"Klar würde ich gerne gegen Tiger spielen"

Von Interview: Florian Regelmann
Miguel Angel Jimenez beobachtet Martin Kaymer in der ersten Proberunde beim Abschlag
© Getty

Martin Kaymer hat sich mit seinem ersten Major-Sieg bei der PGA Championship in Whistling Straits einen Traum erfüllt - nun wird mit der ersten Teilnahme am Ryder Cup der nächste Traum wahr. Wenige Tage vor Beginn des Ryder Cups im Celtic Manor Resort im walisischen Newport spricht der 25-Jährige im SPOX-Interview über die größte Drucksituation seines Lebens, seinen Aufstieg zum Superstar - und ein mögliches Duell mit Tiger Woods.

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SPOX: Herr Kaymer, der erste Abschlag am Freitagmorgen rückt immer näher. Wie oft haben Sie sich in Gedanken schon den ersten Teeshot vorgestellt?

Martin Kaymer: Ich habe mir ehrlich gesagt darüber noch nicht so viele Gedanken gemacht, wie genau es am Freitagmorgen sein wird. Ich denke, das werde ich auch erst in der Situation sagen können. Ich weiß nur jetzt schon, dass es wohl etwas anderes als bei einem normalen Turnier oder sogar einem Major sein wird.

SPOX: Nicht umsonst erzählen praktisch alle, die Ryder Cup gespielt haben, dass der Druck da noch mal eine ganze Ecke größer ist als bei einem Major. Spüren Sie jetzt schon was?

Kaymer: Momentan spüre ich keinen Druck, eher Vorfreude darauf, dass es endlich losgeht. Aber mit Sicherheit wird der Druck am Freitagmorgen etwas anderes sein als bei einem reinen Einzelturnier. Man hat schon im Kopf, dass es für das Team, für Europa und für Deutschland zählt.

SPOX: 2008 waren Sie als Gast beim Team dabei. Was für Erinnerungen haben Sie daran und was fällt Ihnen sonst noch ein, wenn Sie an den Ryder Cup denken?

Kaymer: Beim letzten Mal war es super, als Beobachter dabei sein zu dürfen, das hat mir unheimlich viel gebracht und wird mir dieses Jahr definitiv helfen. Was mir von früher in Erinnerung geblieben ist, sind vor allem die Matches von Jose Maria Olazabal und Severiano Ballesteros - und dann der Ryder Cup 1997 in Valderrama, als Europa ganz knapp gewonnen hat.

SPOX: US-Captain Corey Pavin hat Europa die Favoritenrolle zugeschoben. Einverstanden?

Kaymer: Ich glaube auf jeden Fall, dass wir dieses Jahr ein sehr starkes Team haben. Es sind einige Rookies dabei, die sich so gut wie möglich präsentieren wollen und den Pokal wieder nach Europa holen möchten - und die Tatsache, dass wir in Wales spielen, sollte unserem Team entgegenkommen.

SPOX: Sie haben gesagt, dass Lee Westwood, Rory McIlroy oder Luke Donald Ihre erste Wahl wären als Partner. Warum diese drei Jungs?

Kaymer: Grundsätzlich würde ich natürlich mit jedem spielen. Bei den Dreien ist es aber so, dass ich mit ihnen einfach mehr zu tun habe als mit den anderen und wir uns deshalb auch abseits des Platzes besser kennen. Außerdem glaube ich, dass unsere Spielweisen relativ ähnlich sind und ich mit ihnen einen sehr guten Vierer spielen könnte.

SPOX: Beim US-Team steht selbstverständlich vor allem Tiger Woods im Mittelpunkt. In seinen letzten drei Turnieren in den FedEx-Cup-Playoffs hat er nicht überragend, aber doch so gespielt, dass ein Aufwärtstrend unverkennbar ist. Würden Sie trotzdem gerne gegen ihn spielen?

Kaymer: Klar würde auch ich gerne gegen Tiger Woods spielen. Ich denke, dass es etwas ganz Besonderes wäre, sich beim Ryder Cup, im Duell Mann gegen Mann, gegen den besten Spieler der Welt beweisen zu können.

SPOX: Tiger hat früher vor allem ausgezeichnet, dass er mit seiner Aura auch seine Gegner eingeschüchtert hat. Ist das immer noch so oder hat er diesen Faktor durch seine ganzen Probleme etwas eingebüßt?

Kaymer: Egal, was passiert ist: Tiger Woods bleibt Tiger Woods. Er ist immer noch die Nummer eins der Welt, obwohl er dieses Jahr nicht so viel gespielt hat.

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SPOX: Tiger hat im Gegensatz zu Ihnen 2010 kein Major gewonnen. Nun ist es ja kein Zufall, dass Sie Ihr erstes Major in einem Playoff gewonnen haben. Match Play war schon immer Ihr Ding, auch in der Jugend. Können Sie erklären, woher diese Match-Play-Mentalität kommt?

Kaymer: Für mich ist Match Play das wahre Golf. Mann gegen Mann, Eins gegen Eins, das macht unheimlich Spaß. Sonst spielt man immer nur gegen sich selbst und den Platz, hier hat man einen realen Gegner. Ich denke, der Spaß an einem solchen Format ist ganz wichtig, um dann auch erfolgreich darin zu sein.

SPOX: Jetzt liegt der Triumph in Whistling Straits einige Wochen zurück, Sie haben inzwischen wieder gespielt und bei der KLM Open wieder gewonnen. Wann haben Sie eigentlich begriffen, was Sie da eigentlich bei der PGA Championship geschafft haben? Erst im Urlaub danach?

Kaymer: Diese Woche Urlaub danach war wirklich sehr wichtig für mich zu dem Zeitpunkt, um alles sacken zu lassen, darüber nachzudenken und erst mal zu realisieren, was passiert ist. Das hat mir unheimlich Auftrieb für den Rest der Saison gegeben und natürlich auch meinem Selbstvertrauen nicht geschadet, wobei ich nicht damit gerechnet habe, in Holland direkt wieder gewinnen zu können.

SPOX: Woran denken Sie bei der Woche bei der PGA Championship am liebsten zurück? An welchen Schlag? An welche Situation?

Kaymer: Die gesamte Woche wird immer einmalig bleiben, da ist soviel passiert, was mir in Erinnerung bleiben wird. Beispielsweise auf Loch 6 der Finalrunde: Als ich zum Leaderboard geschaut habe und gesehen habe, dass ich zum ersten Mal in meiner Karriere alleine ein Major anführe, habe ich zu meinem Caddie gesagt: 'Egal was heute noch passiert, ich führe zum ersten Mal alleine ein Major an. Das fühlt sich sehr schön an.' Dann die gesamten zweiten neun Löcher der Finalrunde, in der der Druck schon immens war mit dem Finish an der 18. Ich bin sehr dankbar, dass ich eine solche Erfahrung so früh in meiner Karriere machen konnte und auch schon ein bisschen stolz darauf, wie ich diese Situation gemeistert habe.

SPOX: Wie oft haben Sie sich das Playoff und den Putt zum Sieg noch angeschaut bis jetzt? Es ist immerhin der Putt, mit dem Sie sich einen Lebenstraum erfüllt haben.

Kaymer: Ich habe es mir einmal auf DVD angeschaut, als ich wieder zu Hause in Deutschland war. Aber um das Ansehen ging es mir auch gar nicht so. Vielmehr bleibt mir der Moment, als der letzte Putt im Loch verschwand, im Gedächtnis und das war auch der Grund, warum ich nicht so gejubelt habe, wie es vielleicht viele erwartet hätten. Ich habe diesen Moment einfach genossen und versucht, soviel wie möglich davon zu behalten, weil der Gewinn eines Majors immer eines meiner Karriereziele gewesen ist. Das erreicht man nicht mal so eben.

Teil 2: Kaymer über seinen Hunger auf weitere Major-Siege und die Nummer eins