Der MVP ist das Team

Von Florian Regelmann
Graeme McDowell lochte an der 16 den entscheidenden Birdie-Putt
© Getty

Europa hat sich den Ryder Cup zurückgeholt! Das Team von Captain Colin Montgomerie besiegte im Celtic Manor Resort im walisischen Newport die USA an einem an Dramatik nicht zu überbietenden Finaltag mit 14,5:13,5. Der nordirische US-Open-Champion Graeme McDowell wurde zum Held, als er im 12. und letzten Match Hunter Mahan besiegte und so den entscheidenden Punkt holte. Für Europa war es der sechste Sieg in den letzten acht Ryder Cups - Team USA bleibt damit seit 1993 in Europa sieglos. Der nächste Ryder Cup findet 2012 in Medinah statt.

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Die Matches des Tages

4. Session - 12 Singles: Europa vs. USA 5:7

Lee Westwood vs. Steve Stricker: USA 2&1

Das erwartete Top-Match. Westwood lag ab der 4 lange 1 auf, verpasste aber dann mit verschobenen Putts, die Führung auszubauen. Der absolut fehlerlose Stricker begann mit acht Pars und war ab der 9 mit drei Birdies und einem Eagle einfach besser als Westy. Beeindruckende Leistung des US-Boys.

Rory McIlroy vs. Stewart Cink: All Square

Großartiges Match. McIlroy mit einem Top-Start (2 auf nach 2), aber Cink schlug sofort zurück. McIlroy stellte das Match mit einem Birdie an der 15 All Square, danach hatten beide Chancen, den vollen Punkt zu holen. Nach zwei Pars an der 18 wurde es die gerechte Teilung.

Luke Donald vs. Jim Furyk: EUR 1 auf

Ein irres Match. Donald bestätigte seine unglaublichen Leistungen der letzten Tage. Beweis: Furyk spielte von der 9 bis zur 12 drei Birdies in 4 Löchern und gewann damit kein Loch. Ein sagenhaft kämpfender Furyk brachte das Match nach 3-down-Rückstand noch auf die 18, aber mehr war nicht drin.

Martin Kaymer vs. Dustin Johnson: USA 6&4

Es war wirklich nicht der Tag des Martin Kaymer. Der Deutsche fand bis auf wenige Ausnahmen einfach nicht zu seinem Spiel und enttäuschte. Schon an der 1 geriet er mit einem Bogey in Rückstand. An der 3 war er nach dem nächsten Bogey schon 2 down. Zweimal holte er sich ein Loch zurück, nur um am nächsten Loch postwendend wieder ins Hintertreffen zu geraten.

Dustin Johnson begann mit 10 Pars und beendete das Match dann mit vier Birdies in Serie. Kompliment an den US-Jungstar, der an den ersten Tagen ganz schwach aufgetreten war und seinen ersten Punkt der Woche machte.

Ian Poulter vs. Matt Kuchar: EUR 5&4

Sensations-Leistung von Poulter. Es gibt Menschen, die sind für den Ryder Cup geboren. Poulter ist das beste Beispiel. Vier Birdies, ein Eagle, kein einziges Bogey. Kuchar war völlig chancenlos.

Ross Fisher vs. Jeff Overton: USA 3&2

Fisher war der Star vom Super Sunday - und er begann auch sein Einzel mit zwei Birdies auf den ersten drei Löchern bärenstark. Danach verlor er aber unerklärlicherweise komplett sein Spiel und schenkte einem allenfalls solide spielenden Overton mit vier Bogeys innerhalb von fünf Löchern den Sieg.

Der Tag zum Nachlesen im Ticker

Miguel Angel Jimenez vs. Bubba Watson: EUR 4&3

Jimenez hatte erstaunlicherweise in seinen Ryder-Cup-Teilnahmen noch nie ein Einzel gewonnen, diese Negativserie ist nun beendet. Am 8. Tee stand das Match noch All Square, dann machte Jimenez mit vier Birdies gegen einen schwachen Watson alles klar.

Francesco Molinari vs. Tiger Woods: USA 4&3

Armer Francesco. Der Italiener spielte wirklich stark und lag nach zwei schnellen Birdies sofort 2 auf gegen den großen Tiger Woods, aber danach hatte er Pech, dass sich Tiger Woods entschied, mal wieder wie Tiger Woods zu spielen. Birdie, Birdie, Birdie, Eagle, Birdie! Die Phase von der 9 bis zur 13 war atemberaubend. Insgesamt lag Woods 9 unter für 15 Löcher. Spektakulär. Kann nur er.

Edoardo Molinari vs. Rickie Fowler: All Square

Unfassbares Match. Ein fantastischer Molinari (6 Birdies) lag nach der 13 4 auf und drei Löcher vor Schluss immer noch 3 auf, aber dann gewann Fowler die letzten drei Löcher und rettete den USA einen zu dem Zeitpunkt eminent wichtigen halben Zähler. Fowler beendete seine Runde mit vier Birdies am Stück - besonders seine Putts an der 17 und 18 waren echte Highlights.

Peter Hanson vs. Phil Mickelson: USA 4&2

Ähnlicher Fall wie bei Dustin Johnson. Mickelson verabschiedete sich nach drei Niederlagen wenigstens mit einem überzeugenden Sieg im Einzel. Nach vier Löchern lag er schon 4 auf. Insgesamt 6 Birdies notierte Lefty, dessen Putting-Stroke mit drei Tagen Verspätung doch noch in Wales erschien.

Padraig Harrington vs. Zach Johnson: USA 3&2

Zach Johnson spielte fast so grandios wie Tiger. Er lag sieben unter Par nach 13 Löchern und 5 auf, ehe Harrington das Match noch in die Länge ziehen konnte. Paddy erwischte einen miserablen Bogey-Bogey-Start, kämpfte dann aber in seiner gewohnten Manier. Sein Gegner war nur einfach viel zu stark. Dennoch: Harrington war der richtige Pick von Monty, egal, wie er diese Woche gespielt hat.

Graeme McDowell vs. Hunter Mahan: EUR 3&1

Es war zum ersten Mal seit 1991 in Kiawah Island (damals Bernhard Langer vs. Hale Irwin), dass der Ryder Cup im letzten Match entschieden wurde. McDowell begann mit einem Birdie an der 1 perfekt, nach weiteren Birdies an der 4 und 6 lag er schnell 3 auf. Mahan spielte 14 Pars, bis er an der 15 endlich sein erstes Birdie des Tages notieren konnte.

McDowell lag plötzlich nur noch 1 auf, antwortete aber mit einem Birdie an der 16. Mahan zeigte unter dem großen Druck an der 17 Nerven und chunkte seinen Chip. Nun musste sein Putt vom Grünrand rein, aber der Ball bog am Ende rechts am Loch vorbei. Danach schenkte Mahan McDowell den letzten Putt. Europa hatte den Ryder Cup gewonnen.

Reaktionen:

Colin Montgomerie (Captain Europa): "Ich bin so stolz. Ich wusste, dass ich zwölf tolle Spieler hatte und sie haben alle fantastisch gespielt. Es ist der größte Moment meiner Golf-Karriere."

Graeme McDowell: "Der Putt an der 16 war der beste Putt meines Lebens. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so nervös auf dem Golfplatz."

Martin Kaymer: "Ich habe sehr viel von mir erwartet in dieser Woche. Es hat sich nicht gut angefühlt, dass ich den Punkt nicht machen konnte. Ich habe immer noch ein paar Probleme damit, das zu akzeptieren, aber es geht nicht um mich in dieser Woche. Es geht um das Team. Wir haben gewonnen. Das ist alles, was zählt."

Corey Pavin (Captain USA): "Gratulation an Monty und sein Team. Ich bin stolz auf jeden einzelnen meiner Spieler. Europa war einfach einen kleinen Tick besser."

Der Star des Tages: Graeme McDowell. Die USA lernen G-Mac im Jahr 2010 ziemlich gut kennen. Zuerst gewinnt er völlig überraschend "ihre" United States Open - und jetzt entreißt er ihnen auch noch den Ryder Cup. Falls es Leute gab, die McDowell nach seinem ersten Major-Triumph als One-Hit-Wonder gesehen haben, so müssen diese Leute ihre Meinung schnellstens überdenken. McDowell ist ein Superstar. Punkt.

Man kann sich nur vorstellen, was es für ein Gefühl sein muss, wenn man während der Runde merkt, dass absolut alles an einem selbst hängen wird und wenn dann noch der Vorsprung immer mehr schmilzt... Aber wer dann wie McDowell an die schwere 16 geht, sich hinstellt, einen perfekten Drive macht, einen noch besseren Eisenschlag auspackt und dann noch den Birdie-Putt zum Ryder-Cup-Sieg locht, der ist einfach nur groß. McDowells Putt wird einem für immer in Erinnerung bleiben.

Weitere Männer des Tages: Die Gurke des Tages fällt aus. Ja, Kaymer hat die deutlichste Niederlage kassiert, aber er hat mit Europa den Ryder Cup gewonnen. Und auch im US-Team ist es nicht angebracht, einen Spieler negativ hervorzuheben. Vielmehr positiv. Zum einen Tiger Woods. Es ist ein bisschen untergegangen, aber der Weltranglistenerste spielte am Finaltag das spektakulärste Golf, das während der ganzen Woche im Celtic Manor Resort zu sehen war. Es war ein echtes Statement für die Zukunft.

Und zum anderen Rickie Fowler: Der 21-jährige Rookie ist das US-Pendant zu Rory McIlroy. Wer Fowler in dieser Woche gesehen hat, kann nicht daran zweifeln, dass er eine große Karriere vor sich hat. Die Art und Weise, wie er in seinem Einzel gegen Edoardo Molinari unter unmenschlichem Druck zurückfightete und wie er seine Putts lochte, spricht für sich. Dieser Junge ist eiskalt.

Die Lehren des Tages: Montgomeries Taktik war klar: Europas größte Stars früh rausschicken und im besten Fall den Ryder Cup gewinnen, bevor es in den letzten Matches in die Entscheidung geht. Doch der Plan ging relativ überraschend nicht auf. Europa gewann nur eines der ersten vier Matches. Damit war zwar nicht zu rechnen, aber die Möglichkeit musste dennoch einkalkuliert werden. Monty brauchte eine Absicherung am Schluss, falls es enger als erhofft werden sollte.

Und er entschied sich dafür, Graeme McDowell an 12. Stelle auf den Twenty Ten Course zu lassen. Ein Move, der sich voll auszahlen sollte. Das Entscheidende daran und das Entscheidende am ganzen europäischen Sieg: Montgomerie konnte sich diesen Move leisten. Er konnte absolute europäische Top-Stars vorne in die Lineup schreiben - und er hatte trotzdem noch den amtierenden US-Open-Champion "übrig", um ihn als Closer zu nominieren.

Europas Sieg ist ein Sieg für das gesamte Team, für die Tiefe im gesamten europäischen Golf. Vor Jahren wäre es noch unvorstellbar gewesen, dass Europa eine so ausgeglichen stark besetzte Mannschaft hätte auf die Beine stellen können. Mittlerweile hat man ein echtes Luxusproblem, wenn man bedenkt, wer alles nicht im Team war (u.a. Paul Casey). McDowell ist der Mann des Tages, aber einen MVP im europäischen Team auszumachen ist unmöglich - und es wäre unfair.

Westwood? Ohne Worte. Donald? War insgesamt fast noch besser als Westwood, wenn das möglich ist. Poulter? Der Mann würde für den Ryder Cup sterben. Fisher hatte seine Momente, die Molinaris, selbst Hanson. Und auch Kaymer, auch wenn der Deutsche trotz 2,5 Punkten in seinem Ryder-Cup-Debüt nicht die Form auf den Platz bringen konnte, wie er es sich gewünscht hätte. Alles egal. Jeder einzelne Europäer hat seinen Teil zum Sieg beigetragen. Der MVP ist das Team.

Europa widmete den Sieg dem an Krebs erkrankten Severiano Ballesteros. Der Spanier sprach Anfang der Woche per Telefon zum Team und ein Bild von Mr. Ryder Cup hing die ganze Woche im Team-Room. Seve wird stolz sein auf die Jungs.

Tag 3: Super Sunday für Europa