Kaymer kann sogar Tiger ablösen

Von Florian Regelmann
Martin Kaymer kassierte für seinen Sieg bei der PGA Championship 1,35 Millionen Dollar
© Getty
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5. Kaymers niedrigste Runde: Wer Kaymers Karriere verstehen will, muss in Velburg-Unterwiesenacker beginnen. Dort spielte er 2006 mit 21 Jahren bei der Habsberg Classic eine 59er-Fabelrunde. 12 Birdies, ein Eagle, ein Bogey, vier Pars.

Es spielte sich zwar nur auf der drittklassigen EPD Tour ab, aber dennoch war es das erste Mal, dass ein Großteil der Golf-Szene von einem jungen Senkrechtstarter mit viel Potenzial hörte. Was seit dieser 59 passierte, ist mit "kometenhaft" zwar einerseits richtig, aber andererseits auch völlig falsch beschrieben.

Richtig, weil Kaymer sich im Anschluss an seine EPD-Glanzleistung in einem Höllentempo sofort für die European Tour qualifizierte - zwischen der 59 und seinem Major-Sieg liegen tatsächlich nur vier Jahre. Aber auch falsch, weil in Kaymers Entwicklung dennoch immer alles Step-by-Step ablief. So hatte er zu Beginn auf der European Tour große Probleme, ehe er sich langsam an alles gewöhnte. Und auch bei den Majors dauerte es eine Weile, bis er sich langsam aber sicher an Top-Resultate herantastete.

4. Kaymers wichtigste Siege: Es war die Abu Dhabi Championship 2008, bei der Kaymer seinen ersten Sieg auf der European Tour feierte. Zwei Wochen später landete er in Dubai hinter Woods auf Rang zwei. Sein Birdie-Birdie-Eagle-Finish beeindruckte damals auch Tiger.

Nach dem Turnier traf Kaymer den Weltranglistenersten und konnte mit ihm plaudern. "Hi, I'm Tiger", stellte sich Woods vor. Für Kaymer war es ein unglaubliches Erlebnis. Zwei Jahre später steht Kaymer nicht mit Woods auf einer Stufe, aber er ist längst nicht mehr der kleine Martin, der zum großen Tiger aufschaut.

Ein weiterer Meilenstein war für Kaymer der Heim-Sieg 2008 bei den BMW International Open, den er seiner Mutter Rina widmete, die kurze Zeit später verstarb. Als er bei der PGA Championship den Putt zum Sieg lochte, schien es so, als ob er kurz in den Himmel blicken würde. Da ist gerade jemand mächtig stolz auf ihn.

3. Kaymer goes Ryder Cup: Während Woods auf eine Wildcard von Captain Corey Pavin angewiesen ist, hat sich Kaymer sicher für das europäische Team von Colin Montgomerie qualifiziert.

Auch hier hat er eine Entwicklung hinter sich. Beim letzten Ryder Cup, den er nur ganz knapp verpasste, nahm er eine Einladung von Kapitän Nick Faldo an, um in Kentucky als Gast dabei zu sein. Um Erfahrung zu sammeln, die Atmosphäre aufzusaugen - und um bereit zu sein, wenn er dann mal selbst im Team stehen wird.

Ryder-Cup-Team der USA: Woods muss auf Wildcard hoffen

Dass er diese Anlehnung damals angenommen hat, sagt auch einiges über ihn aus. Er weiß sich gut selbst einzuschätzen und erkannte, dass er noch nicht soweit war, um im Ryder Cup zu spielen. Jetzt ist er nicht nur soweit, um mitzuspielen. Er ist soweit, um eine tragende Rolle zu spielen. Mit seinem guten Freund Rory McIlroy könnte er ein Traumpaar bilden - oder auch mit Bernhard Langer, sollte der von Montgomerie nominiert werden. So ausgeschlossen ist das wirklich nicht.

2. Boris, Schumi, Kaymer: Mitten in der Nacht gewinnt ein Deutscher eines der vier wichtigsten Golf-Turniere der Welt. Die "Bild" adelt ihn sofort als "Deutschlands neuen Golf-Titan", aber es bleibt abzuwarten, inwieweit Kaymers Sieg dem Golfsport in Deutschland einen Schub geben kann. Es ist auf jeden Fall zu hoffen. Ein besseres Vorbild als Kaymer kann es für Talente nicht geben.

Fakt ist auch, dass Kaymers Sieg vom sportlichen Wert und der globalen Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Es ist absolut gleichzusetzen mit einem Wimbledon-Sieg von Boris Becker oder einem WM-Titel von Michael Schumacher.

Kaymer gehört ab sofort zu den ganz großen deutschen Sport-Superstars. Niemand steht vor ihm, höchstens auf gleicher Stufe. Ganz wichtig ist sein Sieg auch für Deutschlands Ryder-Cup-Bewerbung 2018. Diese erhält dringend benötigten Rückenwind.

1. Kaymer kann Tiger ablösen: Wochenlang wurde darauf gewartet, dass Mickelson Woods an der Spitze der Weltrangliste ablöst. Doch es passierte nichts. Es ist gut möglich, dass Mickelson noch die neue Nummer eins wird, aber mittelfristig gibt es in erster Linie mal zwei Kandidaten für den Top-Platz: McIlroy und Kaymer.

So wie es bei Kaymer eine Frage der Zeit war, bis er seinen ersten Major-Sieg gefeiert hat, ist es bei McIlroy eine Frage der Zeit. Und genauso, wie es eine Frage der Zeit war, bis Kaymer seinen ersten Major-Sieg gefeiert hat, ist es eine Frage der Zeit, bis er seinen zweiten abräumen wird.

Weltrangliste: Kaymer jetzt schon auf Rang 5

2010 hat folgende Major-Sieger gebracht: Mickelson, McDowell, Oosthuizen und Kaymer. Die SPOX-Prognose: Von diesen vier Spielern wird von heute an bis zum Ende der Karriere Kaymer die meisten Major-Siege holen.

Und es ist sogar realistisch, dass er die Nummer eins wird. Eventuell schon im nächsten Jahr. Klingt übertrieben, ist es aber bei genauerer Analyse nicht. Der Junge ist einfach verdammt gut. Und wer sich angesichts dieser ultimativen Lobhudelei fragt, ob der Kaymer nicht doch eine Schwäche hat, dem sei gesagt: Ja, hat er. Er ist Fan des 1. FC Köln.

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