"Ich freue mich auf Tiger"

Von Interview: Florian Regelmann
Padraig Harrington auf Triumphzug nach dem Sieg bei der British Open
© Getty

Padraig Harrington hat die letzten beiden Major-Turniere gewonnen und ist in Abwesenheit des verletzten Tiger Woods zum Mega-Star geworden. Bei SPOX spricht der Ire über seinen unglaublichen Erfolg.

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Padraig Harrington hat noch nie einen Fan stehen lassen, der ein Autogramm wollte. Und wenn doch, dann nur deshalb, weil er Angst hatte, was dieser Fan wohl seinem Freund über ihn erzählen würde.

In einer Sport-Welt, die voll ist von eingebildeten Superstars, in einem Sport, der es zwingend erfordert, dass man mental stark ist und an seine eigene Stärke glaubt, ist Harrington so etwas wie der nette Softie.

Padraig Harrington Superstar

Ein erfolgreicher Softie. Er musste lange auf den ersten großen Sieg warten, aber 2007 war es dann bei den British Open endlich soweit. Der ewige Zweite holte sich in Carnoustie seinen ersten Major-Titel.

Niemand gönnte man es mehr. Seitdem hat der Ire drei der letzten sechs Majors gewonnen, darunter die letzten beiden. Erst verteidigte er seinen Titel bei der British Open, dann gewann Harrington auch die PGA Championship. In Abwesenheit des am Knie verletzten Tiger Woods war Harrington der Superstar im Golf.

Im SPOX-Interview verrät der 37-Jährige, wie er das Duell mit Tiger Woods und Shooting-Star Martin Kaymer einschätzt und warum er seine schwangere Frau unsanft aus dem Schlaf riss.

SPOX: Padraig, wie ist es eigentlich immer und überall der Nette zu sein. Haben Sie nichts Böses in sich?

Padraig Harrington (lacht): Nein. Ehrlich nicht. Ich bin ein entspannter und lockerer Typ und ich bin mit meiner Einstellung zu den Dingen sehr glücklich. Ich habe nicht vor, irgendetwas daran zu ändern. Aber ich muss zugeben, dass ich manchmal liebend gerne arroganter wäre und gerne ein größeres Ego hätte.

SPOX: Warum klappt das nicht?

Harrington: Es entspricht einfach nicht meinem Naturell. Und dass ich ruhiger bin, hilft ja auch meinem Golfspiel. Ich zeige meine Emotionen nicht so auf dem Platz. Wenn mich etwas frustriert, dann versuche ich, das ganz schnell abzuhaken und mich auf meinen nächsten Schlag zu konzentrieren. Man mag es nicht glauben, aber ich habe noch nie einen Schläger geschmissen und ich vermeide es auch zu fluchen. Für mich ist das eine Form der Undiszipliniertheit.

SPOX: Sie hatten auch nicht viel Grund zu fluchen im letzten Jahr.

Harrington: Das stimmt. 2008 war ein fantastisches Jahr für mich. Es war sehr aufregend, zwei Majors zu gewinnen. Ich bin sehr zuversichtlich, was die neue Saison angeht. Ich bin guter Dinge, dass ich weitere Major-Turniere gewinnen kann.

SPOX: Gibt es eigentlich etwas, das vergleichbar schön ist, wie einen Putt zum Major-Sieg zu lochen?

Harrington: Das ist eine gute Frage. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es ein unglaubliches und unbeschreibliches Gefühl ist. Was bei meinen drei Major-Siegen so toll war, ist, dass sie alle drei sehr verschieden waren und unter ganz unterschiedlichen Drucksituationen zustande gekommen sind. Jeder letzte Putt war sehr, sehr speziell.

SPOX: Lassen Sie uns Ihre drei Major-Siege durchgehen. Beginnen wir mit dem letzten, der PGA Championship. Nach zwei Runden waren sie weit hinten gelegen. War das der Sieg, der Sie am meisten zufriedengestellt hat?

Harrington: Jeder Triumph war auf seine Weise einzigartig. Die Open Championship 2007, weil es so ein dramatisches Duell mit Sergio Garcia war. Die Open Championship 2008, weil ich meinen Titel verteidigen konnte und am Sonntag auf den zweiten neun Löchern so gut gespielt habe. Und die PGA Championship, weil ich mich da nicht habe unterkriegen lassen, drangeblieben bin und am Wochenende so gut gescort habe.

SPOX: In Birkdale war es auch etwas Besonderes, weil Sie sich ein Duell lieferten mit Altmeister Greg Norman. Jeder wünschte Norman den Sieg, weil es so eine tolle Story war.

Harrington: Mit Greg in der letzten Gruppe spielen zu dürfen war ein außergewöhnliches Erlebnis. Im Nachhinein war es gut für mich, dass er die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Das nahm mir etwas den Druck. Es wäre eine tolle Geschichte gewesen, wenn er gewonnen hätte, aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich musste diese tolle Geschichte zerstören.

SPOX: Ihr erster Triumph war in Carnoustie vor zwei Jahren, als Sie Garcia im Stechen bezwangen. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie daran zurückdenken?

Harrington: Oh, Mann. Allein der Gedanke daran sorgt bei mir mich immer noch für Gänsehaut. Es war so dramatisch. Einfach Wahnsinn.

SPOX: Wie lange dauerte es, bis Sie begriffen hatten, dass Sie gerade ihr erstes Major, die Open Championship, gewonnen hatten?

Harrington: Das hat eine Weile gedauert. In der Nacht habe ich meine Frau Caroline, die zu dem Zeitpunkt übrigens hochschwanger war, um sechs Uhr aufgeweckt und sie daran erinnert, dass ich gewonnen hatte. Der Claret Jug lag am Ende unseres Bettes - ich konnte es nicht fassen.

SPOX: Sie waren so oft Zweiter gewesen. Gab es einen Zeitpunkt, an dem Sie dachten, dass es einfach nicht sein soll mit dem ganz großen Sieg.

Harrington: Nein, ich habe immer daran geglaubt, dass meine Zeit kommt. Ich habe nur darauf gewartet, dass alles zusammenpasst. Die harte Arbeit mit meinem Coach Bob Torrance und mit Bob Rotella (einer der bekanntesten Sportpsychologen, Anm. d. Red.) hat mir den Glauben gegeben.

SPOX: Und jetzt liegen Sie nur noch zwei Major-Siege hinter Severiano Ballesteros. Drei hinter Nick Faldo.

Harrington: Wenn man sich das überlegt, ist es unglaublich. Das sind beides Legenden. Es ist großartig, dass ich Ihnen auf den Fersen bin und schon die Hälfte von dem erreicht habe, was sie erreicht haben.

SPOX: Noch mehr Major-Siege werden aber nun wieder schwieriger. Tiger Woods kommt zurück.

Harrington: Ich denke jetzt nicht 'Oh, super, dass ich gewonnen habe, als Tiger verletzt war', bei meinem ersten Major-Sieg war Tiger ja im Feld. Ich habe großes Vertrauen in mein Spiel und ich freue mich darauf, mich in dieser Saison mit einem gesunden Tiger zu messen. Es ist gut für die Tour, wenn er wieder da ist.

SPOX: Sie haben die letzten beiden großen Events gewonnen. Man möchte meinen, alles läuft perfekt, aber ich weiß, dass Sie dennoch schon wieder an ihrem Schwung herumdoktern. Warum?

Harrington: Ich bin ein Perfektionist und es macht mir einen Riesen-Spaß, zu trainieren und an meinem Spiel zu arbeiten. Es sind nur kleine Veränderungen, die ich vornehme. Sie sollen dazu dienen, dass alles weiterhin so gut funktioniert, wie es sein sollte. In den Wintermonaten arbeite ich außerdem auch sehr viel an meiner Fitness.

SPOX: Sie gelten zusammen mit Vijay Singh als der härteste Arbeiter im Golfsport. Wie dunkel wird es, wenn Sie auf der Range stehen?

Harrington (schmunzelt): Es kann schon passieren, dass ich der Letzte bin, der noch da ist. Für mich ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass ich alles getan habe, was ich tun kann. Es gibt mir das Selbstvertrauen, in einer Drucksituation am Abschlag zu stehen und zu wissen, dass ich einen großartigen Schlag machen kann.

SPOX: In Deutschland hoffen wir alle auf Martin Kaymer. Was halten Sie von unserem Shooting-Star?

Harrington: Martin ist ein leuchtendes Talent. Ich weiß noch, wie er in Abu Dhabi gewonnen hat im vergangenen Jahr. Das war brillant. Er hat schon viele Top-Platzierungen vorzuweisen und ist ohne Zweifel einer der hoffnungsvollsten Spieler, die wir in Europa haben. Er hat den Platz im Ryder-Cup-Team im letzten Jahr nur ganz knapp verpasst, aber ich bin mir absolut sicher, dass er 2010 dabei sein wird.

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