1. Eldrick. 2. Tiger. 3. Woods.

Von Florian Regelmann
Tiger Woods will seinen vierten US-Open-Titel holen
© Getty

Die ganze Golf-Welt schaut auf den Black Course im Bethpage State Park. Die US Open stehen an. Wer beim wohl aufregendsten Major-Turnier des Jahres die besten Chancen auf den Titel hat, steht im SPOX-Ranking. Mit dabei sind natürlich Tiger und Phil, aber auch Mr. Comeback und als Wildcard ein Spanier mit Liebeskummer.

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1. Tiger Woods

Ein Favoritencheck ohne Tiger? Natürlich undenkbar. Eigentlich muss man zu Eldrick Tiger Woods überhaupt nichts mehr schreiben. Alles andere als ein Sieg wäre eine Enttäuschung. Vor die Frage gestellt, auf Tiger zu setzen oder auf das restliche Feld, sollte man sich für Woods entscheiden. Spätestens seit seinem Sieg beim Memorial dürfte jedem klar sein: Tiger ist endgültig zurück. Nun ist es nicht so, dass der 33-Jährige bei den ersten Turnieren seit seinem Comeback im März schlecht gespielt hätte.

Alle anderen Spieler auf diesem Planeten wären über fünf Top-10-Platzierungen in fünf Turnieren froh, aber für Woods zählen nur Siege. Diese schaffte er unter anderem beim Masters in Augusta deshalb nicht, weil sein langes Spiel noch nicht wieder zu hundert Prozent funktionierte. Das tut es aber jetzt. Beim Memorial traf Woods praktisch jedes Fairway. Schafft er das auch nur annähernd in Bethpage Black, wo er bereits 2002 die US Open gewann, heißt der Sieger am Ende Woods. Garantiert.

Außerdem gibt es noch einen Grund, warum Tiger gewinnen muss: Roger Federer. Als sein guter Freund den Titel bei den French Open holte und mit ihm gleichzog (14:14 in Major-Siegen), fieberte Woods nach eigenen Angaben mit und schrie sogar den Fernseher an, weil er so nervös war. Federer French Open, Woods US Open, Federer Wimbledon, Woods British Open - so hätten es die beiden gerne. Tiger ist an der Reihe und geht als Topfavorit ins Turnier. Dahinter kommt lange nichts. Eigentlich ist er die Nummer 1, 2 und 3 im Ranking...

2. Phil Mickelson

Wer an Phil Mickelson und die US Open denkt, der denkt logischerweise sofort an 2006. Winged Foot. Mickelson hat seinen ersten US-Open-Triumph, von dem er seit frühester Kindheit an geträumt hat, schon fast im Sack, aber was macht er dann? Er haut seinen Drive an der 17 in einen Mülleimer und seinen Abschlag an der 18 links auf ein VIP-Zelt. Es war unglaublich. "Ich kann nicht glauben, dass ich das getan habe. Ich bin so ein Idiot", sagte Mickelson im Anschluss.

Er muss irgendwann noch die US Open gewinnen, sonst wird ihm das ewig nachhängen. So viel ist klar. Ob es in diesem Jahr klappt? Gut möglich. Die Fans in New York lieben Mickelson sowieso über alles und aufgrund der Brustkrebserkrankung seiner Frau Amy bekommt die Situation noch mal eine ganz andere Dimension. Normalerweise sind Amy und die Kinder immer an seiner Seite, in dieser Woche nicht. Die Fans sind seine "Family". Mickelson weiß, dass die US Open für unbestimmte Zeit sein letztes Turnier sein werden.

Wenn Mickelson die gewaltigen Gefühle, die er ohne Zweifel haben wird, auf dem Platz kontrollieren kann, hat er eine exzellente Chance auf den Sieg. Wow, allein der Gedanke daran lässt Gänsehaut aufkommen. Mickelson bringt den Pokal, wie von Amy gewünscht, ans Krankenbett. Es wäre die emotionalste Sport-Geschichte des Jahres!

3. Steve Stricker

Steve Stricker ist wie gemacht für die US Open. Der Amerikaner schlägt den Ball einigermaßen lang, aber vor allem gerade. Fairway und Grün, Fairway und Grün: Stricker befindet sich selten in größeren Problemen abseits der Spielbahn und ist als guter Putter bekannt. Es wäre verwunderlich, wenn der 42-Jährige bei den US Open nicht vorne auf dem Leaderboard auftauchen würde.

Die Form stimmt auch: Vor kurzem gewann Stricker im Stechen das Colonial. Stricker ist der Mr. Comeback im Golf. 2006 und 2007 bekam er auf der US PGA Tour zweimal in Folge die Auszeichnung zum Comeback-Spieler des Jahres. Klingt erstmal irre: Wie kann man zweimal in Folge Comeback-Spieler des Jahres werden? Es ist sehr ungewöhnlich, aber gerechtfertigt. Mitte der 90er-Jahre galt Stricker als einer der kommenden Stars, doch dann verschwand er für lange Zeit von der Bildfläche. Und zwar nicht ein bisschen, sondern komplett. Stricker war ein Niemand. Doch er kämpfte sich zurück, zunächst in die Respektabilität (Comeback 1), dann wurde er zum echten Star (Comeback 2). Warum soll er nicht auch mal ein Major gewinnen?

4. Ernie Els

Ernie Els hat in seiner Karriere zweimal die US Open gewonnen. 1994 und 1997. Sein letzter Major-Sieg datiert aus dem Jahr 2002 (British Open). Seit sieben Jahren wartet "The Big Easy" also auf seinen nächsten großen Triumph. Angesichts seines Talents eigentlich nicht zu glauben.

Eine schwere Knieverletzung, die er sich 2005 bei einem Segelurlaub zuzog, warf ihn sicherlich zurück, aber Anfang 2007 sah sich Els so gut in Form, dass er einen Dreijahresplan ausrief, mit dem er Tiger Woods an der Spitze der Weltrangliste ablösen wollte. Mit diesem Plan wird es nichts, aber Els ist auf jeden Fall auf einem guten Weg zu alter Topform. Beim Memorial war das lange Spiel des Südafrikaners überragend - wenn er jetzt noch ein paar Putts locht, wird er bald auch wieder große Turniere gewinnen.

5. Paul Casey

Europäer und die US Open, das ist eine ganz eigene Geschichte. Der letzte europäische Sieger war der Engländer Tony Jacklin 1970. Das ist jetzt fast 40 Jahre her. Europas größte Hoffnung heißt in diesem Jahr Paul Casey. Der 31-jährige Engländer spielt 2009 eine herausragende Saison. Zuletzt holte er sich den Titel bei der BWM Championship in Wentworth. Vor einigen Jahren hatte er noch Angst um die Zuschauer, weil seine Abschläge so wild links und rechts wegflogen.

Nun steht er auf Rang drei der Weltrangliste - so hoch wie nie. Casey hat ohne Frage das Potenzial, um ein Major zu gewinnen. Was dann wohl die Amerikaner dazu sagen würden? Die USA waren für Casey sowohl Fluch als auch Segen. Nachdem er 2004 angesprochen auf den Ryder Cup mit den Worten zitiert wurde "Amerikaner sind dumm. Ich hasse sie", bekam er Droh-Mails. Er hatte es so nicht gesagt, aber noch heute bekommt er unangenehme Post. Auf der anderen Seite ging Casey in den USA zur Uni (Arizona State) und ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Let's go Paul! Tu es für Europa!

Wildcards: Jim Furyk/Martin Kaymer/Sergio Garcia

Drei Namen, die man auf der Rechnung haben sollte. Aus völlig unterschiedlichen Gründen. Für Furyk sieht es auf den ersten Blick eigentlich nicht gut aus. Als die US Open das letzte Mal in Bethpage zu Gast waren, beklagte er sich schon über das miese Wetter. Furyk damals: "Das ist doch kein Sommer." Der Platz spielt sich bei Nässe noch länger, Gift für den "kurzen" Furyk. Und jetzt die schlechte Nachricht, Jim: Das Wetter ist schon wieder total besch... Aber hier kommt die gute Nachricht: Furyk wird fighten, denn es ist "sein Jahr". Zuerst gewannen seine Pittsburgh Steelers den Super Bowl und jetzt gewannen seine Pittsburgh Penguins auch noch den Stanley Cup. Der wird doch nicht auch noch die US-Open-Trophy nach Pittsburgh holen!

Bei Martin Kaymer wartet man nach wie vor auf den ganz großen Durchbruch in den USA. In den letzten Wochen spielte der Deutsche unfassbar solide und fuhr total ordentliche, aber auch langweilige Ergebnisse ein. Es fehlte der Ausreißer nach oben. Vielleicht hat er sich diesen ja für die US Open aufgehoben. Schön wär's und zuzutrauen ist es ihm auf jeden Fall.

Was Sergio Garcia angeht, so muss die Frage erlaubt sein: Was zur Hölle ist eigentlich mit dem Spanier los? Wer ihn zuletzt auf dem Platz gesehen hat, der sah einen völlig untypischen Garcia. Einer, der keinen Spaß hat und total neben sich steht. Ein Grund für seine Probleme sind privater Natur. Morgan Leigh Norman, die Tochter von Greg Norman, verließ Garcia. Eine Trennung, die ihm sehr zu schaffen macht.

Bleibt zu hoffen, dass bald wieder der alte Sergio auftaucht. Es spricht aktuell absolut nichts dafür, dass er bei den US Open eine Rolle spielen könnte, aber wer weiß, manchmal ist der Golfsport sehr verrückt. Irgendwann muss Garcia doch endlich mal sein erstes Major gewinnen. Er geht schließlich jetzt auch schon auf die 30 zu...

Der Black Course von Bethpage: Betreten auf eigene Gefahr!