Möhlmann: Der Jupp Heynckes der 2. Liga

Von Interview: Alex Truica
Benno Möhlmanns erste Station als Fußball-Profi war Preußen Münster Mitte der 1970er Jahre
© imago

Benno Möhlmann ist so etwas wie der Jupp Heynckes der 2. Liga. Seit mehr als 20 Jahren ist er im Trainergeschäft tätig und feierte kürzlich wie der Coach des FC Bayern München sein 1000-Spiele-Jubiläum. Derzeit ist er Coach des FSV Frankfurt, der Überraschungsmannschaft der aktuellen Saison. Im Interview spricht der 58-Jährige über seine Anfänge als Trainer, sein Image als Feuerwehrmann und verrät, dass er noch ein wenig mit einem Job in der Bundesliga liebäugelt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Möhlmann, Sie haben den Zweitligarekord für die meisten Spiele als Trainer aufgestellt: Über 420 Partien haben Sie bereits an der Seitenlinie begleitet. Insgesamt kommen Sie als Spieler und Trainer in der 1. und 2. Bundesliga auf über 1000 Partien. Was bedeuten Ihnen diese Zahlen?

Benno Möhlmann: Es freut mich, dass ich in diesem Geschäft schon seit 40 Jahren als Spieler und Trainer eine Rolle spiele. Dann ergeben sich auch solche Zahlen. Es ist schön, wenn man darauf angesprochen wird und diese lange Zeit einmal Revue passieren lässt. Ich bin aber kein Statistik-Freak, der sich darüber freut, in dieser Tabelle so weit vorne zu stehen.

SPOX: Wie haben Sie von den beeindruckenden Zahlen erfahren?

Möhlmann: Mitgezählt habe ich nicht (lacht). Die Medien haben es aufgegriffen, als ich 400 Spiele als Zweitligatrainer absolviert habe. Als Friedhelm Funkel die Tausender-Marke überschritt, wurde ich in der Tabelle einmal auf den Folgeplätzen aufgeführt. Da dachte ich mir, dass ich die 1000 ja auch noch schaffen kann.

SPOX: Sie sagten einmal, es wäre nicht Ihr Traum gewesen, Trainer zu werden.

Möhlmann: Mit 16, 17 Jahren habe ich generell nicht an eine Karriere im Profifußball gedacht. Ich wollte immer studieren. Während meiner aktiven Zeit dachte ich daran, in den Sportmanagement-Bereich zu gehen. In den letzten zwei, drei Jahren meiner Laufbahn ist dann aber der Wunsch entstanden, doch lieber mit einer Mannschaft auf dem Platz zu arbeiten. So fing es an.

SPOX: Warum war der Management-Bereich keine Option mehr für Sie?

Möhlmann: Früher war das ja nicht so unterteilt in den Vereinen. Da musste sich ein Manager praktisch um alles kümmern. Die vielen Gespräche und Verhandlungen mit Sponsoren und Spielervermittlern waren nicht mein Ding. Auf dieses Gequatsche hatte ich keine Lust.

SPOX: Wer hat Sie in Ihrer Anfangszeit als Trainer am meisten inspiriert?

Möhlmann: Ich hatte weder als Spieler noch als Trainer ein Vorbild. Ich denke, wenn man eine Sache gut machen will, muss man aus seiner Persönlichkeit heraus einen Stil und eine Arbeitsweise entwickeln. Natürlich wird man aber dabei durch die Trainer, die einen begleitet haben, beeinflusst. Was die Mannschafts- und Menschenführung angeht, wurde ich am ehesten von Otto Rehhagel geprägt.

SPOX: Nach Ihrer ersten Trainerstation beim Hamburger SV wechselten Sie überraschend aus der Bundesliga zu Eintracht Braunschweig in die Regionalliga. Seitdem haben Sie es nur noch einmal in die Bundesliga geschafft.

Möhlmann: Genau, mit Arminia Bielefeld bin ich 2002 in die Bundesliga aufgestiegen und habe in der darauffolgenden kompletten Saison die Mannschaft trainiert. Aber es stimmt, dass mir der Wechsel nach Braunschweig gewissermaßen eine Karriere als Bundesligatrainer verbaut hat. Das ist so. Ich wollte damals bei einem Traditionsverein einsteigen und ihn wieder aufpäppeln. Im Nachhinein muss ich sagen: Für eine optimale Karriereplanung hätte ich auf die Bundesliga warten müssen.

SPOX: Im Schnitt arbeiteten Sie drei Jahre bei Ihren Vereinen. Wieso nie länger?

Möhlmann: In Braunschweig wäre es möglich gewesen, aber ich verfolgte dann das Ziel, wieder höherklassig zu arbeiten. Das erste vernünftige Angebot nach längerer Arbeitslosigkeit bekam ich daraufhin von der SpVgg Greuther Fürth. Dort wurde bei mir nach drei Jahren der Wunsch immer größer, wieder näher zur Familie zu ziehen. Da die in Bremen lebt, habe ich mich für einen Wechsel zu Arminia Bielefeld entschieden. Daher hat es sich einfach so ergeben, dass der Schnitt bei drei Jahren liegt. Da steckt keine Methode dahinter (lacht).

SPOX: Sie sagten einmal, Ihnen ginge Sendungsbewusstsein ab - die "neuen" Trainer würden sich besser, zumindest aber anders verkaufen. Muss man heute als Trainer, was die Außendarstellung betrifft, auch ein guter Verkäufer sein?

Möhlmann: Das Fußballgeschäft ist jetzt vollkommen anders aufgestellt als früher. Es gibt ganz andere Geschäftsbereiche, an die hat man damals noch nicht einmal gedacht. Insofern hängt heute die Karriere eines Trainers schon auch damit zusammen, wie er auftritt, wie er von Fans und Sponsoren gesehen wird, auch wie er sich in der Medienwelt darstellt. Das ist mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil.

SPOX: Wie würden Sie Ihr eigenes Image beschreiben?

Möhlmann: Ich bin Teamplayer. Das war schon als Spieler so. Ich versuche, das Gemeinschaftliche, die Teamarbeit an dieser Sportart in den Vordergrund zu stellen. Wie das dann nach außen wahrgenommen wird, ist eine andere Sache.

SPOX: Zum Beispiel so, dass man Sie als Feuerwehrmann für die 2. Liga betitelt.

Möhlmann: Sicherlich kann man mein Engagement in Ingolstadt so nennen. In Fürth war das aber anders, da konnte ich viel Aufbau- und Entwicklungsarbeit leisten. Für mich ist es auch grundsätzlich nichts Schlimmes, als Experte für die 2. Liga zu gelten. Im Gegenteil: In dieser Liga einen Platz als Trainer zu finden, ist eine Auszeichnung.

SPOX: Das stimmt. Inwiefern schielen Sie denn noch Richtung Bundesliga?

Möhlmann: Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich weiß, dass ich dort arbeiten kann. Wenn es nicht mehr dazu kommen sollte, werde ich aber auch nicht todunglücklich. Ich gebe aber zu, dass ich da in den letzten Jahren meiner aktiven Zeit natürlich gerne noch einmal hineinrutschen würde.

SPOX: Wie wäre es mit einer Rückkehr nach Fürth, die suchen gerade einen Trainer?

Möhlmann: Ich glaube nicht, dass ich noch einmal dieselbe Motivation und Freude aufbringen könnte, die ich dort früher hatte. Ich bin da ziemlich konsequent: Nach meinem dritten Abgang habe ich gesagt, Ich werde nicht noch einmal als Trainer nach Fürth zurückkehren. Wenn dann nur als Präsident (lacht). Aber das ist utopisch. Irgendwann ist es auch genug.

SPOX: Wie beurteilen Sie die erste Bundesligasaison in der Vereinsgeschichte des Kleeblatts?

Möhlmann: Es fehlt die Stabilität. Selbst wenn sie in dieser Saison nicht absteigen, würden sie sich im nächsten oder übernächsten Jahr auch wieder schwer tun. Speziell bei den jungen Spielern hat man den Entwicklungssprung auf das Niveau der Bundesliga womöglich zu schnell eingeplant. Der Verein ist aber kein finanzielles Risiko eingegangen, so dass bei einem Abstieg nicht gleich alles zusammenfallen würde. Dennoch wäre es wohl nicht einfach, sofort wieder um den direkten Aufstieg mitzuspielen. Das Gute ist: Es besteht immer noch die Chance auf den Relegationsplatz.

SPOX: Hatten Sie zuletzt mal Angebote aus der Bundesliga?

Möhlmann: Es gab in den letzten zwei Jahren zwei, drei seriöse Nachfragen. Ich muss aber auch deutlich sagen, dass ich mich in Frankfurt wohl fühle und dort eine Aufgabe zu erfüllen habe, die mir sehr viel Spaß bereitet - und die noch längst nicht erfüllt ist.

SPOX: Der FSV Frankfurt gehört zu den Überraschungsmannschaften der Saison und hat als Sechster derzeit sechs Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Wo soll das noch hinführen?

Möhlmann: Wir wollen uns im einstelligen Tabellenbereich festsetzen. Dann können alle im Verein zufrieden sein. Mittelfristig ist die Konsolidierung das Ziel. Es muss hier alles noch wachsen, die ganze Struktur ist natürlich nicht auf die 1. Liga ausgerichtet - weder in diesem, noch im nächsten Jahr.

Benno Möhlmann im Steckbrief