"FCB-Profibereich war nicht existent"

Von Interview: Matthias Faidt
Markus Steinhöfer (l.) anno 2012 im Duell mit Bayerns Philipp Lahm
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SPOX: Gemeinsam haben Sie Manchester United aus der Champions League geworfen und Sie haben nach dem spektakulären Klärungsversuch an die Latte Kult-Status erlangt.

Steinhöfer: Das war für mich einer der schönsten Abende als Fußballer. 'Dr Steini isch e Glatte, Dr Steini isch e Glatte, Dr Steini schießt dr Ball an d Latte' kam dann spontan auf dem Barfüßerplatz nach dem Spiel, als wir mit den Fans gefeiert haben. Im Hinspiel haben wir zunächst 3:3 im Old Trafford gespielt, dann zuhause das alles entscheidende Spiel: So eine Stimmung habe ich noch nie erlebt! Ein Wahnsinn, nach dem 2:0 ist das Stadion explodiert. Darauf schaut man immer wieder gerne zurück.

SPOX: Ihre Zeit in Basel ging im Sommer 2013 zu Ende, es folgte Real Betis. Wie groß war die kulturelle Umstellung?

Steinhöfer: Sehr groß! Ich bin Deutscher und 'dahoam is dahoam', sagt man in Bayern. Sevilla ist wunderschön, das Wetter ist toll, aber meine Freundin, meine Freunde, meine Familie haben mir gefehlt - das ganze soziale Umfeld eben. Man kann ja nicht einfach alles mit nach Sevilla nehmen. Ich bin früh von zuhause ausgezogen, aber ich war immer in Schlagdistanz. Ich konnte immer nach Hause fahren, wenn ich es mal brauchte. Ich muss mich wohlfühlen, um eine gute Leistung zu bringen. In Basel hatte ich das richtige Umfeld, da habe ich schnell Freunde gefunden. In Sevilla war das viel schwieriger, denn fast keiner spricht Englisch. Ich musste sofort Spanisch lernen, was von heute auf morgen auch nicht ganz einfach war. Rückblickend war das eine prägende Zeit. Jetzt bin ich aber einfach froh, wieder in Deutschland zu sein: Organisatorisch gibt es einfach nichts Besseres.

SPOX: Konnten Ihnen die anderen deutschsprachigen Spieler vom Stadtrivalen FC Sevilla bei der Eingewöhnung etwas weiterhelfen?

Steinhöfer: Mit Piotr Trochowski habe ich mich ein paar Mal getroffen, war auch mal bei ihm zum Grillen. Wir kannten uns schon aus der Bayern-Jugend. Aber Ivan Rakitic habe ich nur während des Derbys auf dem Spielfeld getroffen, außerhalb hatte ich nichts mit ihm zu tun. Marko Marin habe ich nie gesehen. Ich hatte also nur zu Troche Kontakt. Der ist inzwischen schon zwei Jahre dort und es gefällt ihm wirklich gut.

SPOX: Nicht nur das Stadtderby ging deutlich verloren. Betis steht als Europa-League-Teilnehmer abgeschlagen am Tabellenende.

Steinhöfer: Bei Betis greifen die Zahnräder einfach nicht ineinander. Nun wurde schon wieder ein Trainer entlassen. Juan Carlos Garrido, der erst im Dezember gekommen war, ist schon wieder weg. Vor meinem Wechsel hatten der Sportdirektor und der damalige Trainer Pepe Mel nicht mal miteinander kommuniziert. Bei so etwas fängt es an und das zieht sich dann durch bis in die Mannschaft. Wenn das Team nicht harmoniert und es solche Spannungen gibt, dann bleibt der Erfolg aus. Wenn man realistisch ist, hat man zu viele Spiele verschenkt. Betis ist jetzt bereits abgeschlagen und hat eigentlich kaum mehr Chancen, sich zu retten.

SPOX: Also haben der damalige Trainer und Sportdirektor Ihren Transfer gar nicht gemeinsam abgestimmt?

Steinhöfer: Das weiß ich nicht. Im Sommer sind insgesamt zwölf neue Spieler gekommen und ich weiß nicht, ob der Trainer zwölf neue Spieler haben wollte. Ich hatte immer das Gefühl, dass eine Kommunikationslücke zwischen diesen beiden Personen klaffte. Das ist einfach schlecht. Das kann ich rückblickend sagen. Aber ich zerbreche mir nicht mehr den Kopf darüber. Für mich ist das Thema abgehakt, das Kapitel Betis ist geschlossen.

SPOX: Spanien hatte aber auch unvergessliche Momente zu bieten: Sie haben 90 Minuten gegen den FC Barcelona und Neymar verteidigt.

Steinhöfer: Barca hat eine unfassbare Qualität mit Neymar und Messi und dem Mittelfeld mit Xavi und Iniesta. Gegen Neymar habe ich eigentlich einen guten Job gemacht. Das war eine tolle Erfahrung, aber wenn man einmal nicht aufpasst, dann zeigt sich die ganze Klasse. Das ist eine Wahnsinns-Mannschaft, gegen die man immer das Gefühl hat, dass ein Spieler mehr auf dem Platz steht. Ein Duell, das ich nicht missen möchte. Nach dem Abpfiff haben Neymar und ich abgeklatscht, ich habe mir sein Trikot als Erinnerung an die Zeit in Spanien gesichert.

SPOX: Wenn Sie die Bundesliga mit der Primera Division vergleichen, wo liegen die Unterschiede?

Steinhöfer: Bayern spielt inzwischen spanisch und Dortmund spielt deutschen Powerfußball. Diese beiden Mannschaften spiegeln den Unterschied wider. Ich bin ein Fan dieses unterhaltsamen Powerfußballs, so wie ihn Dortmund spielt. Bayern hingegen spielt den Gegner müde: immer rein und wieder raus, rein, raus. Dadurch verschleppt man das Spiel, das ist mir in Spanien vermehrt aufgefallen. Und es fehlt die nötige Geschwindigkeit in den entscheidenden Momenten. Deshalb sage ich auch, dass die Bundesliga inzwischen einen Schritt voraus ist. Das Gesamtkonzept Bundesliga, die Vereine, die Stadien, die Infrastruktur in Deutschland sehe ich vor Spanien.

SPOX: 2011 haben Sie im Interview mit SPOX angedeutet, noch einmal für den 1. FC Nürnberg spielen zu wollen. Liegen die Pläne nun erstmal auf Eis?

Steinhöfer: Klar, daheim ist es am schönsten. Deshalb kann ich mir schon vorstellen, irgendwann nochmal beim Club zu spielen. Ich bin 27 Jahre alt und habe ja hoffentlich noch ein paar Jahre vor mir. Aber für mich zählt im Moment nur die Aufgabe beim TSV 1860 München, die will ich mit vollem Elan angehen.

Markus Steinhöfer im Steckbrief