Hey Zypresse, gib den Ball zurück!

Von Florian Regelmann
Wer findet diesen verdammten Ball? Die verlorenen Bälle in den Cypress Trees waren zum Staunen
© spox

Webb Simpson gewinnt die US Open im Olympic Club in San Francisco und beweist mit seinem Sieg, dass Golf der unberechenbarste Sport der Welt ist. Die Themen: Der 17-jährige Beau Hossler, der nervende Tiger Woods, sadistischer Spaß und der Golfballabducterus.

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10. Casey, war schön dich zu sehen! Casey Martin leidet am sogenannten Klippel-Trenaunay-Weber-Syndrom. Es ist ein Fehlbildungssyndrom der Gefäße, in Martins Fall dreht es sich um sein rechtes Bein. Wenn es schlecht gelaufen wäre, hätte es laut Martin schon jetzt zu einer Amputation führen können. Es könnte immer noch passieren. Man bedenke: Martin ist 40 Jahre alt.

1997 klagte der US-Amerikaner gegen die PGA Tour und setzte vor Gericht durch, dass er ein Golf-Cart benutzen darf. Es war eine große Story damals. 1998 durfte Martin bei der US Open im Olympic Club antreten, mit Cart. Er belegte Rang 23.

Nachdem er sich 2000 die Tour-Karte erspielt hatte, verlor er sie sofort wieder und bekam sie nie wieder zurück. Sein letztes Turnier vor der diesjährigen US Open bestritt Martin seiner eigenen Schätzung zufolge 2006. Jetzt qualifizierte er sich 14 Jahre nach seinem ersten Major-Start wieder für eine US Open, wieder im Olympic Club.

Martin verpasste zwar nach Runden von 74 und 75 Schlägen ganz knapp den Cut, aber er war beispielsweise besser als die Nummer eins und zwei der Welt. Und er hatte vor allem Spaß. Auch wenn er immer langsam von seinem Cart zu seinem Ball und wieder zurück humpeln musste.

Könnte er überhaupt 36 Löcher gehen auf einem so hügeligen Kurs? "Klar, wenn man mir eine Knarre an den Kopf halten würde, dann schon. Aber es wäre kein Spaß", sagte Martin. Jetzt kehrt er nach seinem Ausflug wieder an die University of Oregon zurück, wo er als Golf-Coach arbeitet. Auch gerade wegen Geschichten wie jener von Casey Martin sind die US Open so besonders.

9. Hallo Hossler! Wenn wir bei Storys sind, die die US Open so einzigartig machen, dann dürfen die Kids nicht fehlen. Andy Zhang (Runden von 79+78 Schlägen) war mit 14 (!) der jüngste Teilnehmer, und dann war da dieser Beau Hossler. 17 Jahre alt. Oder wie US-Reporter-Legende Chris Berman meinte: "Ich habe Socken, die älter sind!"

In der 2. Runde führte dieser Beau Hossler mit diesem viel zu großen Visor auf seinem Kopf die US Open an. Vergessen Sie Tiger Woods, Phil Mickelson oder Rory McIlroy - es war die Beau-Hossler-Show! Der Junge von der Santa Margarita High School war drei Tage voll im Geschäft und kündigte dann noch frech an, dass er das Ding ja jetzt schon auch gewinnen wolle. Gut so!

Dass am Ende doch noch etwas Normalität einsetzte und Hossler nach einem Einbruch "nur" auf Rang 29 landete, dass er sogar im Kampf um den besten Amateur gegen den alten Sack Jordan Spieth (18) noch den Kürzeren zog - völlig egal. Das war großes Kino, Beau.

Zwei Sachen noch: Wie gut muss eigentlich ein gewisser Austin Smotherman sein? Gegen den hat Hossler letztens die High School Finals verloren. Und zweitens: Mein lieber Beau, deine Momma is ja schon hot...

8. Muscles from Brussels/Sergios Psychiater: 2012 ist Ryder-Cup-Jahr, also müssen wir auch schon mal ans europäische Team denken. Zwei Jungs, die gute Chancen haben, dabei zu sein, sind Nicolas Colsaerts und Sergio Garcia. Colsaerts kannte in Amerika kein Schwein, jetzt haben unsere US-Freunde den belgischen Longhitter (knapp 340 Yards Driving AVG bei der US Open) mal ein bisschen kennengelernt.

Auch wenn Colsaerts in Runde 4 sein Niveau nicht halten konnte, mit dem Herrn Muscles from Brussels (Grüße an Jean-Claude Van Damme) ist in Zukunft zu rechnen. Ob das auf Garcia auch zutrifft? Man weiß es nicht. Sergio muss jetzt dringend mal auf die Couch, so viel steht fest. Seine Aussage beim Masters ("Ich bin eh nicht gut genug") war schon krass genug, aber sein Auftreten im Olympic Club stand dem in nichts nach.

Einmal zerstörte er ein TV-Mikrofon am Tee und auch sonst lief er wie Falschgeld über den Platz. Garcia ist selbst sein größter Gegner und braucht dringend eine andere - positivere - Einstellung, wenn er sein Potenzial noch mal ausschöpfen will.

7. Kaymer ist nicht weit weg... : Eine interessante Woche, die Kaymer da erlebt hat. Wenige Fairways getroffen (46 Prozent), wenige Grüns getroffen (53 Prozent) - das ist jetzt bei einer US Open schon mal die denkbar dümmste Kombination.

Aber: Kaymer puttete überragend und brachte insgesamt 14 Birdies auf die Scorekarte. Nur Michael Thompson (16) war in dieser Hinsicht besser.

10 Bogeys sind auch völlig im Rahmen - es waren 5 Doppel-Bogeys, die verhinderten, dass Kaymer ganz vorne mitmischen konnte. So wurde es ein 15. Rang. Mit der Erkenntnis, dass Kaymer weiter sehr ordentliche Resultate sammelt und sein nächster Turniersieg nur noch eine Frage der Zeit sein kann. Vielleicht ist es diese Woche schon beim Heimturnier in Köln soweit.

Was Alex Cejka angeht, kann man nur sagen: das war absolut okay. Cut geschafft, 41. Platz - alles not too bad. Vor allem mit der Drive-Genauigkeit lief es bei Cejka gewohnt stark (Top 10 im Feld).

6. Glückwunsch zum Scottish-Open-Sieg, Luke! Quizfrage: Wie oft haben die Nummer eins und zwei der Welt zwischen 1995 und 2010 beide gleichzeitig in einem Major den Cut verpasst? Nie.

Okay, in der Zeit war Tiger auch ständig die Eins, aber dennoch. Inzwischen passiert das Unvorstellbare beinahe regelmäßig. 2011 war für Luke Donald und Lee Westwood zur Halbzeit Schluss, diesmal traf es Donald und Rory McIlroy.

+10 für McIlroy. +11 für Donald. Furchtbar. So als Nummer eins zu einem Major zu kommen, ist ohnehin lästig geworden. Donalds achter Platz bei der PGA Championship 2011 war das beste Ergebnis einer Nummer eins in den letzten fünf Majors. "Ich will ein Major mehr gewinnen, als ihr euch das alle vorstellen könnt", meinte Donald nach seiner verpatzten US Open.

Dann mach halt, Luuuke! Hier eine Liste der Turniere, die Donald 2012 noch gewinnen wird: Scottish Open, Omega European Masters, Alfred Dunhill Links Championship, Deutsche Bank Championhip. Schöne Turniere.

5-1: Sadistischer Spaß, Tiger, Golfballabducterus und der betende Webb

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