Der Auto-Freak des Jahres

Von Florian Regelmann
Stephan Gross (r.) sorgte neben Martin Kaymer 2008 für Furore
© Getty

Deutschland hat Martin Kaymer, Deutschland bekommt Stephan Gross. Lange Zeit kam nach Bernhard Langer nicht viel, jetzt steht schon wieder ein großes Talent vor einer viel versprechenden Profi-Karriere. Bei SPOX verrät Gross, wann er bereit ist für den Sprung zu den Profis und warum Tiger Woods in seinen Träumen vorkommt.

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Als Martin Kaymer nach seinem grandiosen Triumph bei den BMW International Open im Juni in München auf der Hinterbank eines BMW Oldtimers saß und zur Siegerehrung fuhr, saß der deutsche Shootingstar nicht alleine im Auto.

Neben ihm saß sein guter Freund Stephan Gross. Er war nicht unsichtbar, Gross saß tatsächlich da. Dennoch galt der unglaubliche Jubel und das schwarz-rot-goldene Fahnenmeer natürlich hauptsächlich Kaymer. Viele der Fans hätten wohl gar nicht sagen können, wer der lange Blonde neben Kaymer denn überhaupt ist.

Das wird sich ändern. Mit einem starken 30. Platz bei den BMW International Open hatte Gross angedeutet, dass da ganz still und leise schon wieder ein deutsches Golf-Supertalent heranwächst.

Seine Leistung in Eichenried war nämlich nur der Anfang eines Sensations-Sommers.

Höhepunkt: EM-Titel

Im Zeitraffer: 3. Platz bei der Mannschafts-EM in Italien, Sieg mit zehn Schlägen Vorsprung bei der IAM, Fast-Sieg bei der Vodafone Challenge auf der Challenge-Tour und dann der Knaller überhaupt: Gross holte sich den Titel bei der Einzel-EM in Dänemark - das hatte vor ihm nicht mal Kaymer geschafft.

"Diese Woche war einfach unvergesslich. Es war der Höhepunkt eines sensationellen Jahres für mich", erzählt Gross im Gespräch mit SPOX.

Wenn man den 21-Jährigen in diesen Tagen erreichen will, muss man nach Amerika telefonieren. Genauer gesagt nach Arizona. Gross studiert seit dem letzten Jahr an der renommierten Arizona State University.

Studium in Arizona

Na, klingelt's? Richtig - genau da, wo auch beispielsweise Phil Mickelson Uni-Golf spielte. Die "ASU"-Sprechchöre sind auf der PGA Tour bestens bekannt.

"Nachdem ich 2007 im Juni mein Abitur gemacht hatte, wollte ich einfach im Winter irgendwo hingehen, wo ich weiterhin gut trainieren und Turniere spielen kann, so kam ich dann nach Arizona. Der einzige Grund, weshalb ich in die USA gegangen bin, ist, um mein Golf zu verbessern", so Gross.

Golf ist die klare Nummer eins, aber natürlich muss der Deutsche auch ganz normal studieren: Zurzeit heißen die Fächer Wirtschaft, Soziologie, Mathe und Computer. Nächstes Semester folgen Geographie, Geologie, Geschichte und Yoga.

Klar, dass dies alles nur mit einem sehr strukturierten Tagesablauf zu bewältigen ist.

Parallelen zu Kaymer

"Hier in Arizona habe ich dreimal die Woche morgens um 6.30 Uhr Fitness, dann meistens von 9 bis 12 Uhr Uni und danach trainiere oder lerne ich. An den Tagen, an denen morgens kein Fitness ist, gehe ich abends alleine ins Fitnessstudio", berichtet Gross.

Gross ist Gross und nicht Martin Kaymer 2, aber die Parallelen sind nicht zu leugnen. Was die Spielweise angeht, sind beide der "Fairway und Grün-Typ", den starke und sichere Drives auszeichnen, der aber auch durchaus aggressiv spielt. Kontrollierte Offensive ist das Stichwort.

Auch von der Mentalität wirkt Gross ähnlich bescheiden wie Kaymer. "Auf jeden Fall ist Martin ein großes Vorbild, ich verfolge seine Laufbahn ganz genau und bewundere ihn sehr für alles, was er bisher erreicht hat, und natürlich auch dafür, dass er trotz des ganzen Trubels so bodenständig geblieben ist."

Großer Auto-Fan

Während die Stärken auf der Hand liegen, muss man nach den Schwächen suchen. Und findet eine "Schwäche" außerhalb des Platzes.

"Ich liebe Autos und würde am liebsten den ganzen Tag mit schnellen Autos durch die Gegend fahren", gesteht Gross.

Mit einer erfolgreichen Golf-Karriere wird er sich im Vorbeigehen den einen oder anderen Auto-Traum auch noch erfüllen können.

Ende nächsten Jahres soll der Traum spätestens losgehen. Gross' Plan ist es, noch bis Mai 2009 zu studieren und nach der British Open bzw. Ende 2009 Profi zu werden. Durch seinen EM-Titel hat Gross das Startrecht bei der Open Championship. Vorher Profi zu werden und das aufzugeben, wäre da natürlich äußerst ungeschickt.

2009 bei der British Open

"Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten, die BMW International Open dieses Jahr war schon ein echtes Erlebnis, aber die British Open wird das bestimmt noch toppen. Ich hoffe nur, dass Tiger dann wieder spielen kann, das wäre unglaublich im gleichen Turnier mit ihm zu spielen", lässt Gross seine Vorfreude raus.

Gross glaubt fest daran, dass es irgendwann mal Routine werden kann, mit den Besten der Besten Woche für Woche aufzuteen.

"Gerade nach dieser Saison bin ich mir sicher, dass ich es schaffen kann, so wie Martin auf der European Tour vorne mitzuspielen. Ich bin sehr ehrgeizig und mein Ziel ist es, so bald wie möglich auf der Tour zu sein. Dafür werde ich alles tun", macht Gross deutlich.

Der Traum vom Major

Gross arbeitet nicht nur auf der Range oder im Kraftraum. Er beschäftigt sich auch mental mit seinen Zielen. Die Visualisierung von zukünftigen Erfolgen gehört nicht erst seit Neuestem quasi mit zur Turnier- und Saisonvorbereitung.

"Um ehrlich zu sein, gerade jetzt, wo ich weiß, dass ich nächstes Jahr bei einem Major mitspielen werde, träume ich oft davon, wie ich mit großen Spielern wie Tiger Woods spiele und am Ende sogar den Putt zum Sieg einloche", sagt Gross.

Erst träumt er davon, dann macht er es wahr: Nach Martin Kaymer bekommt Deutschland mit Stephan Gross schon wieder so einen jungen Golfer, der das Zeug zu einem ganz Großen hat  - der deutsche Golfsport geht aller Voraussicht nach glücklichen Zeiten entgegen.

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