1. FC Köln: Zum Umbruch gezwungen

Von Andreas Lehner
Die neue Mannschaft des 1. FC Köln in der Saison 2012/13
© Getty

Der 1. FC Köln muss in der 2. Liga einen Neuanfang starten und ist zum Umbruch gezwungen. Vor dem Saisonauftakt gegen Eintracht Braunschweig (So. 15.30 Uhr im LIVE-TICKER) ist fast alles neu, sogar die Zielsetzung.

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Der 1. FC Köln ist mittlerweile mit der 2. Liga vertraut. Seit 1998 ist der dreimalige deutsche Meister eine Art Stammgast im Unterhaus, fünfmal ist der Klub in dieser Zeit abgestiegen. In den meisten Fällen konnte der FC Stützen seiner Mannschaft halten und erklärte den sofortigen Wiederaufstieg zum Ziel.

Diesmal ist das anders. Zwar zählten 15 der 18 Zweitligatrainer in einer Umfrage die Kölner zu den Aufstiegsfavoriten, doch Trainer Holger Stanislawski sagt: "Ich werde den Teufel tun und jetzt von meiner Mannschaft einen dieser Plätze einfordern." Der Grund: "Wir stecken in einem Neuanfang."

Köln fehlte die klare Linie

Neuanfang und Umbruch sind die beiden meistgenannten Begriffe im Zusammenhang mit dem 1. FC Köln vor der Saison 2012/13. Freilich ist es nicht so, dass der Klub nach knapp 15 Jahren zwischen den Ligen aus eigenem Antrieb auf die Idee gekommen ist, die Philosophie der Vergangenheit zu überdenken. Die wirtschaftliche Lage hat den Umbruch zu dem gemacht, was man in letzter Zeit gerne alternativlos nennt.

Während sich ein Verein wie Hannover 96 in einer Nische etabliert und sich konsequent weiter entwickelt hat, fehlte in Köln die klare Linie. Konstanz war im Bereich der sportlichen Führung ein Fremdwort. Trotzdem wurde die Möglichkeit eines Absturzes in die Zweitklassigkeit aus den Köpfen gestrichen.

30,9 Millionen Euro Schulden: Über den Verhältnissen gelebt

Nach dem erneuten Abstieg blieb dem FC keine andere Möglichkeit mehr, als den Reset-Knopf zu drücken. Zu viele Fehler wurden in der Vergangenheit bei der Kaderplanung und Vertragsgestaltung gemacht.

In einer offiziellen Mitteilung, die sich auf die Prüfung einer Rechtsanwaltskanzlei stützte, gab der Klub vor einer Woche bekannt, "dass bei der Kaderzusammenstellung sowohl hinsichtlich der Anzahl der beschäftigten Spieler, der Höhe der Vergütung als auch hinsichtlich der Laufzeiten und Wirksamkeiten keine konkrete Befassung mit dem Thema Abstieg in die 2. Liga erkennbar ist."

Die Suppe auslöffeln müssen jetzt sportliche Führung um Jörg Jakobs und Frank Schaefer sowie Trainer Stanislawski. Der Verein beschreibt die Lage als "ernst", warnt aber vor einer "Über-Dramatisierung", die genauso gefährlich wäre wie eine Verharmlosung. Der Schuldenberg beträgt aktuell 30,9 Millionen Euro.

"Wer damit glücklich ist, ist ein Arschloch"

Damit dieser nicht weiter wächst, wurden neben dem Klubheiligen Lukas Podolski auch die Stammspieler der Vorsaison Sascha Riether (an Fulham ausgeliehen), Martin Lanig (Eintracht Frankfurt) und Milivoje Novakovic (bis Jahresende an Omiya Ardija ausgeliehen) abgegeben.

Mit Michael Rensing und Pedro Geromel hat der FC aber noch zwei Großverdiener auf der Gehaltsliste. Um den Aufbau der neuen Mannschaft nicht zu stören, dürfen beide aber nicht mehr am regulären Mannschaftstraining teilnehmen.

"Die Situation ist für alle superschwierig. Wer damit glücklich ist, ist ein Arschloch", sagt Stanislawski. Nicht glücklich sein, dürfte auch der Schatzmeister, falls Rensing und Geromel keinen neuen Verein finden und ab dem 1. September weiterhin bezahlt werden müssen. Eine Rückkehr ins Team haben Stanislawski und Schaefer ausgeschlossen. Die Chance auf eine ordentliche Ablösesumme erhöht das selbstredend nicht.

Horn und Wimmer statt Rensing und Geromel

"Unsere erste Aufgabe lautet, eine neue Mannschaft zu formen und den Umbruch jetzt konsequent voranzutreiben", sagt Schaefer. "Wer dies kritisiert, missachtet die sensiblen Prozesse einer Mannschaftsfindung. Das sind komplexe Vorgänge. Wir haben es mit einer Gruppe zu tun, die sich als Team ganz neu finden muss."

Statt Rensing und Geromel werden zukünftig Timo Horn und Kevin Wimmer auf dem Feld stehen. Davon wird auch im Falle eines Fehlstarts nicht abgerückt.

Ebenfalls Signalwirkung hat die Benennung des Kapitäns. Miso Brecko hat die Binde bekommen. Der Slowene stand im Februar kurz vor dem Rauswurf, als er nach einer durchzechten Karnevalsnacht unter Alkoholeinfluss seinen Wagen auf die Straßenbahnschienen manövrierte.

Der Traum der Kölner Presse

Stanislawski hat alles auf Null gestellt und soll das wiederholen, was er in St. Pauli vorgemacht hat. Eine junge Mannschaft nach seinen Vorstellungen formen und erfolgreich Fußball spielen.

Nur im Stürm würde er sich noch einen neuen Mann wünschen, der viele Tore garantiert. Zum Auftakt gegen Braunschweig spielen entweder Chong Tese oder Thomas Bröker in der Spitze. Dahinter macht Nachwuchsstürmer Mikael Ishak beständig Fortschritte.

Unter Stanislwaski soll Köln offensiv verteidigen, schnell umschalten und immer aktiv sein. "Die Jungs werden viel Freude daran haben, hoch stehen zu dürfen", sagt der Trainer.

Der "Kölner Stadt Anzeiger" träumt schon von einem "Hauch spanischer Ästhetik, gepaart mit Einsatzwille und enthusiastischen Fans". Manche Dinge ändern sich halt nie in Köln.

Der Kader des 1. FC Köln

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