"Ich würde alles für Olympia tun"

Von Interview: Florian Regelmann
Martin Kaymer hat in dieser Saison knapp zwei Millionen Euro Preisgeld eingespielt
© Getty
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SPOX: Es läuft inzwischen so gut, dass praktisch jeder Experte davon ausgeht, dass Sie im nächsten Jahr im Ryder-Cup-Team stehen werden. Welche Bedeutung hat die Qualifikation für das Team von Colin Montgomerie für Sie?

Kaymer: Der Ryder Cup ist 2010 mein Hauptziel, ich werde meinen Spielplan gezielt darauf ausrichten. Es hört sich zwar komisch an, aber im Nachhinein bin ich ganz froh, dass ich im letzten Jahr noch nicht als Spieler dabei war.

SPOX: Warum das denn?

Kaymer: Im letzten Jahr ist vieles Neues auf mich zugekommen, es wäre zu früh gewesen. Ich habe als Gast einen perfekten Einblick bekommen. Aus Sicht des Captains, der Spieler, der Caddies, der Zuschauer - ich war überall dabei und konnte mit meinen Augen stehlen. Die Erfahrung hat mir unheimlich viel gebracht, sogar mehr, als wenn ich als Spieler dort gewesen wäre. Jetzt weiß ich, was auf mich zukommt und dass ich im nächsten Jahr unbedingt dabei sein will.

SPOX: Was macht denn genau die Faszination Ryder Cup für Sie aus?

Kaymer: Das ist ganz schwer zu beschreiben. Wenn das Team am Abend, bevor es losgeht, zusammensitzt und von Legenden wie Nick Faldo oder Jose Maria Olazabal Reden gehalten werden, ist das sehr beeindruckend. Zu beobachten, wie die einzelnen Spieler sich untereinander verhalten, mit so großen Spielern wie Faldo und Olazabal  zu plaudern, das war schon cool. Das Gleiche gilt für die Atmosphäre am Sonntagnachmittag, wenn es um die Entscheidung geht. Irre - das muss man live vor Ort erleben, sonst kann man es nicht nachvollziehen.

SPOX: Im nächsten Jahr könnten Sie ja vielleicht auch zusammen mit Bernhard Langer im Team stehen. Monty hat gesagt, dass er ihn als Kandidat für eine Wildcard ansieht. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Kaymer: Das wäre natürlich eine schöne Sache für mich, wenn Bernhard Langer und ich beide im Team wären. Ich denke, dass wir abwarten müssen, wie Bernhard in der nächsten Saison spielt. Klar ist, dass er immer noch sehr sehr gutes Golf spielt.

SPOX: Bernhard Langer ist auch der Hauptgrund, warum Deutschland gute Chancen hat, 2018 den Ryder Cup auszutragen.

Kaymer: Ich bekomme von der Ryder-Cup-Bewerbung eine Menge mit, weil ich ja ein schwedisches Management habe und Schweden sich auch bewirbt. Das wird ein heißes Duell. Wenn ich etwas dazu beitragen kann, dass wir den Ryder Cup bekommen, würde ich das natürlich sofort tun. Ich glaube, dass Deutschland - eben wegen Bernhard Langer - gute Chancen hat.

SPOX: Neben dem Ryder Cup gibt es ab 2016 noch ein Riesenevent im Golf: Olympia in Rio.

Kaymer: Ich finde es klasse, dass Golf jetzt auch olympisch ist. Ich würde alles dafür tun, um in Rio dabei sein zu können. Im Olympischen Dorf andere Sportler kennenzulernen, eine Goldmedaille zu gewinnen und bei der Siegerehrung die Nationalhymne zu hören, wäre etwas ganz Großes für mich.

SPOX: Hätte eine Olympiamedaille im Golf wirklich eine so große Bedeutung? Im Tennis hat sie auch nicht annähernd den Stellenwert wie ein Grand-Slam-Sieg.

Kaymer: Das hängt meiner Meinung nach ganz individuell von jedem Sportler ab. Ich bin mir sicher, dass alle Topstars in Rio dabei sein werden. Auch Tiger.

SPOX: Wenn wir schon bei Tiger sind. Er hat in diesem Jahr kein Major gewonnen, dafür aber unzählige andere Turniere. Ein gutes Jahr für ihn oder doch ein schlechtes?

Kaymer: Klar zählen für ihn in erster Linie die Majors, aber auch ohne Major-Titel hat er auf jeden Fall ein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich. Ich bin mir nach wie vor sicher, dass er den Rekord von Jack Nicklaus mit 18 Major-Siegen in seiner Karriere noch knacken wird.

SPOX: Tiger ist unter anderem dafür bekannt, dass er immer unglaublich früh aufsteht und seine Proberunden spielt. Bei Ihnen ist das ähnlich. Keine Lust zum Ausschlafen?

Kaymer: Wenn ich Ferien habe, schlafe ich schon aus, aber bei den Turnieren mache ich es wie Tiger. Es ist einfach viel weniger los, es sind weniger Spieler auf dem Platz und ich kann mein eigenes Ding machen, ohne groß warten zu müssen. Ich bin ein schneller Spieler und wenn dann in der Gruppe vor einem 35 Bälle aufs Grün gechippt werden und die Runde sechs oder sieben Stunde dauert, dann muss ich mir das nicht antun. Da spiele ich lieber früh, trainiere danach noch ein bisschen und habe dann am Nachmittag noch Zeit, um etwas anderes zu machen.

SPOX: Viele deutsche Spieler, mit denen Sie Ihre Proberunden spielen können, gibt es leider nicht. Marcel Siem hat viel Talent, musste aber erneut lange um seine Tourkarte kämpfen. Mit Christoph Günther, Florian Fritsch und Stephan Gross könnten aber vielleicht drei Jungs nachrücken. Wie sehen Sie die Chancen?

Kaymer: Christoph Günther kenne ich sehr wenig, deshalb kann ich nicht viel zu ihm sagen. Florian Fritsch kenne ich schon lange aus der Nationalmannschaft. Er hat ohne Frage das Potenzial, das hat man bei seinen Auftritten auf der Challenge Tour in diesem Jahr ja gesehen. Was ich nicht verstanden habe, ist, dass er dann einige Turniere ausgelassen hat, und zum Beispiel dafür in Köln mitgespielt hat. Aber das muss er entscheiden. Stephan Gross kenne ich auch sehr lange, er hat in Phoenix studiert und mit ihm habe ich schon einiges unternommen, ein sehr netter Typ. Bei ihm wird es nicht lange dauern, bis er auf der European Tour spielt, da bin ich mir sicher. Er hat sehr gute Chancen.

SPOX: Wenn es Stephan Gross auf die European Tour schafft, sind Sie dann noch da? Oder sind Sie doch schon auf der US PGA Tour?

Kaymer: Ich werde im nächsten Jahr auf jeden Fall noch auf der European Tour spielen und auch nicht versuchen, mir die Karte für die US-Tour zu erspielen. Ich kann mir auch schwer vorstellen, dass ich 2011 ausschließlich in den USA spielen werde. Ich werde ein Mix aus Europa- und US-Tour spielen, das hat mir in den letzten Jahren gut gefallen. Europa wird meine Heimattour bleiben, weil ich auch gerne andere Länder oder neue Städte sehe. Dazu kommt die Kultur. In Amerika ist das alles ein bisschen anders. Meine Meinung kann sich zwar ändern, aber ich denke nicht, dass ich in den nächsten fünf Jahren komplett auf die US-Tour wechseln werde.

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