympischen Spiele. In vier Jahren ist es dann endlich anders, in Rio de Janeiro wird Golf olympisch sein. Momentan weiß zwar noch kein Mensch, wo dort genau gespielt werden soll und wie das Format (72-Hole-Stroke-Play/Team-Event?) aussehen wird, aber das wird sich schon noch klären lassen.

Interessant: Michael Phelps, der jetzt in London zum größten Olympioniken aller Zeiten (22 Medaillen) wurde, hat für die Zeit nach seinem Karriereende einen neuen Ehrgeiz entwickelt: Phelps will als Golfer durchstarten und die besten Plätze der Welt spielen.

Deshalb lässt sich er ab sofort von Ex-Tiger-Coach Hank Haney trainieren. Haney wird Phelps in seiner TV-Coaching-Show "The Haney Project" betreuen - dort waren auch schon Charles Barkley oder Sugar Ray Leonard zu sehen.

2. Das war wieder Tiger-esque, Rors! Was soll man sagen? Einfach außerirdisch gut, dieser Wozniacki! Wozniacki beendete nicht nur den Streak von 16 Majors mit 16 verschiedenen Siegern in Folge, Wozniacki hat anscheinend vor, seine Major-Siege jetzt grundsätzlich mit 8 Schlägen Vorsprung (siehe US Open 2011) zu holen. Wie Wozniacki am Finaltag puttete, war von einem anderen Stern. Er hätte wohl noch 18 Löcher spielen können und hätte alles gelocht.

Er ist erst der sechste Europäer, der die PGA Championship gewonnen hat. Vorher ist dies nur Jim Barnes (1916/1919), Jock Hutchinson (1920), Tommy Armour (1930), Padraig Harrington (2008) und Martin Kaymer (2010) gelungen. Er ist außerdem der sechstjüngste Spieler in der Geschichte, der zwei Majors auf dem Konto hat. Die Top 4: Young Tom Morris (ist fast 150 Jahre her), John McDermott (kurz vor dem 1. Weltkrieg), Gene Sarazen (kurz nach dem 1. Weltkrieg), Nicklaus und Seve Ballesteros.

Die Tiger-Vergleiche liegen jetzt auf der Hand, er trägt ja jetzt am Sonntag sogar schon rot: Wenn Wozniacki überragend drauf ist, dann kann ihn niemand schlagen. Ist einfach so. Wie früher bei Tiger. Und nach einem schwierigen Jahr mit so einigen Tiefen (die ersten 3 Majors waren alle schlecht) war Wozniacki in Kiawah Island eben wieder mal überragend in Form. Und er wollte es auch einigen Kritikern, die seine Beziehung zu einer gewissen Caroline aus Dänemark als Grund für die Mini-Krise genannt hatten, so richtig zeigen.

Wozniacki brach nicht nur den PGA-Championship-Rekord von Jack Nicklaus (7 Schläge Vorsprung 1980), er liegt mit seinen 23 Jahren eben auch vom Alter her genau bei Jack und Tiger, als die ihr zweites Major gewannen. Wenn Tiger die 18 Major-Siege von Nicklaus nicht erreicht, dann vielleicht ja Wozniacki... Auch wenn es so unendlich weit weg ist, unmöglich ist das für den Wozniacki nicht.

1. Was machst du hier, David Lynn? Die viel größere Story als der Sieg von Wozniacki ist dieser David Lynn. Wird der Typ Zweiter. Kassiert 865.000 Dollar. Und qualifiziert sich fürs Masters. Dabei wusste er letzte Woche noch nicht mal, dass er in Kiawah Island mitspielen darf. Die Story: Lynn hatte extra einen Monat lang nicht mehr gespielt, um seinen Platz in den Top 100 der Weltrangliste nicht zu riskieren.

Der Plan ging auf. Als Nummer 98 kam er ins PGA-Feld - und verlässt die USA jetzt als Nummer 40. Der 38-jährige Engländer aus Stoke hatte seit 2003 (!) nicht mehr bei einem Major teilgenommen. 2004 hat er mal die KLM Open in Holland gewonnen. Das war es dann aber auch schon mit den großen Erfolgen. Ein Sieg in 370 Starts.

In seiner Biographie stehen so Sachen wie: "Schaffte es 2011 zum 12. Mal in Folge in die Top 90 der European Tour." Und wenn dieser Wozniacki nicht gewesen wäre, hätte dieser Lynn jetzt die PGA Championship gewonnen. In seinem ersten Turnier in den USA. Hat das Par-10 in den letzten Jahren schon mal erwähnt, wie unfassbar Golf ist?

Ach ja, von wegen unfassbar: Lynn ist in dieser Woche einem Alligator auf den Kopf getreten... unabsichtlich. Kein Witz. Lynn mietete für die PGA eine Villa auf einer Insel, wo er und seine Freundin wohnten. Drumherum: Sumpfland. Und Alligatoren. Drei Stück. Sagt Lynn. Da sind sie sich eines Morgens dann mal näher gekommen.

Die Golf-Weltrangliste: McIlroy wieder die Nr. 1