"WhatsApp ist explodiert"

Von Michael Berndt
Simon Terodde spielt seit Sommer 2014 im Dress des VfL Bochums
© getty

Auch im zweiten Jahr beim VfL Bochum trifft Simon Terodde beinahe nach Belieben. Im SPOX-Interview spricht der Goalgetter über seinen schweren Einstieg in den Profifußball, hilfreiche Wegbereiter und Gertjan Verbeeks legendäre Pressekonferenz.

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SPOX: Herr Terodde, Sie sind schon wieder einer der Top-Torjäger der 2. Bundesliga und haben sich im Profi-Fußball etabliert. Danach sah es aber nicht immer aus. Los ging's bei Ihrem Ausbildungsverein MSV Duisburg.

Simon Terodde: Ich habe dort 2007 meinen ersten Profivertrag unterschreiben. Der MSV war damals noch Bundesligist. Ich wurde in der Saison zuvor Torschützenkönig der Junioren-Bundesliga, doch es war klar, dass es bei den Profis schwer werden würde. Die Konkurrenz im Angriff war namhaft, Ailton stand beispielsweise vor mir. Da sich meine Einsatzzeiten auch in der darauffolgenden Saison nicht verbesserten, entschloss ich mich zur Leihe in die 3. Liga zu Fortuna Düsseldorf.

SPOX: Wirklich voran ging es dort aber auch nicht.

Terodde: Ich durfte in den ersten Spielen nach der Winterpause zwar auflaufen, habe mich dann aber dummerweise schwer an den Rippen verletzt. Wir sind zwar am Ende in die 2. Liga aufgestiegen, doch sportlich hatte ich daran nur geringen Anteil.

SPOX: Da sich Ihre Perspektive im Anschluss in Duisburg nicht veränderte, gingen Sie im Sommer 2009 zur zweiten Mannschaft des 1. FC Köln in die Regionalliga West. Wieso?

Terodde: Damals lagen mir natürlich nicht gerade haufenweise Anfragen vor. Kölns U21-Trainer Frank Schaefer kam dann aber zum Glück auf mich zu und überredete mich zu einem völligen Neustart. Mir war es wichtig, einen Trainer zu haben, der vollkommen hinter mir steht und mich fördert. Frank Schaefer kannte mich schon aus meiner Zeit beim MSV und hatte mich bereits ab der B-Jugend regelmäßig beobachtet. Er meinte damals, dass die Tore von allein kommen würden, wenn ich wieder richtig fit sei. Köln war die richtige Entscheidung, Schaefers offensive Spielweise kam mir entgegen. Dank ihm konnte ich mich für einen Profivertrag beim FC empfehlen und schaffte es später per Leihe zu Union Berlin.

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SPOX: Der feste Wechsel an die Alte Försterei war 2012. Hatten Sie damals zum ersten Mal das Gefühl, so richtig im Profigeschäft angekommen zu sein?

Terodde: Definitiv. Dort habe ich mich schnell als fester Bestandteil gefühlt. Die harten Jahre hatten sich ausgezahlt. Die Engagements zuvor in Duisburg, Düsseldorf und Köln kamen mir dann wie ein Zubrot vor, denn als Profi konnte ich mich dort noch nicht bezeichnen.

SPOX: Für Union erzielten Sie 25 Tore in 93 Partien, doch das Ende in der Hauptstadt verlief enttäuschend für Sie: Der Verein erteilte Ihnen am Ende der Saison 2013/2014 trotz gültigen Vertrags die Freigabe. Wie haben Sie das aufgenommen?

Terodde: Unterm Strich hatte ich drei gute Jahre bei Union, für den Sprung ins Profigeschäft war das genau der richtige Verein. Trainer Uwe Neuhaus hat mich sehr gefördert, doch im letzten halben Jahr lief es für mich gar nicht mehr. Ich saß häufig nur noch auf der Bank und dann wurde auch Uwe Neuhaus entlassen. Die Hoffnung, dass sich unter dem neuen Trainer Norbert Düwel etwas verändern würde, währte nur kurz. Ich bekam das Signal, dass man mir keine Steine in den Weg legen würde.

SPOX: So ging es zum VfL Bochum und zu Peter Neururer, der bereits in Duisburg Ihr Coach war. Er soll Ihnen damals auch den Ratschlag gegeben haben, den MSV zu verlassen. Stimmt das?

Terodde: Ja. Das war im Nachhinein gesehen auch ein sehr guter Tipp. (lacht) Beim MSV standen 40 Spieler im Kader, ich war zusammen mit Mirko Boland der Jüngste. Es wurde ein deutlicher Schnitt gemacht. Ich war nicht besonders erpicht darauf, mit der Reserve in der Oberliga zu spielen und habe mich daraufhin mit Peter Neururer ausgetauscht. Als wir uns dann in Bochum wiedersahen, haben wir natürlich gescherzt, dass wir uns schon wieder über den Weg laufen.

SPOX: In Bochum ging es anfangs sehr steil nach oben bis an die Tabellenspitze, dann stürzte der VfL ab und Neururer musste gehen.

Terodde: Der Start war wirklich sensationell, ich habe von der Mannschaft profitiert und sie von mir. Im Anschluss an die Erfolgsserie sind wir aber in ein Loch gefallen und kamen dort kaum mehr heraus. Das war wirklich ärgerlich.

SPOX: Am Ende reichte es für den VfL nur zu Platz 11. Mit einem Treffer mehr schnappte Ihnen Rouwen Hennings dann auch noch die Torjägerkanone weg. Wie sehr hat Sie das gewurmt?

Terodde: Ich habe natürlich darauf geschaut und wollte diesen persönlichen Titel schon holen. Rouwen hat letztlich eine wahnsinnige Rückrunde gespielt und konstant getroffen. Glückwunsch nochmal dazu!

SPOX: Hennings ging daraufhin nach England. Auch um Sie gab es zahlreiche Wechselgerüchte und angebliche Offerten von Hertha BSC und Mainz 05. Reizt Sie die Bundesliga nicht?

Terodde: Die Bundesliga reizt schon, am liebsten mit dem VfL. Ansonsten habe ich mich zu Transfergerüchten noch nie geäußert und werde das auch so beibehalten. In der letzten Saison war es durch das Auf und Ab nicht leicht in Bochum. Ich bin aber nicht auf den Verein zugegangen und habe um einen Transfer gebeten. Wechselwilligkeit kann man mir nicht attestieren.

SPOX: Zur neuen Saison wurde Gertjan Verbeek neuer Coach in Bochum. Der sorgte vor einigen Wochen bei einer Pressekonferenz mit einer Wutrede für deutschlandweite Schlagzeilen. Wie wurde das innerhalb der Mannschaft aufgenommen?

Terodde: Wir haben natürlich schnell davon Wind bekommen. Auch in meinem Freundeskreis wurde das diskutiert, bei mir ist WhatsApp explodiert. (lacht) Man redete im Mannschaftskreis logischerweise darüber und es gab auch den einen oder anderen Scherz in der Kabine. Das ist ja auch normal.

SPOX: Was sagt diese Episode in Ihren Augen über den Typen Gertjan Verbeek aus?

Terodde: Er ist sehr direkt und sehr geradeaus. Man weiß schnell, woran man bei ihm ist. Das ist für mich eine gute Eigenschaft eines Trainers und kommt mir persönlich sehr entgegen. Wie die Medien ihn betrachten, spielt für uns Spieler nicht die Hauptrolle.

Nach Wutrede: Keine Konsequenzen für Verbeek

SPOX: Während Verbeek auch mal aus der Haut fahren kann, machen Sie meist einen aufgeräumten, ruhigen Eindruck. Trügt der Schein?

Terodde: Ich denke nicht. Natürlich brodelt es auf dem Platz auch mal und ich muss aufpassen, die Contenance zu bewahren und mir nicht wegen Meckerns eine Gelbe Karte einzufangen. Immer gelingt das vielleicht nicht, aber ansonsten würde ich mich durchaus als entspannten Gesellen bezeichnen - ein ruhiger Westfale eben. (lacht)

Simon Terodde im Steckbrief

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