Kölns neuer Messias?

Von Florian Schimak
Der 47-jährige Wiener bestritt 65 Länderspiele für die österreichische Nationalmannschaft
© imago

Nach endlosen Verhandlungen und langem Hin und Her hat der 1. FC Köln endlich einen neuen Trainer. Doch wer ist Peter Stöger eigentlich? Warum war der FC so heiß auf einen Coach, der bisher erst eine richtige Saison bei Austria Wien tätig war? Das Umfeld in Köln ist skeptisch, die Verantwortlichen aber loben ihn in höchsten Tönen.

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"Ich werde nicht ungeduldig. Aber es zehrt schon ganz schön an mir. Ich will nach wie vor unbedingt zum FC!" Diesen Satz sagte Peter Stöger am vergangenen Dienstag, als der Wechsel in die Domstadt noch auf der Kippe stand. Die Vorbereitung auf die neue Zweitliga-Saison beim 1. FC Köln war bereits angelaufen und der Klub stand noch immer ohne Trainer da.

Am Mittwoch war es dann endlich soweit. Die Austria und der FC erzielten Einigkeit. 750.000 Euro Ablöse und die Einnahmen aus einem Freundschaftsspiel erhalten die Veilchen. Der 47-Jährige wurde beim FC mit einem Vertrag bis 2015 ausgestattet und leitete am Freitag erstmals das Training.

Erst Sportdirektor, dann Trainer bei Austria

Auf seiner ersten Pressekonferenz im Geißbockheim wirkte Stöger sichtlich gelöst. Wirklich viel über den Trainer Stöger erfuhr man an diesem Tag allerdings nicht. Wer ist also dieser gebürtige Wiener, der die Austria in der letzten Saison fast sensationell zum Meistertitel geführt hatte?

Bereits zu seiner aktiven Zeit war Stöger insgesamt neun Jahre für die Veilchen aktiv. Zwischenzeitlich spielte er bei Rapid, Linz, Innsbruck und Admira Wacker. 65 Länderspiele absolvierte der offensive Mittelfeldspieler zwischen 1987 und 1999 für das österreichische Nationalteam. 2004 beendete er seine Profikarriere und wurde im Anschluss Sportdirektor bei der Austria.

Dort sprang er zwischenzeitlich als Interims-Trainer in die Presche, ehe er ab 2006 bei First Vienna FC und später beim Grazer AK und dem SC Wiener Neustadt erste richtige Erfahrungen als Coach sammelte. Zur Saison 2012/13 übernahm er wieder die Wiener Austria und wurde umgehend österreichischer Meister - trotz der starken, auch finanziell deutlich überlegeneren Konkurrenz von RB Salzburg.

Sauberes Kombinationsspiel

Stöger bevorzugte bei seiner Tätigkeit bei der Austria das 4-3-3. Allerdings setzte er dabei nicht auf den klassischen Brecher im Sturmzentrum, sondern eher auf einen beweglicheren Stürmer, wie es Philipp Hosiner in der vergangenen Saison war. Außerdem legte er Wert auf ein sauberes und gepflegtes Pass- und Kombinationsspiel. Der Coach unterband lange, weite Bälle und brachte dem Team einen geordneten Spielstil bei.

Philipp Hosiner im SPOX-Porträt: Das Vorbild Alaba

Die Mannschaft der Veilchen bestand vor der Saison aus jungen und talentierten, aber nicht fertigen Spielern. Erst Stöger formte aus dem durchaus verheißungsvollen Potenzial in der vergangenen Saison eine homogene Truppe und drückte ihr seinen Stempel auf. Er hat einen guten Draht zu jungen Spielern, kann diese formen und ihnen seine Spiel-Philosophie vermitteln. Allerdings erfordert dies alles ein wenig Geduld. Und die hat man im unruhigen Umfeld der Domstadt oft nicht.

Toni Polster, ein guter Freund Stögers und eine Legende in Köln, schwärmt gegenüber SPOX in den höchsten Tönen: "Er ist ein sehr intelligenter, akribischer Arbeiter. Peter kann eine Mannschaft zusammenschweißen, verkörpert den modernen Trainer. Unter ihm zeigte die Wiener Austria fantastische Leistungen und eroberte die Meisterschaft. Sie spielten guten, offensiven Fußball. Das ist immer das Fundament für Erfolg. Er wird sein System nun auf das vorhandene Spielermaterial ausrichten. Als Trainer muss man flexibel sein, wie die Mannschaft taktisch und technisch eingestellt wird."

Die Fans sind noch etwas skeptisch

Von den emotionalen FC-Fans wird der Österreicher allerdings noch etwas kritisch beäugt. Der klamme FC gebe viel Geld für einen eher unbekannten Coach aus, anstatt in neue Spieler zu investieren. Gerade einen Ersatz für den zum FC Schalke abgewanderten Christian Clemens hätte man im RheinEnergieStadion lieber gesehen. Zudem hat der Verein derzeit sowieso schon Probleme, die Stadionmiete zu zahlen. Stöger wird bei Teilen der Anhänger daher nicht gerade mit offenen Armen empfangen - zu schlecht seien die Erfahrungen in der letzten Zeit mit relativ unbekannten Trainern aus dem Ausland gewesen, hört man aus der Fan-Szene.

Hier könnte Stögers größte Aufgabe liegen. Schafft er es, der Mannschaft ein Gesicht zu verpassen und den Fans erfolgreichen und attraktiven Fußball zu bieten, wird die Kritik aus dem Fanlager an ihm relativ schnell verstummen. Andererseits könnten es bei Misserfolgen ganz schnell sehr ungemütlich werden.

In der Führungsetage aber war Stöger schon länger der Wunschkandidat. Mike Büskens wäre zwar umsonst zu haben gewesen, allerdings scheiterte der Vertrag an dem unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen. "Unser erstes Gespräch dauerte zwei Stunden. Ich war total fasziniert, wie er über Fußball gesprochen hat. Und er hat gesagt: Ich will zu Euch! Solche Leute brauchen wir", sprach FC-Vize-Präsident Toni Schumacher euphorisch über Stöger bei dessen erster PK. "Wir sind zu 100 Prozent davon überzeugt, dass er nach Köln passt", sagt auch FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Stöger sei dem Verein sogar finanziell entgegen gekommen, außerdem sei er ein "richtig sympathischer und guter Typ".

"Meine Idee richtet sich nach dem Kader"

Stöger selbst sieht sich als Fußballlehrer, der versuche, die Spieler zu entwickeln. "Meine Idee Fußball zu spielen richtet sich nach dem Kader. Wir wollen vorne mit dabei sein, da werden wir sicherlich offensiv orientiert sein. Ziel ist es Tore zu schießen und die Zuschauer zu begeistern", sagte er am Freitag.

Mit diesem Credo starteten in den letzten Jahren schon viele Trainer beim FC. Stale Solbakken, der Konzeptrainer aus Norwegen, der auch aus Kopenhagen losgeeist werden musste, wurde nach nicht einmal zehn Monaten wieder entlassen. Auch der Motivator Holger Stanislawski wollte vor der vergangenen Saison neuen Wind in den Verein bringen und schmiss nach nur einem Jahr wieder hin. Nun also Peter Stöger.

Nicht nur die Kölner waren am Österreicher interessiert, auch Werder Bremen hatte ihn auf der Liste. An der Weser entschied man sich aber bekanntlich für Robin Dutt und die damit vermeintlich sicherere Lösung. Stögers Arbeit in Österreich wurde zwar auch in Deutschland zur Kenntnis genommen und positiv bewertet, ob er allerdings das Rüstzeug mitbringt, sich im Haifischbecken des deutschen Fußballs und der Medienstadt Köln zurechtzufinden, kann man natürlich noch nicht sagen. Daher soll ihm wohl mit Jörg Schmadtke als sportlicher Leiter ein erfahrener Mann an die Seite gestellt werden.

Polster: "Der 1. FC Köln gehört in die Bundesliga"

"Die Erkenntnis darüber, ob Peter sich im deutschen Fußball durchsetzen wird, liegt in der Zukunft. In Köln will man einfach gewinnen. Man will den Aufstieg in die Bundesliga. Wenn Peter diese Erwartungen erfüllt, wird bald nicht mehr über die Ablöse gesprochen werden", sagte Polster. "Es ist eine großartige Chance für ihn. Ich hoffe, er wird Erfolg haben und den 1. FC Köln dort hinführen, wo er hingehört. Nämlich in die Bundesliga."

Für Stöger persönlich war die Bundesliga immer das Ziel: "In meinem Plan als Trainer war immer verankert, dass ich die Möglichkeit nutze, wenn ich nach Deutschland gehen kann. Köln ist eine interessante Aufgabe, eine große Herausforderung. Ich freue mich darauf." Dabei unterstützen wird ihn sein Co-Trainer aus Wien, Manfred Schmidt. "Woanders als in Köln und unter Peter hätte ich wohl nicht mehr als Co-Trainer unterschrieben. Peter und ich haben uns immer ehrgeizige Ziele gesetzt. Der 1. FC Köln ist eine große Herausforderung und eine riesige Chance", sagte der 42-Jährige.

Nach Jahren der Inkonstanz auf dem Kölner Trainerstuhl könnte Peter Stöger mit seiner Art und Weise, wie er mit jungen Spielern arbeitet und eine Mannschaft formen kann, durchaus eine gewissen Kontinuität reinbringen. Die Voraussetzungen dafür sind teilweise geschaffen: Ein unaufgeregter Fußball-Fachmann, der aus einer eher durchschnittlichen Mannschaft ein Meisterteam formen kann. Allerdings ist und bleibt das Umfeld beim FC unberechenbar.

Peter Stöger im Steckbrief