"Kaymer? Absolutely no chance!"

Von Interview: Florian Regelmann
Martin Kaymer fuhr bereits 17 Turniersiege als Profi ein
© Getty
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SPOX: Sie waren drei Mal in Augusta dabei und Ihr Erfolg ist bis jetzt doch eher bescheiden.

Kaymer: Das kann man so sehen. (lacht) Ich habe drei Mal den Cut verpasst und deshalb habe ich mich in diesem Jahr entschieden, meine Herangehensweise an Augusta zu verändern. In den letzten Jahren habe ich die Woche vorher in Houston gespielt, jetzt habe ich vor dem Masters zwei Wochen Pause gemacht.Ich habe mich vergangene Woche mit meinem Bruder und meinem Vater in Atlanta getroffen und wir haben ein paar Runden gespielt. Nicht in Augusta, aber in der Nachbarschaft. Außerdem habe ich in den vergangenen Wochen viel Zeit mit dem kurzen Spiel verbracht und darauf den Fokus gelegt. Das größte Problem hatte ich in Augusta immer auf den Grüns. Sonst hat es spielerisch eigentlich gepasst.

SPOX: Als Nummer eins werden Sie wohl in allen Favoritenrankings vorkommen.

Kaymer: Nicht in allen. Ich habe vor kurzem morgens den Golf Channel geschaut und gehört, dass ich keine Chance habe. 'Kaymer? Absolutely no chance', hieß es da. Der hat die falsche Flugkurve, der spielt den Ball zu flach, in Augusta muss man ihn aber hoch spielen... Also wenn es nach dem Golf Channel geht, geht da für mich nichts. (lacht)

SPOX: Dass man in Augusta den Draw, also die Rechts-Links-Kurve benötigt, Sie aber von Natur aus den Fade, also eine Links-Rechts-Kurve, spielen, ist ja bekannt. Wie schwer macht dieses "Handicap" Augusta für Sie?

Kaymer: Es ist ohne Zweifel so, dass es die Sache einfacher macht, wenn du bei Bedarf den Draw spielen kannst. Es macht den Platz vor allem kürzer. Deshalb habe ich mit meinem Coach Günter Kessler auch daran gearbeitet, dass ich den Draw spielen kann, wenn ich ihn brauche. Aber ich habe kein Spezialtraining gemacht. Es ist viel mehr ein langer Prozess. Ich spiele nun mal, seit ich Golf spiele, eine andere Flugbahn und das ja sehr erfolgreich. Ich würde es falsch finden, wenn ich jetzt versuchen würde, für ein einziges Turnier meinen Schwung komplett umzustellen. Zumal man Augusta auch sehr gut bewältigen kann, wenn man den Ball einfach gerade schlägt. Mal schauen, wie es für mich laufen wird. Ich habe das letzte Major-Turnier gewonnen, ich komme als Nummer eins dorthin - das Selbstvertrauen ist da. Vielleicht kann ich am Wochenende ein Wörtchen um den Sieg mitreden.

SPOX: Außer den Grüns, was ist das Schwierigste beim Masters?

Kaymer: Was meiner Meinung nach gerne unterschätzt wird, sind die ganzen Hanglagen. Du stehst nie gerade am Ball. Das ist wirklich heftig. An der 9. Bahn zum Beispiel solltest du als zweiten Schlag einen Draw spielen, so wie das Grün angelegt ist. Aber du stehst über dem Ball an der 9, was eigentlich für den entgegen gesetzten Schlag spricht. Es passt nicht - und das macht es dann so extrem schwierig. Wenn du dann das Grün nämlich verpasst, hast du kaum noch eine Chance, das Par zu retten.

SPOX: Wie würden Sie Augusta jemandem beschreiben, der noch nie persönlich da war?

Kaymer: Also wenn man den Golfplatz mal wegnimmt, ist es wirklich kein schöner Ort. Aber der Golfplatz ist dann wieder das Paradies schlechthin. Die Bäume, die Art und Weise, wie das Gras geschnitten ist, kombiniert mit der unglaublichen Geschichte, die dieses Turnier ausmacht - das macht es alles zum größten Major, das wir haben. Jeder Golfer träumt davon, einmal das Grüne Jackett mit nach Hause zu nehmen.

SPOX: Einer, der sich mehrfach das Grüne Jackett anziehen durfte, ist Tiger Woods. Aber er hat seit einer - für seine Verhältnisse - gefühlten Ewigkeit kein Turnier mehr gewonnen. Haben Sie ihn auf dem Zettel?

Kaymer: Tiger Woods wird immer zu den Favoriten gehören. Ich bin auch überzeugt davon, dass er früher zu seiner alten Topform zurückfindet, als viele denken. Aber ich glaube nicht, dass er in diesem Jahr in Augusta gewinnen wird.

SPOX: Warum wäre es für die Golf-Szene denn wichtig, dass Tiger wieder so spielt, wie zu seinen besten Zeiten?

Kaymer: Jeder möchte sich mit den Besten messen, das ist doch die Herausforderung, die wir alle wollen. Tiger ist der beste Golfer, den es je gegeben hat. Es wäre toll, wenn er wieder in die Form von 2000 kommen würde, als er fast jedes Turnier gewonnen hat. Ich will mich mit dem besten Tiger messen, den es gibt. Das bringt einen dann auch selbst wieder nach vorne.

SPOX: Sie können sich auf jeden Fall auch auf der Playstation mit Tiger Woods messen. Sein neues Spiel ist rechtzeitig für Augusta mit einer Masters-Edition herausgekommen. Haben Sie es schon ausprobiert?

Kaymer: Nein, noch nicht. Ich habe mir aber schon überlegt, ob ich mir das holen soll. Interessanterweise habe ich nämlich kein Tiger Woods Game in meinem Schrank stehen. Wenn mein Bruder da ist, machen wir zwar gerne abends mal eine Session, aber wir spielen meist Black Ops, das ist in den USA der Bestseller, oder wir spielen FIFA.

SPOX: Aber doch nicht mit dem 1. FC Köln, oder?

Kaymer: Nein, der FC ist leider nicht so stark. Meistens spielen wir auf internationaler Bühne. Ich bin dann meistens Deutschland und mein Bruder Argentinien oder Brasilien. Das macht am meisten Spaß.

SPOX: Noch mal zurück zu Tiger: Er hat auch angefangen zu twittern. In Golfer-Kreisen, wir denken an Ian Poulter und Co., ist das sehr beliebt. Warum sind Sie noch nicht dabei?

Kaymer: Ich bin nicht so der große Fan von den ganzen Social-Media-Geschichten, um ehrlich zu sein. Wir machen jetzt erst einmal alles Step by Step. Der erste Schritt ist meine Homepage, danach schauen wir weiter. Wenn ich irgendwann twittern werde, dann wird es auf jeden Fall nicht so sein wie bei Poulter, der alle zehn Minuten irgendwas postet.

SPOX: Sebastian Vettel und Sie sind, was Einzelsportarten angeht, aktuell Deutschlands absolute Sport-Superstars. Und interessanterweise ähneln sie beiden sich doch ziemlich. Verfolgen Sie die Formel 1?

Kaymer: Auf jeden Fall. Es imponiert mir, was er in seinem Alter schon geleistet hat. Er ist für jeden anderen Sportler ein Vorbild, weil er auch einen sehr ehrgeizigen und bodenständigen Eindruck macht. Ich würde ihn gerne mal persönlich kennen lernen.

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